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Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)

Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)

Titel: Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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aufmachte, da traf man sich Samstagnacht auf eine gemütliche Schlägerei, anschließend ging man zu dem oder zu jenem ins Puff, und man versoff zusammen wieder alles, was man dem anderen beim Kartenspielen abgenommen hatte. Alle trugen schicke Anzüge mit Krawatten, alle hatten Benimm, und wer sich die Schuhe nicht wichste, der wurde erst gar nirgends hineingelassen. Aber heute ist das alles nur noch ,Business‘, es geht um Scheiß-Investments und so was. Herrgott, früher gab es Banden, heute gibt es Franchises! Deswegen bin ich ja so depressiv, Rock, weil das alles überhaupt keinen Spaß mehr macht!“
    Ich hatte Willi aufmerksam zugehört und ermahnte mich nun: Öfter mal aufmerksam zuhören, lieber Rock! Nicht immer so oberflächlich sein! Dann werden die Kumpels nämlich nicht so schnell depressiv.
    Willi stiegen Tränen der Wehmut und der Erinnerung an den Gestank von Zigaretten und abgestandenem Bier in die Augen. Aber als ich schon dachte, jetzt bricht er mir endgültig zusammen und fällt tot aus dem Bett heraus, tat er das genaue Gegenteil, denn Lemmys Pillen begannen plötzlich zu wirken, und Willi fand ein paar seiner verbliebenen Lebensgeister wieder. Er richtete sich in seinem Bett auf und drückte mir fest die Hand, dabei sagte er: „Sollen die Daltons von mir aus weiterhin vor ihrem Türkpörn herumstehen und ihre Hand in die Jogginghose stecken, aber mein Pornhouse kriegen sie nicht!“
    „Niemals!“
    Am liebsten hätte sich Willi sofort sein rosa Plüschhemd angezogen und wäre mit mir hinausgezogen an die Front.
    Aber da kam endlich die Schwester mit der Leibschüssel herein und bremste ein wenig seinen neu gewonnenen Elan.
    * * *
    Dreißig Jahre lang hatte ich mich in meine Hawaiihemden gezwängt, mir das hellblaue Seersucker-Jackett übergeworfen und war in die spitzen Schühchen geschlüpft. Hatte dazu reichlich Nuttendiesel aufgetragen und eine schwere Uhr um das Handgelenk geschnallt, die zwar nicht echt war, dafür aber gut aussah. Als Pornokino-Manager brauchte ich nämlich sowieso keine Uhr, sobald das Rädchen erst einmal lief: 16 Uhr, 18 Uhr, 20 Uhr, 22 Uhr, das war meine Welt. Wann immer er mich brauchte, meldete ich mich um 15.35 Uhr bei Willi zum Dienstbeginn, ich ging nach oben und legte die Filmrolle ein, dann lief ich zur Kassa, dort verklopfte ich die Karten an unsere Stammkunden, selten an Laufkundschaft. Dann ging ich schnell zum Saaleingang, wo ich der Ordnung halber die Karten auch abriss. Sobald alle meine Schäfchen im Stall waren, lief ich wieder hinauf in den Vorführraum, wo ich den Motor anließ, und dann ging es los: Jack schleckt sie alle!, Jack schleckt zurück!, Jack schleckt sich durch! (sein berühmter Gefängnis-Ausbruchsfilm). Das waren dreißig Jahre meines Lebens, dreißig Jahre Glück.
    Und das sollte nun alles vorbei sein?
    Auf dem Rückweg vom Krankenhaus hierher musste ich dann mal sehr dringend, und zwar tanken. Ich war ja heute schon ein paar Meter gefahren, also bog ich vom Gürtel her kommend durch die Stadtbahn-Unterführung kurz nach links ab, dann scharf rechts hinein in die Friedmanngasse, dann wieder scharf rechts zu Mannis Tankstelle. Es war ein gutes Gefühl, mich an ein paar tiefer gelegten Karossen vorbeizudrängeln, die da vor Mannis Billigtanke anstanden, denn sofort ging das Gejammere los: „Ey, Oida! Isch bin vor dir dran!“ Die jungen Türken blickfickten mich der Reihe nach und ließen ihre Motoren aufheulen. Einer sprang sogar aus seinem Opel, stellte sich breitbeinig davor, steckte beide Hände in die Hose und tat, als müsste er ein ganz schweres Gewicht tragen. Du meine Güte! Die Jungs hatten einfach nichts übrig für unsere Musik, für unser Essen, für unsere Bräuche, und sie hatten nichts übrig für unseren Sex. Dass Jack Schleck wie ein Gott schleckte, das sagte diesen jungen Pennern einfach rein gar nichts, sie hatten wahrscheinlich ihre eigenen Helden, und so blieb man sich die ganze Zeit fremd. Das war schon irgendwie echt traurig, dass man mit diesen verdammten Türken einfach nicht reden konnte!
    Als Manni mir den Stutzen ruhig und zuvorkommend hineinsteckte, beruhigten sich die Affen wieder halbwegs, denn Manni war nicht nur mein Freund, sondern auch über zwei Meter groß. Und während der kostbare Tropfen in meinen Toyota hineinfloß, fragte ich ihn, ob der Junge, der vorgestern Abend hier auf seinem Parkplatz Zettel für die Volksfront Türkenbelagerung – nein danke! verteilt hatte, nur vorgestern da gewesen

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