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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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erklärte er. »Danach sehe ich mir die Buchhaltung an und sag dir Bescheid, wenn’s außer der Sache mit Kandinsky noch weitere Probleme gibt.«
    Als sich am Rande meines Gesichtsfeldes irgendetwas bewegte, erstarrte ich, denn es wehte kein Wind, und ich hatte meinen Standort auch nicht verlagert. Was sich bewegte, musste ein Lebewesen sein.
    Nahe bei meiner Hand bemerkte ich irgendetwas, das sich auf dem Ast zusammengerollt hatte. In der Dunkelheit hob es sich zwar kaum von seiner Umgebung ab, doch ich konnte einen winzigen pelzartigen Umriss erkennen. Es konnte aber kein Eichhörnchen sein, da die keine nachtaktiven Geschöpfe sind. Und für eine Beutelratte oder einen Waschbär war es zu klein. Als ich mich umsah, musste ich zu meinem Entsetzen feststellen, dass der ganze Baum voll von diesen Kreaturen war. Es war ein Wunder, dass ich beim Hinaufklettern keines mit Händen oder Füßen gestreift hatte. Sie waren zwar kaum größer als zwei Handbreit, trotzdem waren sie mir unheimlich. Als eines sich plötzlich herumrollte, streckte und herzhaft gähnte, merkte ich zu meiner Erleichterung, dass ich einen kleinen Affen vor mir hatte. Zugleich war ich verblüfft, denn Kap Querna war keine natürliche Heimat solcher Wesen. Dass sie sich auf diesem Grundstück tummelten, bedeutete eine – wenn auch vage – Bestätigung meiner Annahmen: Schließlich hatte ein Affe oder dessen Skelett bei der Intrige gegen Rhiannon eine wesentliche Rolle gespielt.
    Während der Zwerg auf das Haus zuwatschelte, ging die Tür auf und eine junge Frau, bekleidet mit einem knappen Oberteil und einem langen durchsichtigen Hüftrock, trat nach draußen. Ihr Gesicht war von etwas verborgen, das ich zunächst für eine weiße Maske hielt. Höflich trat sie zur Seite und hielt dem Zwerg die Tür auf.
    »He Gretchen«, sagte er mit hinterhältiger Freundlichkeit, »du siehst durstig aus. Wie wär’s mit einer Kanne Wasser?«
    Sein hämisches Lachen hallte in dem dunklen Haus wider. Mit schweren Schritten ging Gretchen zu Canino
hinüber, der am Wallgraben stand. »Hast du Lust auf ein Bad?«, fragte er, ohne sie anzusehen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Der Arzt hat gesagt, ich soll darauf achten, meine Verbände immer trocken zu halten.« Ihre Stimme hatte jede Koketterie eingebüßt.
    Canino grinste, würdigte sie aber auch weiterhin keines Blickes. »Aber du würdest trotzdem ein Bad nehmen, wenn ich dich darum bitte, stimmt’s?«
    Sie nickte unterwürfig. »Selbstverständlich.«
    Er reichte ihr sein Bier. »Schon gut. Ich möchte dich sowieso lieber tanzen sehen.« Er griff nach einer kleinen Blechtrommel und machte es sich, die Trommel zwischen die Knie geklemmt, auf einem Sessel bequem. Gretchen stellte sein Bier neben ihm auf dem Tisch ab.
    »Bitte zwing mich nicht zum Tanzen«, sagte sie mit so kleinlauter Stimme, dass ich sie nur mit Mühe verstehen konnte. Sie deutete auf ihr bandagiertes Gesicht. »Es tut bei der geringsten Bewegung weh. Und die Wunden fangen dann wieder an zu bluten.«
    Ohne etwas zu erwidern, begann Canino einen langsamen Rhythmus zu klopfen.
    »Warum macht es dir solchen Spaß, mir wehzutun?«, fragte sie mit Kleinmädchenstimme. »Ich war doch immer nur lieb zu dir.«
    Canino beachtete sie überhaupt nicht und schlug weiter auf die Trommel.
    Schließlich ließ Gretchen die Füße, die in leichten Pantoffeln steckten, vor und zurück über den harten Terrassenboden gleiten und begann sich im Rhythmus der Trommel hin und her zu wiegen. Ich hörte, wie sie dabei schniefte und keuchte.
    Unverzüglich bereitete ich meinen Abstieg vor, denn eine bessere Gelegenheit würde sich nicht bieten. Zum Glück hatte ich nichts von den Affen gewusst, als ich auf den Baum geklettert war, doch jetzt war ich das reinste Nervenbündel: Falls ich beim Herunterklettern irgendeinen der schlafenden Affen aufscheuchte, würde die ganze Meute kreischend davonhüpfen und jeden in der Umgebung alarmieren. Damit meine Bewegungen nicht zu hören waren, passte ich sie den lauten Trommelschlägen an. Als meine Füße schließlich den Boden berührten, hätte ich fast gejubelt.
    Gretchen hätte mich leicht entdecken können, wenn sie im falschen Moment nach oben geblickt hätte, aber es war dunkel, und ich war geübt darin, mich zu tarnen. Im Schutz des Labyrinths näherte ich mich dem Haus und kauerte mich schließlich außerhalb von Caninos Blickfeld, etwa fünfzehn Fuß hinter ihm, in den Schatten eines Silberahorns. Dann zog ich eine

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