Das Schwert der Vorsehung
kann dich auch nicht leiden.«
Geralt hatte genug von der Diskussion, genug von dem Lavieren, genug von dem leidigen Gefühl der Unsicherheit, das wie eine Schnecke über Hals und Rücken kroch. Er schaute Istredd geradezu in die Augen, die Finger um die Tischkante gepresst.
»Es geht um Yennefer, nicht wahr?«
Der Zauberer hob den Kopf, er schlug noch immer leicht mit den Fingernägeln gegen den auf dem Tisch liegenden Schädel.
»Ich gratuliere zu dem Scharfsinn«, sagte er und hielt dem Blick des Hexers stand. »Meine Anerkennung. Ja, es geht um Yennefer.«
Geralt schwieg. Einst, vor Jahren, vor vielen, vielen Jahren, noch als junger Hexer, hatte er in einem Hinterhalt auf eine Mantikora gewartet. Und gefühlt, dass sie näher kam. Er hatte sie weder gesehen noch gehört. Aber gefühlt. Er hatte dieses Gefühl nie vergessen. Und jetzt fühlte er genau dasselbe.
»Dein Scharfsinn«, fuhr der Zauberer fort, »erspart uns eine Menge Zeit, die das weitere Herumreden um den heißen Brei kosten würde. So hingegen liegt der Fall klar.«
Geralt enthielt sich eines Kommentars.
»Meine nahe Bekanntschaft mit Yennefer«, fuhr Istredd fort, »besteht schon ziemlich lange, Hexer. Über eine lange Zeit hinweg war das eine Bekanntschaft ohneVerpflichtungen, die auf längeren oder kürzeren, mehr oder weniger regelmäßigen gemeinsam verbrachten Zeitabschnitten beruhte. Diese Art unverbindliche Partnerschaft wird zwischen Menschen unseres Berufes allgemein praktiziert. Nur dass mir das plötzlich nicht mehr zusagte. Ich habe mich entschlossen, ihr vorzuschlagen, dauernd bei mir zu bleiben.«
»Was hat sie geantwortet?«
»Dass sie es sich überlegen will. Ich habe ihr Bedenkzeit gegeben. Ich weiß, dass das für sie keine leichte Entscheidung ist.«
»Warum erzählst du mir das, Istredd? Was bewegt dich dazu außer der schätzenswerten, aber überraschenden Offenheit, die bei Leuten deines Berufes so selten ist? Welchen Zweck hat diese Offenheit?«
»Einen prosaischen.« Der Zauberer seufzte. »Denn siehst du, es ist deine Person, die es Yennefer erschwert, einen Entschluss zu fassen. Ich bitte dich daher, dich entfernen zu wollen. Dass du aus ihrem Leben verschwindest, zu stören aufhörst. Kurzum: dass du dich zum Teufel scherst. Am besten still und ohne Abschied, was, wie sie mir anvertraut hat, ohnehin deine Art ist.«
»In der Tat« – Geralt rang sich ein Lächeln ab –, »deine geradlinige Offenheit stürzt mich in immer größere Verblüffung. Alles konnte ich erwarten, aber nicht so eine Bitte. Findest du nicht, dass du, statt mich zu bitten, aus dem Hinterhalt einen Kugelblitz hättest nach mir schleudern sollen? Es hätte kein Hindernis mehr gegeben, nur ein bisschen Ruß, das man von der Wand abkratzen müsste. Eine sowohl leichtere als auch sicherere Methode. Denn, weißt du, eine Bitte kann man abschlagen, bei einem Kugelblitz geht das nicht.«
»Die Möglichkeit einer Weigerung ziehe ich nicht in Betracht.«
»Warum? Sollte diese seltsame Bitte weiter nichts als eine Warnung gewesen sein, die dem Kugelblitz oder einem anderen lustigen Zauberspruch vorangeht? Oder soll die Bitte vielleicht mit unabweislichen Argumenten untermauert werden? Mit einer Summe, die dem umherziehenden Hexer den Atem verschlägt? Wie viel gedenkst du mir denn zu bezahlen, damit ich mich aus dem Wege schere, der zu deinem Glück führt?«
Der Zauberer hörte auf, auf den Schädel zu pochen, legte die Hand darauf, presste die Finger zusammen. Geralt bemerkte, wie seine Knöchel bleich wurden.
»Ich hatte nicht vor, dich mit solch einem Angebot zu kränken«, sagte er. »Es lag mir fern ... Aber ... wenn ... Geralt, ich bin Zauberer, und nicht der schlechteste. Ich gedenke hier nicht, mir Allmacht anzumaßen, aber viele von deinen Wünschen, wenn du sie äußern wolltest, könnte ich erfüllen. Einige, hm, allemal so leicht.«
Er machte eine Handbewegung, als verscheuche er eine Mücke. In der Luft über dem Tisch erschien plötzlich ein Schwarm märchenhaft bunter Apollofalter.
»Mein Wunsch, Istredd«, presste der Hexer hervor, während er die vor seinem Gesicht schwirrenden Insekten wegscheuchte, »ist, dass du aufhörst, dich zwischen mich und Yennefer zu drängen. Die Vorschläge, die du ihr machst, kümmern mich wenig. Du konntest dich ihr widmen, solange sie mit dir zusammen war. Früher. Denn früher war früher und jetzt ist jetzt. Jetzt ist sie mit mir zusammen. Ich soll verschwinden, dir die Sache leichter
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