Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
konnte. Doch Miro tat, als hätte er nichts gehört. Stattdessen nahm er einen Schluck aus seinem Wasserschlauch, hängte ihn zurück an seinen Rucksack und begann, das Essen wieder einzupacken. Er ließ sich von Aliyah das Buch der Prophetie zurückgeben und verstaute es dann sorgfältig in seiner Ledertasche.
«Wir sollten gehen», sagte er und deutete in eine Richtung. «Ich schlage vor, wir gehen da lang.»
«Wieso ausgerechnet da lang?», fragte Joash.
«Hast du einen besseren Vorschlag?», entgegnete Miro schnippisch und schulterte seinen Rucksack. «Irgendwohin müssen wir ja gehen. Und außerdem scheint da vorne die Erde am wenigsten zu kochen. Gehn wir.»
Er marschierte los, und die anderen folgten ihm.
Zur selben Zeit, rund sechzig Meilen von den fünf Auserwählten entfernt, ritt König Drakar der Zweite heimlich über die Ziehbrücke aus seiner Burg und suchte das Kloster der Eolithen auf, das sich unterhalb der Burg am Fuß des Tufffelsens befand. In einer geheimen Kammer aus nacktem Stein traf er sich mit fünf jungen Ordensbrüdern und Ordensschwestern. Die Kapuzen ihrer Kutten tief in die Stirn gezogen, verbeugten sie sich vor ihrem König und warteten, was er ihnen zu sagen hatte.
«Ich werde euch nicht mehr länger hier verstecken. Ich brauche eure Dienste», knirschte Drakar, und seine Stimme klang so hart, wie es die Steinwände rund um sie herum waren. Er schilderte den Eolithen in kurzen Worten die Sachlage.
«Was wollt Ihr, das wir für Euch tun, Eure Hoheit?», fragte eine Eolithin. Sie stand im Schatten, fast unsichtbar. Doch ihre Augen leuchteten unter ihrer Kapuze hervor wie die Augen eines Reptils, und als sie aus dem Schatten heraustrat, war ihre Gestalt nicht mehr ihr eigene – sondern die von Ephrion.
In Drakars Blick lag ein irrer Glanz. «Findet sie! Bringt sie her! Ihr seid die Einzigen, die sie jetzt noch aufhalten können!»
«Und wo sollen wir mit der Suche beginnen?»
«Jenseits der Mauer», sagte Drakar.
Ein Eolith löste sich aus der Gruppe und zog seine Hand unter der Kutte hervor. Er streckte sie aus, und als er sie öffnete, erschien in seiner Handfläche eine schwebende Kugel aus einer glühenden Substanz.
«Betrachtet es als erledigt», sagte er mit öliger Stimme. Dann schleuderte er die brennende Kugel auf die gegenüberliegende Wand, worauf diese sich verflüssigte wie geschmolzenes Wachs.
Und zum ersten Mal in zehn Tagen lächelte Drakar …
Er griff unter seinen Umhang und warf jedem von ihnen einen prall gefüllten Geldbeutel zu.
«Dies ist nur eine kleine Anzahlung. Wenn eure Mission erfolgreich war, bekommt ihr den Rest. Folgt den Jugendlichen unauffällig, belauscht sie! Findet heraus, was sie wissen und wo das Buch der Prophetie ist. Ich will es haben! Ich muss es haben, um zu vollenden, was mein Vater begonnen hat. Ich habe einen Kontaktmann außerhalb der Mauer, der euch helfen wird. Er wartet bereits auf euch. Und jetzt geht! Ihr dürft keine Zeit verlieren!»
Die Eolithen verneigten sich vor ihrem jungen König. Dann verließen sie mit wallenden Kleidern den Raum.
11
Joash, Miro, Aliyah, Sihana und Katara marschierten durch eine fremdartige Landschaft aus erkaltetem Lavagestein, an vielen Stellen mit Moos bedeckt, karg, weit und einsam. Der Wind trieb ihnen einen schwefligen Geruch in die Nase. An vielen Stellen war der Boden aufgerissen und mit einer gelbgrünen Substanz übergossen. Wie in einer Großküche köchelten in vielen Erdlöchern Wasser und irgendwelche giftfarbenen Flüssigkeiten. Aus verschiedenen Öffnungen spritzte ganz überraschend Schlamm in die Höhe, fiel zurück, vermengte sich, quoll auf wie ein Pudding, nur um wenig später wieder zu zerplatzen. Vorsichtig setzten die fünf Jugendlichen einen Fuß vor den andern. Ein Fehltritt in einen dieser dampfenden Suppentöpfe, und sie würden sich übelste Verbrennungen zuziehen.
Aliyah blieb immer mal wieder stehen und sah sich nach allen Seiten um. Sie konnte es sich zwar nicht erklären, und es ergab auch nicht den geringsten Sinn, aber irgendwie wurde sie das unangenehme Gefühl nicht los, dass sie nicht alleine waren. Doch um sich nicht lächerlich zu machen, behielt sie den Eindruck für sich und sagte nichts. Wahrscheinlich bin ich paranoid, dachte sie bei sich. Wir sind außerhalb der Mauer. Hier draußen gibt es keine Menschenseele. Und so ließ sie die Vernunft walten und verdrängte ihre absurden Gefühle – wenn auch nicht wirklich erfolgreich.
Sihana ging mit
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