Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
Wentrobe.
Ich grinste recht bemüht, als ich Phil ansah. »Du bist verdammt selbstsicher, stimmt’s?«
»Ja, sonst dürfte ich ja auch nicht den noblen Kopfschmuck tragen.«
Ich war zwar versucht, mir noch einmal Rum nachschenken zu lassen, stellte das Glas jedoch auf dem Schreibtisch ab. »Also gut. Werde mich wohl erst mal ein wenig frisch machen. Meinst du, ich könnte auch etwas zu essen bekommen?«
»Klar. Emerson, ich weiß, dass solch niedere Arbeiten sonst nicht zu deinen Pflichten gehören, aber bist du so gut, Eddie zu seinem Zimmer zu bringen?«
»Gewiss doch, Eure Majestät. Und ich lasse etwas von der Küche heraufschicken. Ich weiß noch, dass Ihr früher besonders gern Schinken und Käse gegessen habt«, sagte er an mich gewandt.
Ich nickte und griff nach meiner Jacke und den Satteltaschen. »Sobald ich die Aussagen der Zeugen durchgegangen bin, werde ich mir vermutlich all diese Leute persönlich vornehmen müssen. Und kann ihnen dann
hoffentlich ein paar Fragen stellen, die bislang noch gar nicht aufgetaucht sind.«
»Versteht sich«, erwiderte Phil.
»Und danach … sollte ich mich wohl am besten mit deiner Frau unterhalten.«
SIEBEN
I n einem derart luxuriösen Zimmer hatte ich schon seit Langem nicht mehr genächtigt. Während unserer Kindheit hatten Phil und ich die Gäste seines Vaters in solheit hatten Phil und ich die Gäste seines Vaters in solchen prachtvollen Gemächern ein- und ausgehen sehen, oft begleitet von einem ganzen Gefolge von Bediensteten. Irgendwann kamen wir auf die Idee, die Mädchen, denen wir gerade nachstiegen, in einen dieser Räume zu schmuggeln, doch Phils Mutter ertappte uns auf frischer Tat, und wir wurden beide mit Hausarrest bestraft. Doch ein einziges Mal war es mir tatsächlich gelungen, mich in ein solches Gemach zu schmuggeln, zusammen mit Janette. Und obwohl ich in der Zwischenzeit längst erwachsen war, hatte ich immer noch das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, als ich mich auf dem Rand eines übertrieben weichen Bettes niederließ.
Nach einem Bad zog ich saubere Kleidung an und verspeiste zwei große mit Schinken und Käse belegte Brötchen, die mir eine ernst und matronenhaft wirkende Dienstmagd aus der Küche heraufgebracht hatte.
Neben der Leselaterne auf dem Schreibtisch lagen zwei dicke Mappen mit Pergamentblättern. Nachdem ich auch das zweite Brötchen gegessen hatte, schlug ich die oberste Mappe auf und machte mich ans Lesen.
Zwei Stunden danach hatte ich alle Blätter durchgesehen, und das, was ich erfahren hatte, vertrug sich nicht sonderlich gut mit meinem Mageninhalt. Ich schlug die zweite Mappe zu, ging zum Fenster hinüber und klappte die hölzernen Fensterläden auf. Es war bereits dunkel geworden, und die Geräusche der Stadt drangen bis hierher, doch die leichte Brise roch nach kühler, sauberer Luft, was gar nicht zu meiner Stimmung passte.
Alle Besucher des Staatsbanketts waren sich darin einig, dass Königin Rhiannon – wie fast immer – guter Laune gewesen war und die einflussreichen Persönlichkeiten damit bezaubert hatte. Beim Dessertwein hatte sie die Gäste sogar mit einem Liedvortrag verwöhnt. Etwa um halb zehn abends hatte sie die Tafel verlassen und war nach oben gegangen, angeblich um vor dem Schlafengehen noch ihren Sohn zu stillen.
Nach Aussage ihres Kinderfräuleins, Beth Maxwell, war sie kurz vor zehn bei ihrem Sohn eingetroffen. Da ich mich mit dem Grundriss des Palastes auskannte, kam mir das seltsam vor. Dreißig Minuten erschienen mir eine viel zu lange Zeitspanne, um vom Speisesaal ins Kinderzimmer zu gelangen. Doch warum hätte sie sich auch beeilen sollen? Herumzutrödeln war gewiss kein Verbrechen.
Das Kinderfräulein Maxwell hatte Mutter und Kind allein gelassen, um in der Wäscherei einige Laken zusammenzulegen. Bald darauf war Sally Sween, eine der Dienstmägde, ins Kinderzimmer gegangen, um die Nachtlampen mit Petroleum aufzufüllen. Ihr war es so vorgekommen, als wäre die Königin, die den schlafenden kleinen Prinzen in den Armen hielt, in ihrem Schaukelstuhl eingenickt – was offenbar häufig geschah. Nachdem sich
die Dienstmagd entfernt hatte, war die Königin mit ihrem Sohn allein im Zimmer gewesen. In der Zeit von halb elf bis halb zwölf Uhr abends hätte sie also ungesehen alles Mögliche anstellen können.
Um halb zwölf war das Kinderfräulein Maxwell nach oben zurückgekehrt, um frisch gewaschene Windeln und Bettwäsche in den Schränken des Kinderzimmers zu verstauen. Doch sie
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