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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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habe der Welt jede Möglichkeit gegeben, mir das Gegenteil zu beweisen. Noch hat sie es nicht geschafft. Trotzdem ist der Tempel dem Weg untreu geworden, denn obwohl sie von meiner Stärke gehört haben müssen, haben sie es niemals anerkannt. Und wenn der Tempel des Schwertes nicht mehr die Stätte ist, wo man der Vollkommenheit im Kampfe huldigt, was für einen Sinn hat dieser Ort dann noch?
    Wie könnte ich dorthin zurückkehren, solange die Mönche nicht sehen ?«
    Vor ihnen drang ein winziges Licht durch die Zweige. Aruda hielt inne.
    »Da ist etwas«, flüsterte sie.
    »Wo?«, fragte Dauras.
    Aruda führte seine Hand, bis die auf das Licht wies.
    »Das ist die Hütte der Brüder Boret«, erklärte Dauras. »Sie steht ein Stück vom Fluss entfernt. Diese beiden Fischer kennt man in der Gegend. Sie sind dumm, und sie bleiben für sich   – also genau die richtigen, um uns unauffällig auf die andere Seite zu bringen.«
    Er hatte sein Schwert an einen langen Stecken gebunden und wickelte nun seinen schäbigen alten Mantel so darum, dass die Waffe verhüllt war. Zuletzt band er den Rest seiner Habseligkeiten daran und schnürte auf diese Weise ein Reisebündel. Aruda sollte den Enkel des Holzhändlers spielen und das Bündel an der Stange auf die Schulter nehmen. Dauras trug die Kiepe über einem uralten Kittel und dazu eine Gugelhaube, die mit Schimmelflecken übersät war. Er hatte sie bei dem Pferdehändler entdeckt und als Teil seiner Verkleidung mitgenommen.
    Kaum hatte er sich den modrigen Filz auf den Kopf gesetzt, da hüllte der Gestank ihn ein wie eine Wolke, die er fühlen konnte.
    Aruda schleppte schwer an dem Bündel. Auf dem kurzen Stück bis zur Anlegestelle des Bootes wechselte sie es dreimalvon einer Schulter auf die andere. Sie hörten raue Stimmen. Holz knarrte, Taue knirschten. Die Brüder Boret machten ihr Boot fertig.
    Die Straße verlief an dem schilfbestandenen Ufer entlang. Eine Böschung führte hinab zum Wasser. Die Brüder hatten ein paar Pfähle in den Schlamm getrieben, die als Stufen und Tritte bis zum Anleger reichten. Dieser war nichts weiter als ein Baumstumpf mit ein paar Aststummeln, an denen sich das Boot festmachen ließ. Wenn man nicht wusste, wo es lag, war es durch das Schilf und die Weidensträucher am Straßenrand vor neugierigen Blicken geschützt.
    Dauras stieg hinab und zog Aruda hinter sich her über das schlüpfrige Ufer. Auf dem ersten Pflock blieb er stehen. Die beiden Brüder hielten inne. Dauras spürte, wie sie den Neuankömmlingen das Gesicht zuwandten. Er spürte die feine Wärmequelle bei ihren Köpfen, vermutlich eine Öllampe, die am Mast ihres Bootes hing. Es waren vierschrötige Gesellen in löchrigen Hemden, mit bloßen Füßen und in Hosen, die ausgefranst am Knie endeten. Dauras nahm ihren Geruch wahr, der zu dem Moder und der gärenden Fäulnis passte, die vom Morast und   – er musste es zugeben   – auch von seiner Kopfbedeckung aufstieg.
    »Hallo, ihr guten Herren.« Er ließ seine Stimme dünn klingen. »Könnt ihr einen alten Mann und seinen lieben Enkel über den Fluss setzen, an diesem schönen frischen Morgen?«
    »Wer bist du denn?«, fragte der vorderste der Fischer, der »kleine Boret«, wie alle hier ihn nannten, obwohl er inzwischen erwachsen war, nur etwas jünger als sein Bruder.
    »Kennst du mich nicht?«, fragte Dauras. »Ich bin doch der Vater vom Schäfers Borst aus Wolfrieden.«
    »Von dem hab ich gehört«, meinte der große Boret. »Wusste gar nicht, dass der arme Schwanz ’nen Vater hat.«
    Die beiden lachten.
    »Bitte, die Herren Boret«, wimmerte Dauras. Am Rande seiner Sinne bekam er mit, dass die Prinzessin das Bündel abgelegt hatte und sein Schwert und seine Kleidung langsam im Uferschlamm versanken, während sie sich auf den Stecken stützte. Seine Stimme überschlug sich ein wenig und ließ ihn womöglich noch mitleiderregender klingen. »Ich zahl euch drei Pfennig für die Überfahrt. Hab gehört, drüben auf der anderen Seite gibt’s weniger Wälder, und da zahlen sie glatt das Doppelte für meine Kiepe.«
    »Klar du, Alter«, sagte der kleine Boret. »Geh nach Undervilz. Da gibt’s ’n Fährmann.«
    »Aber da laufe ich einen halben Tag Umweg!«, sagte Dauras. »Und mein junger Enkel ist auch noch keine große Hilfe. Muss ihm das Geschäft erst zeigen, wisst ihr, Herren.«
    Der große Boret spuckte aus. »Klar. ’n kompliziertes Gewerbe, Brennholz sammeln. Muss so ’n Borstel lang für lernen.«
    Sein Bruder

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