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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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Heimatdialekt zurück. Mittlerweile klang es beinahe fremd in meinen Ohren, wenn ich jemanden »Verlust« (»Vaalust«), »Münze« (»Minz«) oder irgendein anderes Wort in diesem Dialekt aussprechen hörte. Aber natürlich redeten in Arentia alle so, was mich aus unerfindlichen Gründen nervös machte.
    Ich blieb an der Theke sitzen, während meine Augen sich nach und nach an das Zwielicht gewöhnten. Schließlich entdeckte ich ein halbes Dutzend Landsleute: Vier davon saßen um einen Tisch herum, einer hatte einen Einzeltisch, ein anderer hockte am Ende der Theke. Wie mir bald auffiel, stammten sie aus verschiedenen Orten: aus Suamico, Trego und Winneconne. Der Mann, der an der Theke saß, hatte am Arm eine Tätowierung, die ihn als Zauberer von Colfax auswies. Allerdings trug er weder das Gewand seines Standes noch den Ring mit den entsprechenden Insignien. Entweder wollte er nicht erkannt werden und hatte dabei die auffällige Tätowierung vergessen, oder er hatte das Züchtigkeitsgelübde der Zauberer gebrochen, sodass man ihm sein förmliches Gewand weggenommen hatte. In Anbetracht der Geschwindigkeit, mit der er Bier in sich hineinschüttete, vermutete ich das Letztere. Armer Kerl. Das hatte er nun davon, dass er einer Männergruppe beigetreten war, die Geschlechtsverkehr als das größte Übel der Welt verteufelte. In dieser Hinsicht waren die Mondpriesterinnen sehr viel klüger.
    Die Frau hinter der Theke, eine hochgewachsene kühle
Blondine mit einer Narbe am Kiefer, die sie irgendwie noch anziehender machte, bediente mich ohne jedes Lächeln. Ich leerte meinen Krug in einem einzigen Zug, bat sie, mir nachzuschenken und sagte beiläufig: »Schlimme Geschichte mit der Königin, wie?«
    »So is’ das Leben«, erwiderte sie ungerührt, während sie meinen Krug füllte. Sie würde es mir nicht gerade leicht machen, mehr aus ihr herauszuholen, wie ich merkte.
    »Bin ein paar Jahre nicht mehr im Lande gewesen«, erklärte ich. »Wie ist sie denn so, diese Königin Rhiannon?«
    »Blond, blauäugig, wunderschön.« Es klang so, als zählte sie mir die in einem Rezept aufgeführten Zutaten für irgendeine Speise auf. »Singt wie’n Vögelchen, tanzt wie der Wind. Kann Kranke heilen, Tote wiedererwecken und jungen Männern den Kopf verdrehen. Sagt man jedenfalls.«
    »Sie ist also eine Heilerin?«
    Sie bedachte mich mit einem verächtlichen Blick und blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Das is’ nur ’ne Übertreibung, der Wirkung wegen. Ich glaub, die Leute sagen ›Sarkasmus‹ dazu.«
    »Auf ›die Leute‹.« Ich prostete ihr zu. »Und? Glaubst du , dass sie’s getan hat?«
    Sie stützte sich mit den Händen auf die Theke und fixierte mich mit kühlem Blick. »Was kümmert mich das? Meiner Meinung nach hat König Philipp gute Arbeit geleistet, ehe sie auftauchte. Wenn sie ihn glücklich gemacht hat, sei’s ihm gegönnt. Aber jetzt wär es mir mehr als recht, wenn wir die Todesstrafe wieder einführen würden, denn dieses Weibsbild verdient den Tod am Strang.«
    Offensichtlich war unsere Unterhaltung damit für sie beendet.
    Nachdem ich ausgetrunken hatte, ging ich nach oben auf unser Zimmer. Anders, immer noch vollständig bekleidet, schlief bereits. Sein Schwert lag auf der Scheide am Boden, und unter seinem Kopfkissen ragte ein Dolchgriff hervor. Ich zog mein Hemd und die Stiefel aus, benutzte die Waschschüssel zur Katzenwäsche und sank in den Schlaf. Aber das war wohl eher meiner Erschöpfung nach der langen Reise zuzuschreiben als einer inneren Ruhe. Ich träumte von Schreien und Flammen.

FÜNF
    A m Mittag des nächsten Tages erreichten wir die Außenbezirke der Stadt Arentia. Wieder einmal war mir nicht klar, was ich eigentlich erwartet hatte. Ein Märchenschloss, den bunten Anblick aus meinen Kindertagen? Jetzt kam mir diese Stadt wie jede andere vor – voller Menschen, die versuchten, irgendwie zurechtzukommen. Und voller Gerüchte über den jüngsten Skandal.
    Am Ende der Straße sahen wir die Stadtmauern: Als großes Rechteck zeichneten sie sich vor dem Horizont ab. Die Dicke dieser Mauern und ihre Undurchdringlichkeit waren legendär. Wie künstliche Klippen ragten sie aus der Ebene der Adler empor. Wegen der dort ausgefochtenen ergebnislosen Schlachten hatte man dieses Flachland vor ewigen Zeiten als »Ebene der Aasgeier« bezeichnet.
    Heute verließen sich die Stadtbewohner darauf, dass man die Hauptstadt wegen dieser Mauern nie würde plündern und brandschatzen können. Die

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