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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Ammenmärchen.«
    »Es sind keine Ammenmärchen. Ein Doppler braucht sich nur das Opfer genauer anzuschauen, um sich blitzschnell und fehlerlos an die notwendige Materiestruktur anzupassen. Ich weise darauf hin, dass das keine Illusion ist, sondern eine vollständige Verwandlung. In den kleinsten Einzelheiten. Wie die Täuschlinge das machen, ist unbekannt. Die Zauberer vermuten, dass da dieselbe Blutkomponente wirkt wie bei Lykanthropie, ich denke aber, dass es entweder etwas völlig anderes oder tausendmal stärker ist. Schließlich hat der Werwolf nur zwei, wenn’s hochkommt drei Gestalten, aber ein Doppler kann sich in alles verwandeln, worein er will, wenn nur die Körpermasse annähernd übereinstimmt.«
    »Die Körpermasse?«
    »Na, in ein Mastodon kann er sich nicht verwandeln. Oder in eine Maus.«
    »Verstehe. Und die Kette, mit der du ihn gefesselt hast, wozu ist die?«
    »Silber. Für einen Lykanthropus ist es tödlich, bei einem Täuschling, wie du siehst, verhindert es nur die Verwandlung. Darum sitzt er hier in eigener Gestalt.«
    Der Doppler legte die sich auflösenden Ohren an und stierte den Hexer mit bösem Blick aus trüben Augen an, die schon die nussbraune Augenfarbe des Halblings verloren hatten und gelb geworden waren.
    »Und gut, dass er hier sitzt, der unverschämte Hundesohn«, knurrte Dainty. »Man denke nur, er ist sogar hier abgestiegen, in der ›Lanzenspitze‹, wo ich selbst Quartier zu nehmen pflege! Er hat sich schon eingebildet, er wäre ich!«
    Rittersporn schüttelte den Kopf.
    »Dainty«, sagte er. »Er war du. Ich treffe ihn hier seit drei Tagen. Er sah aus wie du und redete wie du. Er dachte wie du. Wenn es aber daran ging, einen auszugeben, war er so geizig wie du. Vielleicht noch geiziger.«
    »Das Letztere beunruhigt mich nicht«, sagte der Halbling, »denn vielleicht kriege ich einen Teil meines Geldes wieder. Ich ekle mich, ihn anzurühren. Nimm ihm das Säckel weg und schau nach, was drin ist. Es müsste eine Menge sein, wenn dieser Pferdedieb wirklich meine Pferdchen verkauft hat.«
    »Wie viel Pferde hattest du, Dainty?«
    »Zwölf.«
    »Nach den anderswo gängigen Preisen zu urteilen«, sagte der Troubadour nach einem Blick in die Börse, »reicht das, was hier drin ist, vielleicht gerade für eins, wenn man ein altes und lahmes findet. Wenn man aber nach Nowigrader Preisen rechnet, reicht es für zwei, drei Ziegen.«
    Der Kaufmann sagte nichts, doch er sah aus, als müsse er zu weinen beginnen. Tellico Lunngrevink Letorte ließ die Nase herabhängen, die Unterlippe noch tiefer, worauf er leise zu glucksen begann.
    »Mit einem Wort«, seufzte der Halbling schließlich, »mich hat ein Geschöpf beraubt und ruiniert, dessen Existenz ich zu den Märchen gezählt habe. Das nennt man Pech.«
    »In der Tat«, erklärte der Hexer und musterte den sich auf dem Stuhl krümmenden Doppler. »Ich war auch der Überzeugung, dass die Täuschlinge seit langem ausgerottet sind. Früher, hab ich gehört, lebten viele von ihnen in den hiesigen Wäldern und auf der Hochebene. Aber ihre Fähigkeit zur Mimikry beunruhigte die ersten Siedler sehr, und man begann, auf sie Jagd zu machen. Ziemlich erfolgreich. Sie wurden rasch fast alle ausgerottet.«
    »Ein Glück auch«, sagte der Wirt. »Toi-toi-toi, ich schwör beim Ewigen Feuer, da ist mir schon ein Drache oder ein Teufel lieber, der immer ein Drache oder ein Teufel ist und bei dem man weiß, woran man ist. Aber das Werwolfgezücht, diese Verwandlungen und Verwechslungen, das ist eine abscheuliche, dämonische Sache, Betrug und Verrat, den Menschen zum Schaden und Verderb durch diese ausgedachten Scheusale! Ich sag euch, wir rufen die Wache, und ins Feuer mit diesem ekelhaften Ding!«
    »Geralt?«, wollte Rittersporn wissen. »Ich würde gern die Meinung des Fachmanns hören. Sind diese Täuschlinge wirklich so gefährlich und aggressiv?«
    »Ihre Fähigkeiten zur Nachahmung«, antwortete der Hexer, »sind eine Eigenschaft, die eher der Verteidigung als dem Angriff dient. Ich habe nicht gehört ...«
    »Zum Teufel«, unterbrach ihn Dainty und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Wenn es kein Angriff ist, jemandem eins vor den Kopf zu hauen und ihn auszurauben, dann weiß ich nicht, was es sonst sein soll. Hört auf, kluge Reden zu schwingen. Der Fall ist einfach: Ich bin überfallen und beraubt worden, nicht nur um meinen mit harter Arbeit erworbenen Besitz, sondern auch um die eigene Gestalt. Ich verlange Genugtuung, ich werde nicht

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