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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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Gegners, das massige Ross, den stahlgepanzerten Schemen des Ritters. Lacan richtete sich in den Steigbügeln. Er würde seine größere Beweglichkeit nutzen. Er hob seine Lanze. Sein Gegner folgte der Bewegung mit dem Schild. Die Lanzenspitzen zitterten. Lacan spürte jeden Hufschlag im Magen.
    Kurz vor dem Aufprall zog er die Lanze hoch und lenkte sein Pferd zur Seite. Sein Stoß verfehlte den Kopf seines Gegners, aber auch der verriss den Stoß. Lacan duckte sich, und beide Kämpfer galoppierten bis zum Ende der Bahn, ohne dass ihre Waffen einander berührt hätten.
    Der Herold erkannte auf Unentschieden.
    Lacan ritt an seinen Platz zurück, und Sobrun nahm seinen Helm entgegen.
    »Ihr habt gar nicht versucht, ihn zu treffen, Herr«, sagte er vorwurfsvoll.
    Lacan wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Hat man das so deutlich gemerkt?« Er fragte sich, warum er dabei an Nessa dachte.
    »Wenn man so nah dran ist wie ich«, erwiderte Sobrun knurrig. »Und sich mit Waffen auskennt.«
    »Ich habe genug.« Lacan stieg ab. »Ich bin einfach nicht für ein Turnier gerüstet.«
    »Wollt Ihr den Gecken das Feld überlassen?«, wandte Sobrun ein. »Solche Männer haben wir auf dem Sternenstein kennengelernt. Die haben nicht einmal eine Dekade auf dem Feld durchgehalten!«
    Lacan streckte die Arme vor und ließ sich die Metallschienen abnehmen. »Beim nächsten Mal nehme ich einen Knappen mit«, sagte er. »Einen Knaben mit ritterlicher Ausbildung, der ein wenig mehr Respekt zeigt.«
    »Dann seht zu, dass Ihr einen findet, der jünger ist als Ihr«, sagte Sobrun. »Wollt Ihr das Kettenhemd ablegen?«
    Lacan erinnerte sich an das Banner, dass er zusammengeknüllt darunter trug. »Um Gottes willen, lass es. Ich hoffe nur, es fordert mich keiner mehr.«
    Acht Kämpfe hatte er an diesem Vormittag bereits bestanden. Er hätte gern daran geglaubt, dass die Herausforderer den Kampf suchten, weil sie sich mit dem Sohn des Arnulf von Meerbergen messen wollten   – nicht, weil sie seinen Vater hassten und den Sohn deswegen gern einmal verprügeln wollten.
    Er ließ den Blick über die Zuschauer schweifen. Die Sitzreihen waren gut besetzt, und selbst der einfachste Besucher trug bunte Gewänder. Viele waren aufwendig kostümiert, sodass sie in einen Ballsaal gepasst hätten, zu Rittern, zu Fürsten oder gar zu fremdländischen Königen. Manche trugen handfestere Verkleidungen. Es gab Harlekine und verschiedene Tiere, schrille Farben und bizarre Formen. Auf einer gemauerten Empore an der Südwand saßen die Würdenträger der Stadt. Irgendwo dort war Nessa an der Seite ihres Gastgebers. Lacan suchte nach der Farbe ihres Kleides, doch sie ging unter im Gepränge der Großen.
    Sein Blick glitt über die Patrizier, die Vertreter der Zünfte   … und erst allmählich wurde ihm bewusst, dass er nach der Metropolitin Ausschau hielt. Er entdeckte ihren Platz, einen Sessel in der Mitte der Würdenträger, mit einer geschnitzten Lehne, die an einen Thron denken ließ. Der Sitz war leer.
    Vor seinem Lanzengang hatte die Äbtissin Mirkvis dort noch gesessen, und nun war sie verschwunden. Unwillkürlich musste Lacan an seinen Vater denken, und er fragte sich, ob die Äbtissin Mirkvis sich das Turnier ausgesucht hatte, um ihren geheimen Verbündeten zu treffen.
    Die Straßen von Meerbergen waren jetzt, zur Zeit des Turniers, ungewohnt leer. Es fühlte sich beinahe unwirklich an nach dem Gedränge in den beiden letzten Tagen. Doch Valdar genoss es, durch die ruhigen Gassen zu streifen und die Stadt zu erkunden. Ein paar Augenblicke, um nachzudenken und um einen klaren Kopf zu bekommen   …
    Meerbergen war die größte Metropole in diesem Teil des Reiches. Südlandhaven dagegen, der Stützpunkt der Reichsflotte, glich mehr einem Heerlager.
    Seit Jahrzehnten träumte Valdar von einem Besuch in der Hauptstadt Horome. Doch in Wahrheit war ihm Meerbergen schon zu viel. Nach dem Festtagstrubel zog es ihn wieder aufs Land zurück, und er fühlte sich auf den abgelegenen Gütern der Galdingens besser aufgehoben. Daher hatte er die Reise immer wieder aufgeschoben.
    Womöglich war es gut so, wenn eine Reise in die Hauptstadt ein bloßer Traum blieb. Die großen Bibliotheken, Gespräche mit den großen Gelehrten der hermetischen Wissenschaften   – das waren Gedanken, an denen er sich erfreuen konnte   … aber nur, solange die Wirklichkeit ihn nicht enttäuschte und alle schönen Bilder auslöschte.
    Valdar lief eine endlose hölzerne Wand entlang.

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