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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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aber für diese Tat konntet Ihr keinen Mittelsmann schicken. Ihr wart der Einzige, der nah genug an den Kaiser herankam, der mit ihm allein war. Ihr müsst es also selbst getan haben, das war mir klar. Allerdings gehört es nicht zu Euren Gewohnheiten, jemanden selbst zu vergiften. Also musstet Ihr Euch das Gift kurz vorher noch besorgen. Als Leiter des kaiserlichen Geheimdienstes war das kein Problem für Euch.
    Aber ich war lange Zeit Eure Agentin. Ich war Eure rechte Hand in diesen Dingen, und ich kenne alle Wege, sich ein solches Gift zu besorgen. Alle Boten, alle Alchemisten, die es für den geheimen Kurierdienst bereiten. Ich musste diese Kontakte nur geduldig überprüfen, bis ich wusste, wie Ihr es angestellt habt.«
    »Warum hätte ich meinen Herrscher vergiften sollen?«, fragte von Reinenbach. »Ich habe ihm viele Jahre treu gedient, und durch seinen Tod konnte ich nichts gewinnen.«
    »Kaiser Aredrel hatte sich verändert«, sagte Meris. »Und als ich erfuhr, wie sich der Kaiser verändert hat, da ergab auch alles andere einen Sinn. Wie er sich mit Euch zu Unterredungen getroffen hat, wie er Eure Arbeit und Eure Berichte infrage stellte. Warum er Euch Anweisungen gab und warum ihr gestritten habt. Der Kaiser wollte sich wieder selbst um sein Reich kümmern, nachdem Ihr das viele Jahre lang für ihn getan habt.«
    »Eine Geschichte, nichts weiter. Vermutungen.« Der Hofrat wedelte mit der Hand. »Damit wirst du niemanden überzeugen.«
    »Damit werde ich die Kaiserin überzeugen«, sagte Meris. »Und es gibt andere im Kronrat, die sich nur zu gern überzeugen lassen. Ich glaube, ich habe genug Hinweise gesammelt, um Euch befragen zu lassen   … Vielleicht wollt Ihr doch lieber das Gift wählen?«
    »Du bist wohl sehr stolz auf dich, Meris«, stellte Reinenbach fest.
    Meris schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht stolz. Wie könnte ich? Meine Familie hat den Kaiser ermordet! Warum habt Ihr das getan?«
    Reinenbach zuckte die Achseln. »Du hast die Gründe doch gerade selbst aufgezählt.«
    »Nein«, sagte Meris. »Ich habe ein Motiv gefunden, aber das ist kein Grund für eine solche Tat. Der Botendienst ist treu. Wir dienen dem Kaiser!«
    »Wir dienen dem Reich!« Der Hofrat sprang von seinem Sitz auf. Er blieb einen Augenblick stehen, und seine Lippen bewegten sich, als würde er sich zu einer Entscheidung durchringen. »Wir sind das Reich«, sagte er.
    Leiser und eindringlicher fuhr er fort: »Vor vierzig Jahren herrschte Horome vom Schwarzen Gebirge bis zu den Grauenklippen, vom Ephelgrat im Norden bis zu den Kolonien von Hara-nen auf dem südlichen Kontinent. Nur vierzig Jahre! Kannst du dir das vorstellen? Ich habe diese Zeit noch erlebt, bevor der Großvater unseres wahnsinnigen Kaisers den Osten verlor.
    Kaiser Habbar verlor das halbe Reich. Seinem Sohn Areb rann die andere Hälfte durch die Finger. Als Aredrel den Thron bestieg, da war er der beste Herrscher seit Langem. Denn er ließ andere die Arbeit tun, und wir konnten den Niedergang aufhalten.
    Baluc, mein Mentor und mein Lehrherr, er formte den kaiserlichen Botendienst zu einer Schattenarmee. Ein Schattender Legionen, die wir einst hatten. Du weißt, was wir tun. Wir verhandeln, wir drohen, wir leiten Urkunden, Ermächtigungen oder auch Lügen weiter, wenn es sein muss   …«
    »Oder verüben gelegentlich einen Mord«, warf Meris ein.
    »Auch das«, fuhr von Reinenbach ungerührt fort. »Soll ich mich deswegen schämen? Wir haben geschafft, was zwei Kaiser vor uns nicht geschafft haben: Wir halten das Reich zusammen. Jedenfalls das, was davon übrig ist. Heute gibt es nur noch uns, die letzte Bastion zwischen der Ordnung und dem Untergang . Und Aredrel, den man den wahnsinnigen Kaiser nannte, er machte dieses Bollwerk möglich   – allein, indem er gar nichts tat!«
    Hofrat von Reinenbach schüttelte den Kopf. Er sah Meris an. »Verstehst du das denn nicht?«, fragte er. »Du warst doch dabei! Es ist ein heikles, ein schwieriges Geschäft, ein ganzes Reich zusammenzuhalten ohne eine Armee, mit nichts als einem Netz von Spionen und einer Handvoll Attentätern. Wie hätte ich da zusehen können, als der Kaiser plötzlich alles über den Haufen werfen und sich einmischen wollte?
    Ich musste eingreifen, um das Reich zu retten.«
    »Es sieht nicht so aus, als hättet Ihr es gerettet«, sagte Meris kühl. »Die Städte im Süden haben sich erhoben, und von Edern hat der Kaiserin offen den Eid verweigert   – und vielleicht sogar versucht, sie

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