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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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Maskierten in der Stadt? Na ja, es sollte mich nicht wundern. Du bist dem Kanzler ganz übel auf die Füße getreten.«
    »Vorher schon«, sagte Dauras. »Oder glaubst du, ich wäre so dumm, den Kanzler nur aufgrund eines einzigen Zwischenfalls und ohne weitere Hinweise zu beschuldigen?«
    »Ehrlich gesagt, ja«, sagte Meris. »Ich dachte mir, das passt zu dir. Was ist sonst noch passiert?«
    »Ein Armbrustschütze auf einem Dach, hier in der Kaiserstadt. Ich habe ihn nach seinem Auftraggeber gefragt, aber den hatte bereits jemand zum Schweigen gebracht. Dann war da eine Gruppe von Rittern, die so taten, als wären sie nur auf Streit aus   – aber ich bin überzeugt, sie hätten mich erschlagen, wenn sie gekonnt hätten. Du hast gehört, was mit dem Lagermeister der Kämmerei geschehen ist? Das war ein ganz ähnlicher Vorfall. Und hinzu kommen noch ein paar Straßenräuber und Messerstecher in der Stadt   …«
    »… was vorkommen kann. Vor allem, wenn man überall herumläuft und sich nicht auskennt.«
    »Gut«, räumte Dauras ein. »Ich sage nicht, dass alles, was mir in der Hauptstadt widerfahren ist, gezielte Anschläge auf mein Leben waren. Und auch nicht, dass für jeden dieser Anschläge der Kanzler verantwortlich ist. Doch es waren zu oft Mittelsmänner oder Ritter beteiligt, die mit den Kreisen des Kanzlers in Verbindung stehen. Er verwischt seine Spuren,aber sein Name fällt ein wenig zu oft, als dass ich an einen Zufall glauben könnte.«
    »Hast du mit der Kaiserin darüber gesprochen?«, fragte Meris.
    Dauras schnaubte. »Ich soll sie beschützen, nicht sie beunruhigen.«
    »Allmählich habe ich das Gefühl, du beschützt sie am besten, indem du dich von ihr fernhältst«, sagte Meris.
    Dauras wandte ihr den Kopf zu und richtete seine leeren grauen Augen auf sie. »Denkst du, ich werde angegriffen, weil ich so ein unangenehmer Typ bin, der mit jedem in der Stadt Streit hat?«
    »Ehrlich gesagt   …«, fing Meris an.
    Dauras schnitt ihr das Wort ab. »Spar es dir. Nein, ich werde angegriffen, weil man mich aus dem Weg haben will. Damit man besser an die Kaiserin herankommt. Würde ich fortgehen, hätten die Angreifer ihr Ziel erreicht, und die Kaiserin wäre ihr nächstes Opfer. Also zeige ich mich und gebe ein Ziel ab, damit sich irgendwann einmal einer meiner Gegner zu weit vorwagt. Die Kaiserin ist dann am sichersten, wenn ich die Hintermänner erwische und endlich Beweise vorlegen kann.«
    Meris musste einräumen, das klang nicht so dumm. »Die Frage ist nur, was zuerst geschieht«, wandte sie ein. »Ob einer der Hintermänner einen Fehler macht und sich durch einen Angriff selbst entlarvt oder ob er einfach sein Ziel erreicht und dich erwischt. Köder werden oft gefressen, und es ist nicht klug, wenn man Köder und Angler zugleich sein will.«
    »Oh«, sagte Dauras. »Ich bin schwer zu schlucken. Wie man sieht.«
    »Solange dir niemand eine Bleikugel in den Schädel jagt«, sagte Meris. »… He, wo wollen wir eigentlich hin?« Sie hattein Richtung der Marmorbrücke abbiegen wollen, aber Dauras schob sie auf der Hauptstraße weiter und ging mit ihr geradewegs auf den inneren Palast zu.
    »Ich wollte deinen Rat beherzigen«, sagte Dauras. »Heute Abend brauche ich jemanden, der mir den Rücken freihält. Und wie du gerade festgestellt hast: Bisher hat niemand mit einer Bleikugel auf mich geschossen. Was bedeutet, dass du nicht zu denen gehörst, vor denen ich mich hüten muss.«
    Die Wohnstatt von Sortor, der neuen Hofmagierin des Palastes, lag über einem kleinen Innenhof. Es war nicht eigentlich ein Turm, sondern ein erkerartiger Vorbau an einem Nebenflügel. Die Spitze des Erkers ragte über das Dach des Gebäudes hinaus.
    Die Nacht war klar und kalt. Der Mond stand zu einem Dreiviertel voll am Himmel und tauchte den Hof und Sortors Erker in ein geisterhaftes Licht. Meris fröstelte. Sie sah nichts von den Schatten, die nach Dauras’ Schilderungen um die Erkerspitze kreisten. Dennoch fühlte sie sich unbehaglich.
    Sie und Dauras warteten eine ganze Weile schweigend im Durchgang zu dem Hof. Mitunter sahen sie ein Licht hinter einem der Fenster, aber niemand kam zu ihnen, niemand schaute heraus.
    Es ging schon auf Mitternacht zu, da fühlte Dauras eine Annäherung. Er ließ seine Sinne ausgreifen, so weit er nur konnte, und tatsächlich warf das Ding einen dichteren Schatten in seinem Geist als jeder feste Gegenstand. Es war wie eine Verzerrung in der Wirklichkeit, und wenn das, was er

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