Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
ab, dass ihm genau das zugestoßen war.
»Wer weiß«, sagte er, »vielleicht könntest sogar du der neue Mann an meiner Seite sein. Suchst du Arbeit?«
»Ich arbeite lieber selbstständig.«
Als er mit den Achseln zuckte, erbebte der ganze Körper. »Dann bist du wohl wegen geschäftlicher Angelegenheiten hier?«
»Allerdings.«
Ich beobachtete jede seiner Bewegungen, denn ich spürte, dass er sehr viel gefährlicher war, als sein Äußeres vermuten ließ.
»Willst du kaufen oder ver kaufen?«, fragte er.
»Weder noch.«
»Was gibt’s denn sonst noch?«
»Versicherungsangelegenheiten. Ich will mit dir eine Versicherung abschließen, die das Leben eines Freundes betrifft.«
Er kniff die Augen zusammen und sah mich an. »Du musst ein schlauer Kerl sein, wenn du so weit gekommen bist. Also verdirb jetzt nicht alles, indem du mir drohst. Glaubst du wirklich, ich könnte hier allein wohnen, wenn ich mich nicht zu schützen wüsste?«
»Ich bin mir sogar sicher, dass du dich zu schützen weißt. Bin selbst ja auch nicht gerade unerfahren darin. Schließlich hab ich auch Stan Carnahan kaltgemacht.«
Fast unmerklich zitterten seine Wangenmuskeln, als er die Zähne zusammenbiss. »Wer soll das sein?«
»Vergeuden wir keine Zeit mit Spielchen. Vor langer Zeit bist du an eine Insel gespült worden. Seinerzeit hast du dich sehr schlecht gegenüber der Dame benommen, die dort lebte. Von Seeleuten kennt man das ja. Nur Pech für dich, dass diese Dame sich als Göttin entpuppte. Sie war es, die dich in das verwandelt hat, was du jetzt bist, und ich wette, du hast seitdem nur auf irgendeine Gelegenheit gewartet, dich an ihr zu rächen. Dir war klar, dass sie irgendwo und irgendwann wieder auftauchen würde, also hast du die Augen und Ohren offen gehalten. Vielleicht war das sogar der einzige Grund dafür, dass du
dieses Verbrechernetz in der Unterwelt aufgebaut hast. Irgendwann hast du dann Wind von ihrem Gruppenexperiment im Ogachic-Gebirge bekommen und einem Schurken eine Menge dafür gezahlt, dass er sich das Vertrauen der Dorfbewohner erschlich. Danach hast du ein nettes Mädchen namens Kathi dorthin geschickt, damit sie der Göttin dein kleines Hab-dich-erwischt-Geschenk zustellte. Und tatsächlich hast du sie alle erwischt, sämtliche Dorfbewohner, einschließlich der Göttin. Denn diese Gottheit hatte bewusst so menschliche Züge angenommen, dass sie sterblich war.«
Im Kerzenschein sah ich, wie seine Miene erst Belustigung, dann Zorn ausdrückte, der schließlich Traurigkeit wich. Er war den Tränen nahe. »Woher weißt du das alles?« Er war so aufgewühlt, dass seine Stimme heiser klang.
»Weil ich in jener Nacht, als all das geschah, dort gewesen bin. Und ich habe dafür gesorgt, dass dein Auftragsmörder nicht mit dem Leben davonkam.«
»Aber sie ist wirklich gestorben, oder nicht?«, flüsterte er.
Als ich nickte, seufzte er erleichtert auf. »Einen Moment lang dachte ich … Nun ja, das spielt jetzt keine Rolle mehr. Sie ist gestorben.«
Ich schüttelte leicht den Kopf. »Du bist in mehr als einer Hinsicht ein komischer Kauz. Eine tödliche Rache hat dir nicht gereicht. Da diese Dame tatsächlich eine Göttin war, ist sie später erneut aufgetaucht – diesmal als Königin von Arentia. Und da du die Sache nicht mehr einem Erfüllungsgehilfen wie Stan Carnahan überlassen wolltest, hast du dir eine Einladung zu einem Staatsbankett
in der Hauptstadt von Arentia verschafft. Allerdings war offiziell Canino der eingeladene Gast, du hast ihn nur begleitet, und zwar in deinem Affenkostüm.« Blonder Mann mit hässlichem Schimpansen , hatte Vogel in seinem Bericht vermerkt. »Als die Königin das Bankett verließ, bist du ihr nachgeschlichen und hast sie irgendwo zwischen dem Empfangssaal und dem Kinderzimmer zur Rede gestellt.« Ihr habt recht, das kann unmöglich so lange gedauert haben, hatte Rhiannon gesagt. »Doch nach all der Zeit, nach all deinen Bemühungen hat sie sich nicht mal mehr an dich erinnert, stimmt’s? Sie sah nur das, was auch ich jetzt sehe: irgendein kleines armseliges Ungeheuer. Das muss dich unendlich verletzt und in Rage gebracht haben.«
Ich konnte mir ausmalen, wie zornig er gewesen sein musste, als er die Frau zur Rede stellte, die seiner Meinung nach für sein schlimmes Schicksal verantwortlich war. Erst recht, als ihr fehlendes Erinnerungsvermögen ihm den großen Moment der Rache vermasselte.
Er schluckte heftig, in seinen Augen schimmerten Tränen. »Ich wollte nur, dass
Weitere Kostenlose Bücher