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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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jüngere der beiden Männer hatte seine Beine auf den flachen Tisch gelegt. Eine ausgebreitete Pergamentrolle bedeckte seine Oberschenkel. Der ältere hatte die Beine ebenfalls ausgestreckt, sodass sich die Fersen seiner Stiefel in die Teppiche gruben, mit denen das gesamte Zelt ausgelegt war. Getrockneter Schlamm hing an seinen Sohlen. Beide Männer trugen Kleidung aus Leder und fein gesponnener Wolle.
    »Komm rein«, sagte der ältere. Er hatte eine raue, befehlsgewohnte Stimme.
    »Meine Füße sind dreckig.«
    Die beiden Männer sahen sich an. Der jüngere grinste, der ältere lachte. »Alles in diesen Scheißbergen ist dreckig. Komm rein und setz dich.«
    Ich ging zu einem Schemel, der vor dem Tisch stand. Es sah aus, als hätte man ihn für genau diese Gelegenheit dort hingestellt. Ich setzte mich und legte die Hände auf die Oberschenkel. Die Männer musterten mich. Ich senkte den Kopf.
    »Mein Name ist Richard«, sagte der ältere. Seinen Begleiter stellte er nicht vor.
    »Madlen.«
    »Wie?«
    Ich sprach lauter, ohne den Blick zu heben. »Madlen, Herr.«
    »Woher kommst du, Madlen?«
    »Winetre.«
    »Wo, zur Hölle, ist das?«
    »Eine Tagesreise von Köln entfernt, Herr.«
    Der jüngere Mann pfiff durch die Zähne. Er hatte ein weiches, freundliches Gesicht, aber seine Augen waren die eines Falken.
    »Dann hast du diesen Blödsinn ja von Anfang an mitgemacht.« Richard griff nach einem der beiden Kelche, die auf dem Tisch standen, trank jedoch nicht daraus, sondern stellte ihn auf der Armlehne seines Stuhls ab.
    Ich schluckte meinen Ärger hinunter. »Ich weiß nicht, was Ihr meint, Herr.«
    »Natürlich weißt du das. Begreifst du eigentlich, was euer so genannter Kreuzzug angerichtet hat? Felder liegen brach, ganze Dörfer sind wie ausgestorben …«
    Ich ließ die Worte an mir vorbeiziehen. Dutzende Male hatte ich sie gehört, von Landjunkern, Stadträten und Priestern. Sie berührten mich nicht mehr.
    »Es reicht, Richard«, sagte der jüngere Mann mit sanfter Stimme. Mir wurde auf einmal klar, dass sie wie Lukas und Nico laus waren, damals, als alles begann. Nicht Richard führte das Kommando, sondern der andere.
    Er rollte die Schriftrolle, die auf seinen Schenkeln lag, zusammen. »Erzähl uns von deiner Reise.«
    »Was wollt Ihr hören, Herr?«
    »Alles.«
    Ich räusperte mich.
    Der Jüngere schob mir seinen Weinkelch mit dem Fuß zu. »Lass nichts aus.«
    Ich ließ vieles aus – Diego, das Bankett in Speyer, das Feuer im Kloster. Als ich von den Soldaten am Pass berichtete, warfen sich die beiden Männer einen kurzen Blick zu.
    »Was für Soldaten?«, fragte Richard.
    »Einer der Dorfbewohner sagte, es seien …«, ich versuchte mich an den Namen zu erinnern, den er genannt hatte, »… Ottos Männer?«
    »Ich wusste es.« Richard schlug mit der Faust auf die Armlehne, dass Wein aus seinem Kelch schwappte und auf den Teppich tropfte. »Von Anfang an habe ich gesagt: ›Majestät, lasst uns den Brenner nehmen!‹ Aber nein, Ihr wolltet ja unbedingt über den …« Er ließ den Satz unvollendet.
    Der jüngere Mann sah ihn an. Seine Mundwinkel zuckten, als würde er sich ein Lachen verbeißen.
    »Ach, Scheiße«, sagte Richard.
    Ich hob den Kopf. Gesprächsfetzen tauchten in meinen Gedanken auf, Geschichten, die Gottfried am Lagerfeuer über die beiden feindlichen Könige erzählt hatte, die um das Heilige Römische Reich stritten. Otto, der Welfe, und Friedrich, der in Italien darauf lauerte, zurückkehren zu können.
    Ich rutschte von meinem Schemel, fiel auf die Knie und neigte den Kopf. »Mein König.«
    »Noch nicht.« Ich hörte das Lächeln in Friedrichs Stimme. »Außer du lebst in Sizilien.«
    »Es tut mir leid, Majestät«, sagte Richard. »Ich habe schneller geredet, als ich denken kann.«
    »Du hast keinen Schaden angerichtet.« Der König wandte sich an mich. »Mein General möchte unsere Reise geheim halten, aber da Ottos Soldaten bereits den Pass blockieren, können wir wohl davon ausgehen, dass die Katze aus dem Sack ist. Also setz dich wieder, Madlen, und sag mir, was ihr mit den Soldaten gemacht habt.«
    »Ja, Majestät.« Ich konnte kaum sprechen. Vor mir saß ein König. Ich wollte einen Schluck Wein aus dem Kelch trinken, den er mir zugeschoben hatte, aber als ich sah, wie sehr meine Hände zitterten, legte ich sie lieber in den Schoß. Leiser und bedachter als zuvor fuhr ich fort, erzählte von dem Kampf und unserem Sieg.
    »Sie sind vor euch geflohen?« Friedrich

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