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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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»Das ist Südlandhaven«, sagte er. »Die Kriegsflotte des Reiches ist dort stationiert, während Meerbergen eine Handelsstadt ist. Aber die beiden Städte sind so eng verbunden, dass sie im Grunde Zwillinge sind. Mein Besitz liegt zwischen Meerbergen und Südlandhaven.«
    »Ich bin froh, dass es vorbei ist«, sagte Sobrun. »Nicht jede Abkürzung ist ein guter Weg.«
    Sie waren auf direktem Weg von der Passstraße bis zu den südlichen Hafenstädten gelangt. Doch es war keine angenehme Reise gewesen. Einsame Landstriche, die Straßen oft kaum zu erkennen oder unpassierbar. Lacan und sein Begleiter hatten mehr als einmal dem Hungertod ins Auge geblickt   – und die Reise hatte länger gedauert, als sie erwartet hatten.
    Aber, bei Bponur: Es war vorbei!
    Lacan schaute auf Südlandhaven hinab. Am liebsten hätte er sich an Ort und Stelle vom Pferd fallen lassen, hätte den Boden geküsst und sein Lager bereitet.
    »Reiten wir weiter, Herr«, sagte Sobrun. »Heute Nacht finden wir vielleicht ein Gasthaus. Und Wein und willige Weiber und was wir sonst brauchen, um Eure Heimkehr zu feiern.«
    Lacan blickte Sobrun befremdet an. »Feiere, wie du willst«, sagte er. »Ich glaube, für mich ist das nichts. Ich hebe mir die Feiern auf, bis ich tatsächlich wieder daheim bin.«
    »Ich denke, Ihr solltet feiern, solange Ihr es noch ungetrübt könnt«, stellte Sobrun nüchtern fest. »Bevor die Probleme des heimischen Herdes Euch eingeholt haben.«
    »Ja.« Lacan schürzte die Lippen. »Wenn ich überhaupt noch ein Zuhause habe. Sobrun, du bist wirklich ein Kamerad, der einem die Laune verhageln kann. Komm, lass uns reiten.«
    Er stieß dem Pferd die Fersen in die Flanken. Der alte Söldner an seiner Seite zeigte ein zahnlückenreiches Grinsen und folgte ihm.
    In den vergangenen Tagen hatten sie auf verschiedenen Rittergütern übernachtet. Das hieß, dass sie die ersten Neuigkeiten aus der Heimat vernommen hatten. Und seither war Lacan in Sorge, was er auf seinem Landgut vorfinden würde.
    Der Kaiser war tot. Die südlichen Städte waren vom Reich abgefallen. Und Lacan hatte gehört, dass sein Vater zurückgekehrt war   – und dass der ganze Süden sich deswegen in Aufruhr befand. Was das für ihn bedeutete, würde sich zeigen. Lacan war nur ein Bastard, und er hatte sich von seinem Vater und dessen Treiben immer ferngehalten.
    Aber Arnulf von Meerbergen war nicht beliebt in der Stadt, deren Namen er trug. Und wenn der Kanzler des Reiches wieder Krieg plante und seine Intrigen spann, würde sein Sohn es gewiss zu spüren bekommen.

DRITTES BUCH
MIT VERBRANNTEN FLÜGELN

    »Jeder Verlust ist nur ein Wandel.«
    Aus der Legende von Elumer und Horome

PROLOG
    I m Augenblick des Todes, so heißt es, zieht das ganze Leben noch einmal an einem vorüber.
    Für Dauras war es nur eine einzige Erinnerung, als die Flut ihn verschlang. Ein längst vergessener Tag, der für ihn wieder lebendig wurde.
    Er fühlte die Gassen von Sir-en-Kreigen um sich herum. Es war Frühling oder Herbst, ein kühler, trockener und sonniger Tag, der nach Staub roch und der einen frischen Wind in die Stadt brachte. Dauras mochte vier Jahre alt sein, vielleicht jünger. Seine Sinne waren noch nicht voll entfaltet, sie tasteten roh über das Mauerwerk der Altstadt und erfassten nur mühsam die Buckel und die unregelmäßigen Ritzen im groben Kopfsteinpflaster. Er musste sich konzentrieren, um einzelne Dinge festzuhalten und die zahlreichen Menschen zu unterscheiden, die sich um ihn herum bewegten. Wenige Schritte entfernt verlor sich sein Gespür in einem unklaren Schatten, der keine Dunkelheit war, kein Nichts , sondern ein Zuviel .
    »Los, Dauras«, sagte Ranis. »Zeig ihnen, was du drauf hast.«
    Dauras erinnerte sich nicht an seine Eltern, die froh gewesen waren, wenn ihr blinder, ihr kranker Sohn nicht nach Hause kam. Sein Leben hatte sich auf der Straße abgespielt, bei den Kindern der Gosse, die ein ähnliches oder gar kein Zuhause hatten. Das ältere Mädchen, das sich dort um ihn kümmerte, war ihm heute noch gegenwärtig.
    Drei weitere Kinder hockten mit ihm in der Gasse. Die beiden anderen Knaben kannte er flüchtig. Sie forderten ihn heraus, hatte Ranis erzählt   – sie stellten seine Fähigkeiten infrage, seinen Rang als bester Taschendieb unter allen Gassenkindern der kleinen Stadt! Der Junge, der sich Alan nannte, lehnte an einer Wand und schaute auf ihn herab. Er war schon zwölf, hieß es, und Dauras konnte die Verachtung in dessen Blick

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