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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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machen können, bevor du sie mir bringst.«
    »Wer bin ich?«, fragte Meris. »Deine Köchin?«
    »Und wie lang steht die überhaupt schon auf dem Herd herum?«Meris holte tief Atem und wartete einen Augenblick, ehe sie antwortete. »In den letzten Tagen war ich froh, wenn du für ein paar Minuten einigermaßen klar warst und ich dir etwas Nahrhaftes einflößen konnte. Hätte ich die Zeit mit Aufwärmen verschwendet, dann wärst du jetzt nicht mehr am Leben.«
    Er hörte, wie sie sich entfernte und ein Stück weg von ihm hantierte. Erschöpft sank er auf das Kissen zurück. Er versuchte, die Augen zu öffnen, aber er schloss sie sofort wieder.
    »Zwanzig Tage«, sagte er. »So lange ist die Prinzessin schon allein. Du musst mich zu ihr bringen.«
    »Die Prinzessin ist nicht allein«, erwiderte Meris. »Der Kanzler kümmert sich um sie.«
    »Umso schlimmer«, sagte Dauras. »Wer weiß, was er mit ihr anstellt.«
    »Er hat ihr Gesellschaft besorgt, habe ich gehört. Leibwächter und Zofen. Er hat junge Ritter geholt, die vor Kurzem noch als Pagen im Palast dienten   – solche, die Aruda aus dieser Zeit kennt und die sie angenehm fand.
    Ihre Zofen sind Ritterdamen aus der Provinz, Mädchen, die von so abgelegenen Gütern stammen, dass sie fast genauso wild aufgewachsen sind wie Aruda selbst. Jetzt sind sie ganz eingeschüchtert von der Stadt und vom Hof, und die Kaiserin kann sich stark und erfahren fühlen und als Mentorin auftreten.«
    Dauras brauchte eine Weile, um die Neuigkeit zu verdauen. »Wie unerwartet verständnisvoll von unserem Kanzler. Ich hatte angenommen, er würde ihren Hofstaat mit seinen Spionen besetzen, wenn er die Gelegenheit dazu bekommt.«
    »Das wird er auch«, sagte Meris. »Sobald er das Vertrauen der Kaiserin gewonnen hat. Er wird seine eigenen Leute einschleusen, und er wird dafür sorgen, dass sie sich einfügen und von ihren Seelenverwandten nicht zu unterscheiden sind.«
    Sie trat wieder an sein Bett und sah ihn an. »Was hast du erwartet? Dass Arnulf von Meerbergen einen offenen Staatsstreich wagt? Er versteht sich darauf, seine Intrigen zu spinnen und alle, die unter ihm stehen, mit eiserner Faust zu führen   – und sich zugleich nach oben hin kriecherisch einzuschmeicheln. Das hat er bei dem alten Kaiser gelernt, wo jeder Fehler und jeder Anflug von Hochmut gegenüber seinem Herrn tödlich gewesen wäre.«
    »Mich wundert nur«, erwiderte Dauras, »dass Arnulf das jetzt noch für nötig hält.«
    »Er hat schon einmal erlebt, wie rasch ihm die Macht entgleiten kann, wenn er die Gunst seines Herrschers verliert. Warum sollte er das riskieren? Mit der Kaiserin hinter ihm ist er unangreifbarer, so als wenn er allein an der Spitze stünde. Er muss nichts übereilen. Er wird Arudas Ängste schüren, gewiss. Es ist nützlich für ihn, wenn sie sich kaum aus ihren Gemächern wagt.
    Aber sie soll keine Angst vor ihm haben, denn solange sie sich in seiner Gegenwart sicher fühlt, kann er als ihr Retter und Beschützer auftreten   … und ganz allmählich in die Rolle schlüpfen, die du für ihn freigemacht hast. Zumindest wird er diese Rolle so lange spielen, wie es ihm einen Vorteil bringt.«
    »Wie kann sie ihn überhaupt in ihrer Gegenwart dulden?«, fragte Dauras. »Er hat mich vergiftet.«
    »Wie du gesagt hast«, sagte Meris. »Sie war allein, nachdem du gegangen warst.«
    Sie hatte ihm Brot und Schmalz ans Bett gebracht, und er kaute gehorsam jeden Bissen, den sie ihm anreichte.
    »Vergiftet   …«, fuhr sie fort. »Der Kanzler hat etwas anderes erzählt. Er hat dir einen Heiltrank gegeben, und du hast dein Augenlicht zurückgewonnen. Dafür gibt es Zeugen. Manche meinen, du bist im Überschwang der neu gewonnenen Sinne einfach davongelaufen und hast deine Pflichten vernachlässigt.«
    »Das ist doch Unsinn«, sagte Dauras.
    »Das mag sein«, erwiderte Meris. »Besser gesagt, ich sehe ja, dass du nicht weggelaufen bist. Aber er hat etwas mit deinen Augen angestellt. Früher hast du nicht geschrien und um dich geschlagen, wenn du sie aufgemacht hast.«
    »Er hat sie geheilt«, räumte Dauras ein. »Sofern man das Heilung nennen kann. Sobald ich die Lider öffne, geht ein Tosen durch meinen Kopf, das mir sämtliche Sinne lähmt. Wenn das euer Sehen ist, wundert es mich, wie ihr in diesem Chaos überhaupt etwas wahrnehmen könnt.«
    »Vielleicht ist es nur ungewohnt für dich«, sagte Meris. »Du bist geblendet, wie jemand, der zu lange im Dunkeln saß. Wie dem auch sei: Es wird

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