Das Schwert - Thriller
sie davon ab. Das Risiko war zu groß.
Als Dschamila sich abwenden wollte, um das Zimmer zu verlassen, schaute Jack zu ihr auf.
»Ich habe gesehen, wie Menschen in Stücke gerissen wurden. Zerschmetterte Glieder, Körper ohne Kopf, Köpfe ohne Körper. Ich dachte, ich wäre immun dagegen ...«
»Ich würde dich verachten, wenn es dich nicht berührt hätte. Niemand sollte sehen müssen, was du eben gesehen hast. Für mich war es schwer zu ertragen, und sie ist nicht meine Tochter. Ruh dich aus, Jack. Spar deine Kräfte für später.«
Vater Joseph wartete im Flur auf sie.
»Joseph, wir brauchen ein Quartier, in dem wir sicher sind. Irgendwo, nur nicht bei dir. Unsere Anwesenheit bringt dich und deine Familie in Gefahr. Du hast gesehen, wozu diese Leute fähig sind, von welchem Schlag dieser Mann ist. Weißt du einen Platz, der in Frage kommt?«
Nebeneinander gingen sie die Treppe hinunter.
»Du hast recht«, meinte er. »Ihr könnt nicht hierbleiben. Ich muss an Schadia und die Kinder denken. Aber ich will dich und Jack nicht auf die Straße setzen. Sie haben ihreSpitzel in Schubra al-Chaima. Man redet von dem Bruder dieses Mannes. Mohammed al-Masri. Man nennt seine Gruppe Ahl al-Dschanna: die Kinder des Paradieses.«
Er schwieg einen kurzen Moment.
»Dschamila, ich glaube nicht, dass er sich mit dem Status eines Kalifen zufriedengeben wird. Ich fürchte, er hat vor, sich selbst zum neuen Propheten auszurufen. Der Prophet der Letzten Tage. Er braucht das Schwert, um seinen Anspruch zu untermauern. Wenn es ihm gelingt, werden sie sich um ihn scharen wie Bienen um die Königin.
Was dich und Jack angeht, unter der Kirche gibt es eine Krypta. Einige Särge stehen darin, aber nicht viele. Ich kann sie abdecken. Den Zugang kann man verbergen. Dein Vater hat es so eingerichtet: Der Mob hat eine Vorliebe dafür, Grabstätten zu entweihen. Ihr könnt euch da unten einrichten, bis die Sache ausgestanden ist.«
Sie ergriff seine Hand.
»Vielen Dank, Vater. Draußen würden wir nicht lange überleben. Vielleicht kannst du uns später hinbringen. Doch erst muss ich noch einmal in dein Büro.«
»Warum?«
»Um mir das Band bis zu Ende anzusehen. Raschid will Naomi gegen das Schwert eintauschen. Dazu muss er uns das Wo, Wie und Wann mitteilen.«
Als sie zurückkam, hatte Jack sich fast vollständig erholt, auch wenn er stiller wirkte, als sie ihn bisher erlebt hatte. Sie erzählte ihm von Vater Josephs Angebot. Er nickte nur wortlos, als wäre es ihm egal, ob sie ein Refugium gefunden hatten oder nicht.
»Noch eins«, fuhr sie fort. »Ich habe mir den Rest des Films angesehen. Raschid will, dass du mit dem Schwert in den Zoo kommst. Du sollst den Eingang an der Charles-de-Gaulle benutzen, bei der französischen Botschaft, undvon dort zum Nilpferdteich gehen, der gleich dahinter liegt.«
»Ich weiß. Ich bin früher oft mit Naomi hingegangen.«
»Er will, dass du das Schwert in einer Tasche am Fuß der eisernen Brücke über den See deponierst.«
»Wann? Heute?«
»Nein. Morgen Mittag.«
»Weshalb erst dann?«
»Ich weiß nicht. Er sagt, du wirst einen Briefumschlag am Brückenaufgang befestigt finden, mit den Angaben, wo Naomi auf dich wartet. Du sollst den Umschlag nehmen und dafür das Schwert und Saids Brief hinterlegen. Du hättest nichts zu befürchten. Sagt er.«
»Und das glaubst du?«
Dschamila schüttelte den Kopf.
»Trotzdem muss ich hingehen«, sagte Jack. »Du verstehst das, nicht wahr?«
»Ich würde mich an deiner Stelle genauso entscheiden. Naomi ist deine Tochter. Als Vater hast du die Pflicht, sie zu schützen.«
»Aber ich kann ihr nicht mehr helfen, wenn sie auch mich gefangen nehmen. Oder töten.«
»Ich könnte an deiner Stelle gehen.«
Er zögerte.
»Nein, vielleicht kennt man dich inzwischen. Sie werden überall Beobachter postiert haben.«
»Und Darsch? Er hat seine Sache heute wirklich gut gemacht.«
»Zu gefährlich. Schon heute sind wir nur knapp entkommen. Es muss eine andere Möglichkeit geben.«
Es klopfte an der Tür, Vater Joseph kam herein.
»Ich wollte nachschauen, wie es Jack geht. Und fragen, was noch auf dem Video zu sehen war.«
»Setzen Sie sich hin, Vater«, sagte Jack. »Vielleicht könnenSie uns helfen, einen Ausweg aus unserem Dilemma zu finden.«
Dschamila erklärte ihm, worum es ging.
Der Priester lauschte aufmerksam. Er schaute Jack an, dann wieder Dschamila.
»Keiner von euch darf gehen«, sagte er. »Ihr müsst sie verwirren. Morgen wird der Zoo
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