Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
»Entweder Ihr könnt oder Ihr wollt mir nicht sagen, was ich wissen muss, Eure Majestät, also bringt es mir nichts, weiter hierzubleiben. Ich muss diese Sache ohne Euch angehen.«
»Werdet Ihr meinen Sohn finden?« Jetzt schwang Hoffnung in ihrer Stimme mit.
»Ich werde die Wahrheit herausfinden. Denn, wie gesagt, Phil ist mein Freund. Wenn ich dabei Euren Sohn finde – wunderbar. Und wenn ich dabei herausfinde, warum Ihr mich belügt, werde ich es Phil auf jeden Fall wissen lassen. Dann kann er selbst entscheiden, ob es gute Gründe dafür gibt.«
Ausgerechnet diese Worte ließen ihre Maske bröckeln. »Nein!«, schrie sie fast. »Ihr dürft ihm das nicht erzählen …« Gleich darauf biss sie sich auf die Zunge.
Aber ich hatte den Raum bereits durchquert und umklammerte die Eisenstäbe nur eine Handbreit von ihrem Gesicht entfernt. »Was darf ich ihm nicht erzählen?«, zischte ich. »Ich weiß, dass du Epona Grau bist oder zumindest mal warst. Und du hast auch mich wiedererkannt. Wer hat all das getan? Und warum ?«
Tränen strömten über ihr Gesicht, und sie schlang die Arme um ihren Oberkörper. »Ich weiß nur, dass ich sterben werde, wenn Philipp mich nicht mehr liebt. Das weiß
ich so sicher, wie ich weiß, dass die Sonne morgen früh aufgehen wird und ein reifer Apfel auf den Boden fällt.«
»Liebst du ihn denn?«
»Oh Gott, ja«, schluchzte sie. »Von ganzem Herzen. Keinen anderen Mann könnte ich jemals so lieben.«
Es war so viel Zeit seit unserer letzten Begegnung vergangen, dass ich keine Eifersucht spürte. Na ja, höchstens einen kurzen Anflug. »Also, wer ist derjenige, der dich hasst?«
Sie antwortete nicht, schüttelte nur mehrmals den Kopf. Nun begann sie wirklich zu weinen und sank, die Arme immer noch um sich geschlungen, auf den Rand des harten Feldbetts. Frustriert schlug ich mit den Fäusten gegen die Eisenstäbe. »Wenn ich die Wahrheit herausfinde«, knurrte ich fast, »kann ich nur hoffen, dass sich dieser ganze verdammte Mist dafür gelohnt hat – Eppi .« Danach drehte ich mich um und hämmerte gegen die Tür, damit man mich herausließ.
ZEHN
W entrobe beschrieb mir den Weg zu der Stelle, wo Phil Rhiannon zum ersten Mal begegnet war – genauer: sie gefunden hatte. Sie hatte mitten in einem Wald gelegen, der zum Königlichen Jagdrevier gehörte. Ich hätte mich von Wentrobe, Hauptmann Vogel oder sogar von Phil begleiten lassen können, doch ich wollte mir die Stelle lieber allein ansehen. Ich musste ein paar Stunden aus der Stadt Arentia und dem Palast heraus, um das zu sortieren, was ich von der Königin erfahren oder auch nicht erfahren hatte.
Normalerweise war es recht schwierig, unbemerkt ins Königliche Jagdrevier hineinzugelangen. Aber als Junge hatte ich viele uralte Schleichwege in den Wald entdeckt, und die derzeit mit der Bewachung beauftragten Männer wussten anscheinend noch weniger darüber als die früheren Wächter.
Nur ein einziges Mal musste ich in Deckung gehen, um mich vor einem Jagdaufseher zu verstecken, der, offensichtlich völlig in eigene Gedanken vertieft, den Wald durchstreifte. Gewildert wurde hier nur noch bei einer Hungersnot, und in Arentia musste schon lange niemand mehr hungern.
Nach sechs Jahren würde ich wohl kaum noch irgendwelche
Hinweise auf das damalige Geschehen entdecken, dennoch wollte ich den Schauplatz sehen. Ich war mir halbwegs sicher, dass die Verschwörung, in deren Mittelpunkt die geheimnisvolle Königin stand, ihren Ursprung in dem Leben hatte, das sie vor ihrer Begegnung mit Phil geführt hatte. Und da sie behauptete, sich an nichts aus ihrem Vorleben zu erinnern, musste ich mich, ausgehend vom Tag eins ihres neuen Lebens, langsam zurücktasten.
Ich fand die Stelle ohne große Mühe. Es war ein kleiner von Klee überwucherter Hügel, der neben einem Bach auf einer Lichtung lag. Als erfahrener Jäger hatte Phil dieses Gebiet sicher nach Spuren von Hochwild abgesucht, denn auch jetzt zeichneten sich auf dem Abhang, der zum Wasser führte, solche Spuren deutlich ab.
Ich stieg von meiner Stute ab und band sie an einem niedrig hängenden Ast fest. Wie üblich sah mich das Biest mit der typischen Hochnäsigkeit der Pferde an. Offenbar war es dieser Mähre völlig gleichgültig, wem sie Loyalität schuldete – ob mir oder ihrem früheren Besitzer, irgendeinem Grenzbanditen. Treuloses Flittchen!
Während ich den Hügel hinaufstieg, suchte ich den Boden ab, obwohl ich selbst keinen Schimmer hatte, wonach ich eigentlich
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