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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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Bogenschützen eine Karikatur von einer Steinumfriedung eines städtischen Brunnens abriss. Zwar konnte ich nicht vollständig entziffern, was darauf stand, aber die Abbildung zeigte eine Frau mit viel zu dick und breit aufgetragenem Lippenstift, sodass es aussah, als wäre ihr Mund mit Blut verschmiert. Wie mir mein flüchtiger Blick verriet, standen hämische Worte unter der Zeichnung.
    Schließlich ritten wir durch die Hauptstraße auf den Palast zu. Auf die große Freitreppe, die hinauf zur Empfangshalle führte, gelangte man jetzt nur noch durch Tore, die von Lanzenreitern in Uniformen bewacht wurden. Diese Tore waren neu. Zu meiner Zeit war die Treppe noch öffentlich zugänglich gewesen und hatte allen möglichen
Leuten als Bühne gedient. Menschen, die einen Groll gegen die Regierung hegten, religiöse Spinner oder solche, die schlicht Wichtigtuer waren, hatten hier regelmäßig ihr verständnisvolles oder auch gehässiges Publikum gefunden. Dass diese Treppe jetzt für die Allgemeinheit gesperrt war, deutete auf eine ernsthafte Staatskrise hin. Und verstieß auch, soweit ich es aus dem Unterricht in Bürgerkunde wusste, gegen einen der Artikel in der Königscharta, die Arentias erster Monarch, Hyde der Große, unterzeichnet hatte.
    Nachdem wir an den Toren vorbeigeritten waren, bogen wir am Großen Stein – König Hyde hatte ihn beim Bau des ursprünglichen Palastes gesetzt – um die Ecke und ritten die Straße der Wölfe entlang. Ich konnte mich nicht mehr genau an die Legenden erinnern, die sich um diesen Namen rankten, aber deren Kern war, dass König Hyde den Wald, der früher hier wuchs, von solchen Plagen gesäubert hatte. Längst war vor dem Palast eine Straße mit Villen entstanden, in denen Adlige und Sonderbeauftragte des Königs wohnten. Jedes Gebäude verfügte über einen unterirdischen Eingang zum Palast, sodass der König seine Berater mühelos zu jeder Tag- und Nachtzeit zu sich bestellen konnte. An jeder Haustür waren jetzt Wächter postiert.
    »Hat es einen Putschversuch gegeben?«, fragte ich leise, während wir die sorgfältig gepflegte Baumallee hinunterritten.
    »Das sind nur Gerüchte«, erwiderte Anders ebenso leise. »Zu feindseligen Handlungen ist es nicht gekommen. Es wurden nur Handzettel an Mauern und Bäume geklebt, und einige wenige haben ihrer Wut lautstark Luft gemacht. Diese Posten stellen nur eine gut sichtbare Schutzmaßnahme
dar, damit sich ein paar Unbesonnene nicht zu irgendetwas hinreißen lassen.«
    »Und ihr dann nur noch mit einer gut geplanten Revolution fertig werden müsst?«, frotzelte ich.
    Er kicherte.
    Auf der Rückseite des Palastes bogen wir in eine Gasse ein. Ich wusste, dass sie zu den Küchen führte, wo täglich ganze Wagenladungen von Essensresten und anderem Abfall abgeholt und frische Waren angeliefert wurden. Auch hier entdeckte ich ein neues Eisentor, das von zwei stämmigen Kerlen in Uniform bewacht wurde. Es gab keinen ersichtlichen Grund dafür, dass man ausgerechnet hier ein Tor errichtet hatte, und die Soldaten schienen ihren Wachdienst auch nicht sonderlich ernst zu nehmen. Das zumindest erkannte ich als Täuschungsmanöver: Nur die härtesten Burschen ließ man an den Hintertüren des Palastes Wache stehen. Eher würde es einem Eindringling gelingen, den Thronsaal zu stürmen, als an ihnen vorbeizukommen.
    Als Anders vom Pferd abstieg, trat einer der Wachsoldaten vor, während der andere die Hand unauffällig an den Schwertgriff legte. »Was führt Euch hierher?«, fragte der Erste.
    »Befehle des Königs«, erwiderte Anders und streckte die rechte Hand vor. Er trug einen Siegelring, den er aufspringen ließ, sodass die Insignien seines wahren Rangs sichtbar wurden.
    »Ha!« Verblüfft wandte sich der Soldat mir zu. »Und wer bist du, Tagedieb?«
    Ich deutete mit dem Kinn auf Anders. »Ich gehöre zu ihm.«
    Der Mann wollte etwas sagen, hielt jedoch inne und
starrte mich an, als wäre mir soeben eine zweite Nase gewachsen. Dann drehte er sich zu Anders um. »Ist das etwa …«
    »Tja«, schnitt Anders ihm das Wort ab und ließ seinen Ring zuschnappen. »Und wir wollen den König nicht warten lassen.«
    »Nein, natürlich nicht.« Der Wachsoldat gab dem anderen ein Zeichen. Unverzüglich holte er einen Schlüssel aus der Tasche und sperrte das Tor auf. Nun stieg auch ich vom Pferd, um Anders zu folgen.
    Der erste Wachsoldat führte uns durchs Tor und schloss eine unscheinbare Holztür auf, die wie ein Eingang für Dienstboten aussah.

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