Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
sie vorbei. Ich würde sie von hinten nehmen, hatte der große Bärtige so laut gesagt, dass ich es hören konnte, und die anderen hatten sich vor Lachen ausgeschüttet.
»Du warst furchtbar wütend darüber und hast dich wie ein Berserker aufgeführt«, fuhr der Zwerg fort.
Ich war damals aufgesprungen. He! Entschuldige dich sofort bei der Dame!, hatte ich gebrüllt.
»Eigentlich wollten sie weiterreiten, denn sie hielten dich für irgendeinen Bauerntölpel, der vor seiner Freundin angeben wollte. Aber du hast nicht locker gelassen.«
Lass das doch, Eddie, hatte Janette gesagt, das ist doch keine große Sache. Wir wollen uns von denen doch nicht diesen Tag kaputt machen lassen.
»Dann bist du über den Zaun gesprungen und hast dein Schwert gezogen.«
Eddie, hatte Janette eher verärgert als ängstlich gerufen. Hör auf, dich wie ein Depp aufzuführen!
»Und hast den Kerl, der diese Bemerkung gemacht hatte, an Ort und Stelle zu einem Duell herausgefordert.«
Feines Schwert, das du da hast, hatte der Bärtige gesagt und träge mit der eigenen Waffe nach mir ausgeholt. Eigentlich wollte er mir nur mit der flachen Seite seiner Klinge eins überziehen. Doch ich parierte den Schlag und traf ihn dabei ins Herz. Der ganze Kampf dauerte nicht länger als Sekunden.
»Und als du ihn getötet hattest, gerieten die anderen in Rage.«
Heilige Scheiße, er ist tot! , hatte ein schmieriger kleiner Kerl gerufen und sich über den am Boden Liegenden gebeugt. Danach hatte er mich angesehen. Du Arschloch, er hat doch nur herumgeblödelt!
»Du warst zäher, als sie dachten, und hast mehrere von denen erledigt, ehe sie dich schließlich in den Griff bekamen. Aber zu diesem Zeitpunkt waren sie alle schon ausgerastet und ließen ihre Wut an deiner Freundin aus. Sie zwangen dich sogar, dabei zuzusehen. Und später dachten sie, sie hätten dich umgebracht, aber das war ein Irrtum.«
Scheiße, die ist tot , hatte einer von ihnen gesagt, als er sich mit Janettes Blut an den Lenden von ihr heruntergewälzt hatte. Und dieses Arschloch auch , hatte ein anderer erwidert und mich mit seinem Schwert durchbohrt. Er verfehlte zwar mein Herz, traf jedoch meine Lunge. Ich glaubte, mein Brustkorb stünde in Flammen. Janettes Augen waren geöffnet, und einer der Männer stieß ihren Kopf mit dem Stiefel so an, dass er zur Seite rollte und ihr Blick auf mich gerichtet war. Ich würgte am eigenen Blut und spürte, wie es an meinem Kinn herunterrann.
»Als man dich fand, nannte man dich einen Helden,
nicht wahr? Aber du wusstest es die ganze Zeit über besser.«
Mir kam es so vor, als dröhnten die Worte des Zwergs von weither zu mir herüber, dabei stand er nur drei Fuß entfernt. Mittlerweile schlug mein Herz so laut, dass ich kaum noch einen Gedanken fassen konnte.
Er hatte recht. Ich hatte in den Jahren seit Janettes Tod die wahre Geschichte in meinem Kopf so umgeschrieben, dass ich damit irgendwie von einem Tag zum nächsten leben konnte. In dieser neuen Geschichte war auch ich ein Opfer, hatte wie ein Held gekämpft und Arentia wegen meines eingefleischten Ehrgefühls verlassen – und nicht weil ich mich deswegen, was in Wirklichkeit vorgefallen war, so abgrundtief schämte. Das war das dunkelste Geheimnis, das ich in mir bewahrte. Und jetzt hatte dieses winzige Ungeheuer es ans Licht gezerrt, ins Licht der Kerzen in seinem Unterschlupf.
»Und nun glaubst du, du könntest das gegenüber Janettes Bruder wiedergutmachen, indem du dieses ungeheure Verbrechen an seiner Frau und seinem Sohn aufklärst, wie? Nur deshalb hast du dich auf meine Spur gesetzt.« Er lachte. »Und mich nennst du einen komischen Kauz!«
Ich war auf alles Mögliche vorbereitet gewesen, aber nicht auf das hier. Plötzlich kam mir der Raum unglaublich eng und heiß vor, und ich konnte nur noch hastig und stoßweise atmen. Mein Brustkorb verkrampfte sich schmerzhaft, besonders in der Gegend der alten Schwertwunde. Ich hatte diese alte Geschichte so lange für mich behalten, tief im Inneren verborgen, dass ich nicht wusste, wie ich jetzt damit umgehen sollte. Sie saß mir wie ein Knebel in der Kehle und drohte mich zu ersticken. Doch
zum Glück arbeiteten die Reflexe, die sich in den langen Jahren als Schwertkämpfer bei mir ausgebildet hatten, unabhängig von meinen Emotionen. Als der Zwerg ein winziges, vermutlich vergiftetes Stilett auf mich richtete, reagierte mein Arm ohne mein bewusstes Zutun. Ich zog mein Messer aus dem Ärmel, trat zur Seite, um seinem Stilett
Weitere Kostenlose Bücher