Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
an?«, fragte ich.
»In Anbetracht deiner Stellung in Arentia kann ich dir wohl unbesorgt alles erzählen, glaube ich.«
»Meine Stellung ist nicht ganz die, die du offenbar voraussetzt.«
»Will mich ja nicht mit dir herumstreiten, aber für mich gilt immer noch das, was mir der König darüber gesagt hat. Und nach dem, was er mir erzählt hat, vertraue ich voll darauf, dass du keine Staatsgeheimnisse ausplauderst.«
Da es sinnlos schien, ihm weiterhin zu widersprechen, ließ ich es dabei bewenden. Als Nächstes wandte sich das Gespräch, das eher einem Monolog glich, dem Liebesleben des jungen Geheimagenten zu. Er war zwar nicht
verheiratet, doch es gab da eine gewisse junge Dame in der Stadt Arentia, auf die er ein Auge geworfen hatte. Sie heiße Rachel, sagte er, habe lange dunkle Haare und einen außerordentlich kecken Busen. Aus der weiteren Beschreibung schloss ich, dass sie auch ziemlich gescheit sein musste. Offenbar reichten ihre Lebensziele darüber hinaus, irgendeinen Mann zu heiraten, der sie versorgte und schwängerte. Michael Anders fand das wunderbar: Er unterstützte ihre Ausbildung zur Baumeisterin.
»In diesem Beruf ist sie wirklich gut. Ich wünschte nur, ich dürfte ihr mehr über meine Arbeit erzählen, denn hin und wieder könnte ich ihren Rat sicher gut gebrauchen. Dieser kleine Schuppen, in dem das Floß untergebracht war? Ich hab ihr ein bisschen was vorgemacht, damit sie ihn für mich entwirft. Hab gesagt, ich bräuchte einen Platz, wo ich Handelswaren so lagern könne, dass niemand sie findet. Nachdem ich ihr eine Karte des Gebiets gegeben hatte, hat sie den Schuppen so entworfen, dass er vom Wald getarnt wird. Ziemlich schlau, nicht? In unserer Sondereinheit wäre das niemandem eingefallen, so viel ist mal sicher.«
Er verriet mir auch, dass er Rachel bei einer Kunstausstellung in der Stadt Arentia kennengelernt hatte. Vorsichtig deutete er an, schon ihre erste Begegnung habe so geendet, wie es sich jeder junge Mann erträumt. Deswegen denke er aber nicht schlecht von ihr, ganz im Gegenteil. Offensichtlich betrachtete er Rachels Bereitschaft, aus dem Augenblick heraus zu handeln, als einen ihrer besonderen Vorzüge. Doch er hatte es auf unbestimmte Zeit aufschieben müssen, diese Beziehung mit der offiziellen Eheschließung zu besiegeln. »Wäre doch wirklich nicht
anständig, sie zu heiraten, solange ich einer derart gefährlichen Arbeit nachgehe, oder?«
»Da fragst du den Falschen.«
»Warst du denn nie verheiratet?«
»Nein, nie.« Ich sagte mir, dass er ja nur nett zu mir sein wollte. »Hatte nie das Glück, ein Mädchen wie deine Rachel zu finden.«
»Ja, sie ist wirklich ein Schatz. Immer wenn ich Zweifel am Sinn meiner Arbeit habe, denke ich daran, dass ich mein Bestes gebe, um Rachel und ihre Familie zu schützen. Das muntert mich sofort wieder auf.«
Wir hielten in Mahaleela an, um dort zu übernachten. Die Stadt sah noch ziemlich genauso aus, wie ich sie in Erinnerung hatte: Sie lag an einer einzigen langen Hauptstraße, die in der Mitte aus unerfindlichen Gründen einen Schwenk nach rechts machte. Der Gasthof Zum Spitzwinkel bot die beste Unterbringung in der kleinen Stadt. Der Mann am Empfang katzbuckelte geradezu vor Anders, als der mit dem Geldbeutel winkte. Wir ließen unsere Pferde in den Stall führen, stellten unsere Satteltaschen im Zimmer ab und gingen nach unten, um zu essen.
Da der Gasthof unmittelbar an der Hauptstraße lag, herrschte hier viel Durchgangsverkehr. Deshalb war die Kundschaft auch bunter gemischt als in den üblichen Schenken. Sowohl wohlhabende Familien als auch erwachsene Einzelreisende kehrten gern ein, und die Gasträume waren auf die jeweiligen Bedürfnisse beider Gruppen abgestimmt. Der Hauptraum, in dem man speisen und sich am Feuer wärmen konnte, hatte selbst für prüde Väter und Mütter nichts Anstößiges an sich: Die Blusen der Schankmädchen waren bis zum Kinn zugeknöpft, das
Bier, das zum Essen serviert wurde, bis zur Unkenntlichkeit verwässert, und für den Fall, dass die Eltern die Ammen zu Hause gelassen hatten, standen sogar diese zur Verfügung.
Seitlich vom Speisesaal lag die eigentliche Schenke. Dort konnte man den Mädchen in den tiefen Ausschnitt glotzen und sich eine Gefährtin für den Abend suchen, während man sich mit echtem Bier und härteren Sachen sinnlos betrank.
Diese Zweiteilung des Gasthofs war zweifellos eine ungewöhnliche Lösung, Kunden anzuziehen, aber die Anzahl der Gäste im Speisesaal sprach
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