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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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Erfahrung weiß bestimmt, wo man solche Leute finden kann. Darauf würde ich wetten.«
    »Ich kenne tatsächlich sehr viele Menschen«, erwiderte er mit leichtem Stolz.
    Ich kam mir wie ein Arschloch dabei vor, diesen armen Kerl an der Nase herumzuführen und mit geheucheltem Respekt dahin zu bringen, wo ich ihn haben wollte. Das war so ähnlich, wie eine alte Jungfer mit falschen Schmeicheleien zu verführen. Es war geradezu mitleiderregend, mit anzusehen, wie verzweifelt er sich darum bemühte, die Person darzustellen, als die ich ihn behandelte. Doch die Arbeit hatte Vorrang. »Dann kannst du mir sicher auch einen Tipp geben, wo ich den Mann finde, den man …«, ich machte eine Kunstpause und flüsterte die letzten Worte, »den man ›den Zwerg‹ nennt.«
    Wie von der Tarantel gestochen fuhr Lonni zurück. »Ein solcher Herr ist mir nicht bekannt«, beeilte er sich zu sagen.
    Ich lächelte. »Lonni, so nennt man ihn nur. Du weißt schon, von wem die Rede ist.«
    Lonnis Gesicht hatte jegliche Farbe verloren. »Leider kann ich dir da nicht weiterhelfen«, sagte er und stand auf.
    Verdammter Mist. Jetzt konnte ich es nur noch auf die harte Tour durchziehen. Ich packte ihn an der Schulter und drückte ihn wieder auf den Stuhl. Der Körper unter diesem verschlissenen Anzug fühlte sich wie der einer Vogelscheuche an. »Falsche Antwort, Lonni!«
    Vor Angst schossen ihm Tränen in die Augen, aber ich war nicht so eitel, mir einzubilden, dass diese Angst mir galt. Der Zwerg galt hier eindeutig als große Nummer, zumindest bei den verzweifelten älteren Glücksspielern. Ich hatte Lonni in eine Lage gebracht, in der er so oder so nur verlieren konnte.
    »Lonni«, versuchte ich es erneut, »du bist ein verdammt schlechter Lügner. Jetzt atme mal tief durch und lass uns von vorn anfangen. Irgendjemand wird mir sagen, was ich wissen muss, und sich fürstlich dafür bezahlen lassen, und dieser Mensch könntest du sein.« Ich deutete mit dem Daumen auf die Rennbahn. »Und denk auch mal an Folgendes: Die Leute da draußen, die uns zusammen gesehen haben, werden sowieso annehmen, dass du gesungen hast, ob du’s nun warst oder nicht. Willst du denn nicht wenigstens gut dabei verdienen?«
    Er wischte sich das verschwitzte Gesicht mit einem Lumpen ab, der früher mal ein Taschentuch mit eingesticktem Monogramm gewesen war. Lonni war deutlich anzusehen, dass er schon lange nicht mehr so gründlich nachgedacht hatte. »Also gut, du bist hier offensichtlich im Vorteil.«
    »Nein, Lonni, der Vorteil liegt bei dir. Ich appelliere lediglich an deinen gesunden Menschenverstand.«
    Er nickte und seufzte laut auf. »Ich weiß wirklich nicht, wo sich dieser Herr aufhält. Allerdings ist mir mehrmals zu Ohren gekommen, dass viele seiner Geschäfte an einem Ort namens Libellen-Club abgewickelt werden. Das ist ein privater Club im Hafenviertel.« Er nannte mir die Adresse und beschrieb mir den Weg dorthin. »Das ist aber auch schon alles, was ich weiß.«
    »Und das ist auch mehr als genug, Lonni.« Um seine Laune zu heben, knallte ich ein Goldstück nach dem anderen auf den Tisch. »Ich hoffe, das hier hilft dir wieder auf die Beine.«
    Als er die schweren Goldmünzen in der Jackentasche verstaute, gewann er einen Teil seiner empfindlichen Würde zurück. »Solange die Götter und Göttinnen des Glücks deine guten Wünsche teilen, werde ich schon zurechtkommen.«
    »Zünde eine Kerze für Epona an«, sagte ich aus einer plötzlichen Eingebung heraus. »Sie hat was für Pferde übrig.«
    »Ist sie eine Dame der Gesellschaft oder eine Göttin?«
    Fast hätte ich laut gelacht. »Sobald ich das weiß, geb ich dir Bescheid.«

ZWEIUNDZWANZIG
    N ach dem Gespräch machte ich mich unverzüglich auf den Weg ins Hafenviertel. Sicher war dieser Club genauso wie die meisten anderen rund um die Uhr geöffnet, es gab also keinen Grund, meinen Besuch dort zu vertagen. Zumal ich Lonni nicht die Zeit geben wollte, die Leute vorzuwarnen.
    Überall an der zwei Meilen langen Strecke, an der niedrige, roh gezimmerte Lagerhäuser standen, wuselten die sonnenverbrannten Dienstleute von Heuer-Bureaus und anderen, mit dem Schiffsverkehr verbundenen Gewerbezweigen geschäftig herum. Seeleute aller Dienstgrade, von Männern, die wie Piraten aussahen, bis zu Offizieren in Uniform drängten sich auf den Straßen, Gassen und Docks. Es roch nach Salz, Fäulnis und totem Fisch, und dieser Gestank überlagerte alle anderen Düfte. Auf jedem Dach hatte der Kot der Seemöwen

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