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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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müsste.«
    »Ich habe schon Leute auf der Straße gesehen«, antwortete Meris, »die so aussehen, als ließen sie ihren Schmuck oder ihre Kleidung von einem Blinden aussuchen. Damit fangen wir gar nicht erst an.«

12.2.963 – HOROME, UNTERSTADT
    H olzschwerter«, sagte Dauras. »Im Tempel üben die Kinder mit so was.« Er hielt den grob zurechtgeschnitzten Stock mit sichtbarem Abscheu in der Hand.
    »Ich gebe dir bestimmt keine scharfe Klinge in die Hand, solange du nicht klar sehen kannst«, gab Meris zurück.
    Sie standen in einer großen Halle ohne Dach. Die Wände waren geschwärzt vom Feuer. Der feuchte Boden aus gestampftem Lehm hatte Risse. Braune Pfützen schimmerten, wenn ein Lichtstrahl darauf fiel, und an manchen Stellen schoben sich Wurzeln und dunkles Gras aus dem Boden. Es gab viele dieser leeren Gebäude in der Stadt, hatte Meris erklärt. Dieses lag ziemlich abseits, und sie konnte mit Dauras hier den Schwertkampf üben.
    »Komm schon«, rief sie.
    Er nahm eine Grundstellung ein und kniff die Augen zusammen. Meris stand einfach nur da. Dauras hatte Mühe, ihr Schwert von ihrem braunen Lederwams zu unterscheiden.
    »Greif du mich an«, sagte er.
    »Wenn du nicht selbst angreifen kannst, bist du nur ein halber Kämpfer«, erwiderte sie.
    Dauras stieß vor. Er zielte zu kurz, und seine Holzklinge wischte durch die Luft. Meris setzte zu einem Konter an. Als sie sich bewegte, sah Dauras sie deutlicher. Er sprang zur Seite und parierte ihren Hieb.
    Eine Weile ging es hin und her   – Angriff, Parade, Konter und neuer Vorstoß. Schneller und schneller knallten die Stöcke aufeinander. Dauras blinzelte gegen den Sprühregen, der durch das offene Dach hereinfiel. Er zog das Tempo an.
    Meris wich zurück. Dauras rückte nach. Da stolperte erüber eine Wurzel und fiel der Länge nach hin. Meris setzte ihm die Klinge an den Kopf. »Getroffen!«, rief sie.
    Dauras wäre am liebsten einfach liegen geblieben.
    »Komm, weiter«, sagte Meris. »Keine Ausrede. So hart habe ich gar nicht zugeschlagen.«
    »Stimmt«, antwortete er. »Der Boden war härter. Können wir nicht woandershin? Im Tempel gab es eine vernünftige Halle. Mit glatten Dielen.«
    »Du kannst dir später auch nicht aussuchen, wo du kämpfst.«
    »Ich weiß.« Stöhnend kam Dauras auf die Beine. »Ich weiß.«
    »Komm schon. Das war doch nicht schlecht. Wir hatten gerade einen richtigen Zweikampf. Ich habe kaum mehr gemerkt, dass du Probleme mit den Augen hast.«
    »Du wurdest im Tempel ausgebildet«, sagte Dauras. »Ich habe deine Muster erkannt und mich darauf eingestellt. Kein Wunder, dass ich alles parieren konnte. Viel schlimmer ist, dass ich nicht mehr zustande bringe!«
    Dauras erinnerte sich an die Techniken, die er speziell gegen die Bilder des Tempels entwickelt hatte. Der Abt hatte recht gehabt, sie waren nutzlos. Obwohl man Meris ihre Ausbildung im Tempel noch anmerkte, war ihr Stil so unsauber geworden, dass seine Konter ins Leere gingen. Die gewöhnlichen Bilder waren geschmeidiger   – wenn er auf diese zurückgriff, hielt er ihr besser stand. Aber Meris kannte diese Kombinationen selbst gut genug, um ihrerseits alles zu parieren. So erreichten sie allenfalls ein Patt.
    Sie kreuzten erneut die Klingen. Dauras brach die Bilder und reagierte frei. Die Kämpfe wurden kürzer. Er bekam ihr Holzschwert gegen die Brust, an den Kopf, an die Schulter. Als Meris ihm die Klinge auf die Finger hieb, verlor er seine Waffe. Die Hand war wie gelähmt. Er fluchte und schütteltesie, bis er wieder damit greifen konnte. Dann holte er Luft und kämpfte weiter.
    Kurz darauf erwischte er Meris mit dem Holzschwert am Kopf. Sie sackte zusammen und stöhnte. Dauras sah das Rot an ihren Haaren. Er eilte zu ihr.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er. »Ich   … Ich habe mich verschätzt.«
    »Geht schon«, sagte sie. »Ich weiß, warum ich dir kein Schwert aus Stahl in die Hand gebe.«
    »Im Tempel«, sagte Dauras, »war die Kontrolle wichtig. Wer seine Waffe nicht beherrscht, der ist nicht bereit zum Kampf   – und zur Beherrschung der Waffe gehört, dass man bei der Übung den Schlag rechtzeitig anhalten kann.«
    »Löblich«, befand Meris. »Doch im Ernstfall kommt man mit weniger aus. Ich würde sagen, du hast ein Drittel unserer Kämpfe gewonnen. Das ist ein Fortschritt.«
    Sie hockte immer noch am Boden und hielt sich den Kopf. »Für heute ist es genug«, sagte sie.
    Sie packten die Übungsschwerter ein. Dauras half Meris, die Platzwunde an der

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