Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
der beste Plan nichts mehr genützt. Der Bierkrug – weiß der Himmel, was sie da hineingetan hatte – entglitt meinen Fingern, und ich gesellte mich gleich darauf zu ihm auf den Boden.
Ich erwachte in einem kleinen fensterlosen Raum, in dem nur eine einzige Kerze in einem Wandhalter brannte. Das Bett, auf dem ich lag, roch nach Schweiß und Sex. Offenbar war ich in einem der Zimmer gelandet, das Mädchen wie die Brünette mit ihren Kunden aufsuchten. Oder mit ihren Opfern.
Als ich mich aufsetzte, drohte mein auf dreifache Größe angeschwollenes Gehirn mir den Schädel zu sprengen, deshalb legte ich mich gleich wieder hin.
Beim nächsten Aufwachen kam es mir so vor, als hätte jemand meinen Mund mit Sand ausgescheuert, und selbst das Kerzenlicht tat meinen Augen weh. Allerdings schien mein Gehirn auf lediglich doppelte Normalgröße geschrumpft zu sein, sodass ich es riskierte, mich auf den Bettrand zu setzen, wobei ich merkte, dass ich nichts am Oberkörper und an den Füßen trug. Von meinen Habseligkeiten keine Spur, und das ärgerte mich besonders, weil die Jacke nagelneu gewesen war. Die einzigen Dinge, die
mir in diesem Zimmer Gesellschaft leisteten, waren eine Kerze, ein Nachttopf und ein voller Wasserkrug. Liebend gern hätte ich von dem Wasser getrunken, aber ich wollte auf keinen Fall etwas anrühren, das so wie das Bier »aufs Haus« ging.
Nach vier Versuchen gelang es mir endlich aufzustehen, was mir das Zimmer dadurch dankte, dass es unverzüglich Karussell mit mir fuhr. Ich vergalt es ihm damit, dass ich mit dem Kopf fast die Wand eingeschlagen hätte. Mein dicker Schädel schüchterte das Zimmer zum Glück so ein, dass es mit der albernen Rundfahrt aufhörte.
Damit ich nicht umfiel, lehnte ich mich mit dem Rücken gegen die Wand und kniff die Beine zusammen. Das Zeug, das man mir ins Bier getan hatte, verbrannte nach und nach in meinem Körper, und wenn ich mich bewegte, würde ich diesen Prozess beschleunigen. Also stolperte ich von einer Wand zur anderen – es kam mir wie eine kleine Ewigkeit vor –, bis ich hörte, dass sich ein Schlüssel im Schloss drehte. Schweißgebadet blieb ich stehen und wartete auf meinen Besucher.
Es überraschte mich nicht, dass Canino ins Zimmer trat. Durch die offene Tür sah ich einen langen Gang mit vielen Türen, alle gleich, und hörte in der Ferne den Lärm des Clubs. Hastig machte Canino die Tür hinter sich zu und versenkte den Schlüssel in der Jackentasche.
Er griff nach dem Wasserkrug und streckte ihn mir hin. »Ich weiß, dass du Durst haben musst.«
Ich schüttelte abwehrend den Kopf.
Er kicherte. »Kann’s dir nicht verübeln.« Er trank einen Schluck aus dem Krug und bot ihn mir erneut an, doch auch diesmal lehnte ich ab.
»Ganz wie du willst, Johnson. Deinen Narben nach zu urteilen, befindest du dich bestimmt nicht das erste Mal in einer solchen Zwangslage, also kennst du die Spielregeln: Ich stelle hier die Fragen, du antwortest.« Er machte eine Kunstpause, um die Worte wirken zu lassen. »Du suchst die Ordnungshüter auf, belästigst einen völlig Fremden an der Rennbahn, und danach tauchst du hier auf. Und jedes Mal fragst du nach irgendeinem Andras Reese. Wieso?«
»Das sage ich Andras Reese, sobald ich ihn sehe.« Ich nahm wieder auf dem Bett Platz. Meine Stimme klang so, als rieben zwei Steine aneinander.
»Du wirst ihn hier aber nicht sehen. Übrigens auch nichts anderes jenseits von diesem Zimmer, solange du nicht zu einer Zusammenarbeit bereit bist. Und du bist nicht mehr der Jüngste, Johnson, wenn ich das so sagen darf. Selbst an deinem besten Tag könntest du mir nichts anhaben, und in deiner derzeitigen Verfassung schon gar nicht.«
Ich musste grinsen. Zwar hatte er wahrscheinlich recht, aber zugleich hatte er verraten, wie begrenzt seine Verbindungen waren. Seine Quellen bei den Hütern von Recht und Ordnung waren nicht so gut, dass er meinen wirklichen Namen kannte. Seine Verbindungen reichten offenbar nicht weit nach oben. »Bist also wirklich ein Ass, wie?«, sagte ich ironisch.
»Ja«, erwiderte er einfach, und ich nahm es ihm sogar ab.
Als sich das Zimmer erneut um mich zu drehen begann, legte ich mich auf die Seite. Canino rührte sich nicht von der Stelle. »Ich will deinem Herrn und Meister
nur ein paar Fragen stellen«, murmelte ich in die Matratze. »So einfach ist das.«
»Wieso glaubst du, dass ich einem Herrn und Meister diene?«
Ich wälzte mich auf den Rücken und legte einen Arm über die Augen.
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