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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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weiße Spuren hinterlassen. Auch ein Ortsfremder konnte mühelos erkennen, dass der Wind hier fast immer aus Nordosten wehte, denn die im Norden liegenden Mauern waren entweder so verwittert, dass sie einzustürzen drohten, oder jüngst ausgebessert worden.
    Lonni hatte mir den Weg genau beschrieben. Ich folgte mehreren unauffälligen Zeichnungen von Libellen an
Häuserwänden, die mich durch ein wahres Labyrinth von Gassen führten. Die erste Libelle, von frischer weißer Tünche fast verborgen, wies mich in eine Richtung, in der linker Hand eine Frachtgesellschaft und rechter Hand ein stillgelegtes Lagerhaus angesiedelt waren. Die einzigen Menschen, denen ich hier begegnete, waren zwei alte Saufnasen, die aus den Latschen gekippt waren und in ihrer eigenen Pisse lagen.
    Als ich den nächsten Hinweis auf einer alten Regentonne fand, war kein Mensch in Sicht. Dieses Viertel war der Teil von Kap Querna, den Berni und seine Jungs nie ganz würden säubern können, es sei denn, sie fackelten ihn ab.
    Irgendwann kam ich an einem hin und her schwankenden betrunkenen jungen Mann vorbei, dessen zerknitterte Kleidung viel zu elegant für diese Umgebung wirkte. Er bemerkte mich nicht einmal, als ich neben ihm um eine Ecke bog. »Das ist nicht mit rechten Dingen zugegangen, jemand muss daran gedreht haben«, murmelte er vor sich hin – ein für Glücksspieler typisches Gejammer. Es konnte nicht mehr weit zum Libellen-Club sein.
    Schließlich kam ich an der verwitterten, etwas windschiefen Lagerhaustür an, die laut Lonni als geheimer Eingang zum Club diente. Das Gebäude selbst wirkte so baufällig, als könnte es bei einem heftigen Nieser zusammenstürzen. Schon gar nicht traute man ihm zu, Boscobels berüchtigten Winterstürmen zu trotzen.
    Ich hob einen verzogenen Querbalken so weit an, dass ich durch die Tür spähen konnte, und entdeckte dahinter ordentlich aufgestapelte, versandfertige Kisten. Allerdings waren alle mit Staub bedeckt, und ich hätte darauf gewettet,
dass sie leer waren und nur zur Tarnung dessen dienten, was hier in Wirklichkeit vor sich ging.
    In diesem Moment ließ eine Seemöwe eine tote Ratte vor meine Füße fallen, landete, packte die Ratte fester und schwang sich wieder in die Lüfte. Gut, dass ich nicht an böse Vorzeichen glaubte.
    Das handtellergroße Libellenzeichen, dem ich gefolgt war, zierte auch diesen Eingang zum Club. Als ich laut klopfte, glitt eine Holzbohle in der Tür so weit zur Seite, dass zwei Augen sichtbar wurden, die mich durch den Schlitz böse anstarrten. Ich war zwar nicht auffällig gut angezogen, hatte mir jedoch die Haare schneiden und den Bart stutzen lassen und mir eine neue Jacke besorgt, sodass ich nicht so verlottert wie sonst aussah. Ich wollte damit weder Eindruck schinden noch einschüchternd wirken, nur Neugier wecken.
    »Ja?«, sagte der Mund der ansonsten unsichtbaren Gestalt mit brüchiger, aber unverkennbar weiblicher Stimme.
    »Lass das knallharte Getue, ja?«, sagte ich auf die genervte Art eines kultivierten Mannes. »Mach mir auf.«
    »Verpiss dich«, erwiderte die Frau und schloss den Türspion. Vielleicht musste ich an meinem weltmännischen Auftreten noch etwas feilen …
    Ich seufzte, zählte bis zehn und klopfte erneut. Keine Antwort. Mehrmals trat ich mit voller Wucht gegen die Tür, ohne Erfolg. Dabei fiel mir auf, dass sie massiver war als erwartet.
    Nachdem ich wieder bei Atem war, stellte ich mich unmittelbar vor den Türspion. »Entweder du redest mit mir, Süße, oder du schickst jemanden nach draußen, damit er
mir einen Arschtritt verpasst. Sonst mache ich hier die Hölle heiß, und das wird für uns beide unangenehm.«
    Es dauerte ein Weilchen, aber schließlich schob sie den Türschlitz wieder auf. »Hab dir doch gesagt, dass du dich verpissen sollst!«
    »Weshalb? Weil man hier ein Passwort braucht?«
    »Du bist hier nicht erwünscht, deshalb!«
    »Und wie steht’s mit dem ›Zwerg‹? Ist der hier auch nicht erwünscht?«
    Ich hörte ein dumpfes, rasselndes Geräusch, so als zerrte der Wind an einem Segel. Es dauerte einen Augenblick, bis mir klar wurde, dass die Frau lachte. »Wenn du weiter solche Witze reißt, mach ich mir noch in die Hose!«
    Ich hatte wirklich keine Lust, jetzt schon allzu viel preiszugeben. Was den Zwerg anging, wusste ich ja nicht mal, ob ich hier an der richtigen Adresse war. Doch da ich keine andere Möglichkeit sah, an der lachenden Hyäne vorbeizukommen, preschte ich vor. »Also gut, nächster Versuch. Was

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