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Das Schwert in Der Stille

Das Schwert in Der Stille

Titel: Das Schwert in Der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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klar, dass ich bei irgendwelchen Unruhen nicht zögern werde, sie Abe zur Bestrafung auszuliefern. Ich fürchte einen vorzeitigen Aufstand. Jetzt sind wir unserem Ziel so nah.« Es war ein Ziel, an dem ich unbeirrbar festhielt. Ich verschwendete keinen weiteren Gedanken an Kenjis Erklärung, dass der Stamm mich beanspruchen würde. Ich konzentrierte mich nur auf Iida Sadamu in seinem Unterschlupf in Inuyama. Ich würde über den Nachtigallenboden zu ihm gelangen. Und ich würde ihn töten. Selbst der Gedanke an Kaede diente nur dazu, meinen Entschluss zu festigen. Ich brauchte kein Ichiro zu sein, um mir auszurechnen, dass Kaede frei wäre, mich zu heiraten, wenn Iida vor ihrer Hochzeit mit Shigeru starb.

KAPITEL 9

    Früh am Morgen wurden wir geweckt, und kurz nach Tagesanbruch waren wir auf der Straße. Der Tag war nicht so klar wie der gestrige, die Luft schwer und stickig. Wolken hatten sich in der Nacht gebildet und Regen drohte.
    Den Leuten war untersagt worden, sich in den Straßen zu versammeln, und die Tohan setzten das Verbot mit ihren Schwertern durch. Sie erstachen einen Straßenkehrer, der es wagte, stehen zu bleiben und unseren Zug anzuschauen, und schlugen eine alte Frau tot, die nicht rechtzeitig aus dem Weg ging.
    Die Damen wurden in Sänften getragen; ich sah also nichts von Kaede, bis wir für unser Mittagsmahl anhielten. Ich redete nicht mit ihr, aber ihr Aussehen erschreckte mich. Sie war sehr blass, ihre Haut wirkte durchsichtig, und um die Augen hatte sie dunkle Ringe. Mein Herz verkrampfte sich. Je schwächer sie wurde, umso hoffnungsloser erschien mir meine Liebe zu ihr.
    Shigeru machte sich Sorgen wegen ihrer Blässe und sprach mit Shizuka über sie. Shizuka antwortete, Kaede leide unter dem Schaukeln der Sänfte - mehr sei es nicht -, doch sie schaute mehrmals schnell zu mir herüber, und ich glaubte ihre Botschaft zu verstehen.
    Wir waren eine stille Gruppe, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Die Männer waren angespannt und gereizt. Alle litten unter der Hitze. Nur Shigeru wirkte unbeschwert; er unterhielt sich so leicht und sorglos, als werde er wirklich bald eine ersehnte Hochzeit feiern. Ich wusste, dass die Tohan ihn deshalb verachteten, aber ich hielt es für das Mutigste, was ich je gesehen hatte.
    Je weiter wir in den Osten kamen, umso weniger Sturmschäden sahen wir. Als wir uns der Hauptstadt näherten, wurden die Straßen besser, und jeden Tag legten wir mehr Meilen zurück. Am Nachmittag des fünften Tages erreichten wir Inuyama.
    Iida hatte diese östliche Stadt nach seinem Erfolg in Yaegahara zur Hauptstadt gemacht und damals mit dem Bau des mächtigen Schlosses begonnen. Mit seinen schwarzen Mauern und seinen weißen Zinnen beherrschte es die Stadt; die Dächer sahen aus, als seien sie wie Tücher in die Luft geworfen worden. Während wir darauf zuritten, musterte ich die Befestigungen, schätzte die Höhe der Tore und der Mauern, schaute nach Vorsprüngen aus… hier werde ich mich unsichtbar machen, hier brauche ich Haken…
    Ich hatte mir nicht vorgestellt, dass die Stadt so groß sein würde, dass so viele Krieger im Schloss Wache hielten und nahebei wohnten.
    Abe zügelte sein Pferd und ritt jetzt neben mir. Ich war eine bevorzugte Zielscheibe für seine Witze und seinen rüpelhaften Humor geworden. »So sieht Macht aus, Junge. Die bekommt man als Krieger. Dagegen wirkt deine Arbeit mit dem Pinsel ziemlich schwach, wie?«
    Mich kümmerte nicht, was Abe von mir dachte, solange er die Wahrheit nicht vermutete. »Es ist das eindrucksvollste Schloss, das ich je gesehen habe, Lord Abe. Ich wollte, ich könnte es näher betrachten mit seiner Architektur, seinen Kunstwerken.«
    »Das lässt sich bestimmt machen.« Jetzt, da er wieder sicher in seiner eigenen Stadt war, fiel es ihm leicht, gönnerhaft zu sein.
    »Sesshus Name ist uns immer noch ein Begriff«, bemerkte ich, »während die Krieger seiner Zeit alle vergessen sind.«
    Er brach in Gelächter aus. »Aber du bist nicht Sesshu, stimmt’s?«
    Seine Verachtung trieb mir das Blut ins Gesicht, doch ich gab ihm demütig Recht. Er wusste nichts über mich - das war mein einziger Trost.
    Wir wurden zu einem Gästehaus in der Nähe des Schlossgrabens geleitet. Es war geräumig und schön. Alles deutete daraufhin, dass Iida sich für die Hochzeit und für das Bündnis mit den Otori einsetzte. An der Aufmerksamkeit und den Ehrenbezeigungen für Shigeru war jedenfalls nichts auszusetzen. Die Damen wurden zum Schloss

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