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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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Führung, Herr Anders.«
    »Eigentlich Sir Michael«, berichtigte er mich und grinste schon wieder. »Aber du kannst mich einfach Micha nennen.«
    Von Pema brachen wir zu einem Ort auf, der hundert Meilen weit entfernt lag. Und für mich zwanzig Jahre in der Vergangenheit.

VIER
    W ir überquerten den Gusay, was uns zurück nach Muscodia brachte, und zogen nach Norden. Nachdem wir an Casselward vorbeigeritten waren, kamen wir schließlich mitten in der Nacht in Arentia an.
    Der Hornfischer hatte im Unterschied zu den Flüssen im Süden weder Hochwasser geführt noch Überschwemmungen verursacht, weil es hier längst nicht so viel geregnet hatte. Wir überquerten den Fluss auf einem kleinen Floß, das in einem gut getarnten, solide gebauten Bretterverschlag versteckt gewesen war. In diesem Schuppen lagerten noch viele weitere Gegenstände, die einem Geheimagenten wie Sir Michael irgendwann nützlich sein konnten.
    Alle Könige und Königinnen beschäftigten Leute wie ihn – und sie alle leugneten dies nach außen hin. Aber Macht ist kein für das ganze Leben verliehenes Geschenk, und um sie zu behalten, kamen die Regenten manchmal nicht umhin, insgeheim hässliche Dinge in die Wege zu leiten. Den Männern – und oft auch Frauen –, die am besten für solche Dienste geeignet waren, hätte man solche Machenschaften niemals zugetraut, und dem jungen Anders schon gar nicht. Er war immer zu einem Lachen aufgelegt,
redete fast pausenlos und schien völlig einverstanden damit, gewisse Entscheidungen mir zu überlassen, etwa die Auswahl unserer Übernachtungsstätten. Dennoch hatte er auch etwas Eisenhartes an sich. Ich traute ihm durchaus zu, dass er mir eins über den Schädel ziehen und mich gefesselt über meinen Sattel werfen würde, falls ich ihm allzu sehr zu schaffen machte.
    Nachdem wir die Pferde auf das Floß gebracht hatten, stakten wir es über den Hornfischer. Das Hochufer gegenüber war bis zur Wasserscheide dicht bewaldet. Unser Gefährt war zwar winzig, trotzdem fragte ich mich, wo wir anlegen sollten. Zu meiner Verblüffung war die Anlegestelle als Treibholz getarnt. Erst als ich sie betrat, merkte ich, dass sie am Flussgrund fest verankert war.
    Ich weiß nicht, was ich erwartete, als ich den Fuß wieder auf arentianischen Boden setzte – vielleicht, dass bei meinem ersten Schritt Flammen auflodern würden oder Ähnliches –, aber natürlich war dieser Boden nur Erde wie jede andere.
    Wir zogen das Floß aus dem Wasser, schoben es in eine dafür vorgesehene Bodenvertiefung und tarnten es mit Blättern. Danach führten wir unsere Pferde im Zickzack durch den Wald, bis wir schließlich auf einen Pfad stießen. Selbst bei hellem Tageslicht wäre es mir schwergefallen, diesem Pfad zu folgen, und bei Dunkelheit war es noch viel schwieriger, doch Anders ließ sich von seinen Erinnerungen und bestimmten Kennzeichen leiten, die ich mir gar nicht erst zu merken versuchte.
    Während wir unsere Pferde den schmalen Waldpfad entlangführten, fragte mich Anders: »Fühlt es sich seltsam an, wieder zu Hause zu sein?«
    »Ist nicht mein Zuhause«, gab ich mürrisch zurück.
    »Ah ja, richtig. Entschuldigung.« Er schien seine Frage wirklich zu bedauern. »Ich hatte eigentlich gar nicht vor, das zur Sprache zu …«
    »Hörst du das?«, unterbrach ich ihn barsch, und als er stehen blieb, um zu lauschen, drängte ich mich an ihm vorbei. Danach schwieg er lange Zeit.
    Bei Sonnenaufgang gelangten wir vom Wald auf eine breite Landstraße. Wie ich wusste, führte sie zur Hauptstadt, die, genau wie das Land, Arentia hieß. Auf Straßen wie diese – gepflastert mit glatten, flachen Steinen aus dem Flussbett des Hornfischer und anderer Ströme – war man hier besonders stolz. Der Straßenbau war schwere Arbeit gewesen und hätte fast zu einem Aufstand gegen den damaligen König Hubert II. geführt. Sein Beharren auf guten Verkehrs- und Handelswegen hatte ihm den Spitznamen »Landstraßen-Hubert« eingebracht, und die Straßen wurden bald als »Hubert-Straßen« bezeichnet. Doch als sie endlich fertiggestellt waren, erkannte auch der letzte Bürger die Vorteile der neuen Ortsverbindungen: Vorbei die Zeiten, in denen die ungepflasterten Wege nach jedem heftigen Regenguss wegen des Schlamms nicht mehr passierbar gewesen waren. Die »Hubert-Straßen« vereinfachten den Handel zwischen Dörfern und Städten so sehr, dass sich Arentia innerhalb einer Generation von einer Kloake wie Muscodia zu einem blühenden

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