Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
zerzaustes Haar und kam mit wiegenden Hüften, ein Lied anstimmend, auf ihn zugetanzt. Miro wusste nicht, wo er hinschauen sollte, und zog verlegen den Mund schief. Er hatte schon viele hübsche Mädchen getroffen, die alles gegeben hätten, um mit ihm, dem reichsten Jüngling Dark Citys, auszugehen. Aber keines war je so schön und gleichzeitig so unglaublich sympathisch und erfrischend gewesen wie Sihana. Und wie sie sich auf ihn zubewegte und ihn mit ihren bezaubernden mandelbraunen Augen ansah, da war es um ihn geschehen.
«Komm schon!», forderte sie ihn erneut auf. «Sei nicht so verkrampft! Tanz mit mir! Du kannst doch tanzen, oder?»
«Ja … äh, natürlich kann ich tanzen.»
«Worauf wartest du dann noch?» Sie ergriff seine Hand und drehte sich zu ihm hin. Er spürte ihren Herzschlag, als er sie für ein paar Sekunden in seinen Armen hielt, bevor sie wieder wie ein Kreisel von ihm wegwirbelte. Sie lachte ihn an, schnippte mit den Fingern und begann wieder in Miros Richtung zu singen, ohne ihn aus den Augen zu lassen, während sie mit ihrem Oberkörper im Takt vor- und zurückwippte. Jetzt begann auch Miro den Rhythmus zu fühlen. Sihana streckte ihre Hand aus und öffnete sie, als würde sie ihm einen Ball zuwerfen, und Miro fing den imaginären Gegenstand mit seiner Hand auf und ließ eine ruckartige Welle durch seinen Körper gehen. Seine Schultern zuckten. Er schnippte ebenfalls mit den Fingern, bewegte sich stampfend auf Sihana zu und übernahm ihren Gesang. Seine Stimme hörte sich zwar eher wie ein scheppernder Kochtopf an, und seine Tanzschritte sahen so abgehackt aus, als würde er eine Rüstung tragen, aber daran störte sich niemand. Die beiden umkreisten sich und kamen immer mehr in Fahrt.
«Auf, Leute!», feuerte Sihana die andern an. «Tanzt mit uns!»
Aliyah ließ sich rasch von Sihanas Begeisterung anstecken und begann, ihren schlanken Körper mitzuschwingen. Elegant wie ein Schmetterling flatterte sie um das Feuer herum und fühlte sich dabei so leicht und frei wie seit Jahren nicht mehr. Auch Katara wurde von der ausgelassenen Stimmung erfasst, wirbelte durch die Luft und vollführte allerlei Kapriolen und Saltos, was bei den anderen wahre Begeisterungsstürme auslöste.
Nur Joash weigerte sich hartnäckig mitzumachen.
«Ich kann nicht. Meine Schulter», brummte er und stand steif und mit verschränkten Armen da.
«Ach hör doch auf!», rief ihm Katara zu, als sie nach einer mehrfachen Schraube unmittelbar vor ihm auf dem Boden landete. «Du hast selbst gesagt, es sei nicht der Rede wert.»
«Na ja, ich hab einfach keine Lust, ey», sagte Joash, aber Katara ließ auch dieses Argument nicht gelten. Sie lachte nur.
«Sieh dir Miro an! Der bewegt sich, als wäre er ein Eiszapfen auf zwei Beinen und hat trotzdem Spaß dabei. Hast du etwa Angst, dich zu blamieren?»
«Nein, hab ich nicht», log Joash.
«Dann komm und mach mit! Wer weiß, wann wir das nächste Mal um ein echtes Feuer tanzen können!»
Sie packte ihn am linken Arm und zog so lange daran, bis sich Joash – wenn auch knurrend – von ihr mitreißen ließ. Nach den ersten ungelenken Bewegungen überwand aber auch er die anfängliche Hemmschwelle, und gemeinsam tanzten die fünf um das Feuer herum, bis sie alle völlig außer Atem waren. Dann setzten sie sich erschöpft auf ein paar Steine und sahen dabei zu, wie es zuckte, prasselte und zischte und wie die Flammen langsam kleiner wurden.
Aliyah hängte einen Topf übers Feuer und kochte darin eine dünne Gemüsesuppe, Sihana vermengte in einer Schale Wasser mit Mehl, gab etwas Salz dazu und knetete einen dicken Teig. Katara half ihr dabei, kleine Kugeln zu formen, die sie so lange klopften und schlugen, bis große runde Fladen entstanden, die sie anschließend auf vorgeheizten flachen Steinen ums Feuer legten. Es war eine herrliche Mahlzeit, die allen vorzüglich schmeckte.
Miro warf immer mal wieder einen verstohlenen Blick auf Sihana, und Joash konnte sich nicht sattsehen an Kataras Silhouette im flackernden Widerschein des Feuers. Während sie aßen, kamen sie ins Plaudern, redeten über gutes Essen, erzählten sich gegenseitig Geschichten aus ihrem Leben und unterhielten sich über all die Abenteuer, die sie gemeinsam bestanden hatten. Obwohl sie immer mal wieder aneinandergeraten waren, konnte keiner es leugnen: Die Ereignisse der vergangenen Tage hatten sie zusammengeschweißt und einander nähergebracht, ja, sie hatten sie zu Freunden gemacht.
In der
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