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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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und zu meinen Söhnen.
    Fast zwei Wochen vergingen, bis wir die Dächer Modenas in der Ferne sahen. Am Stadttor verabschiedeten sich die Soldaten von mir. Friedrich hatte ihnen befohlen, an den Gotthardpass zurückzukehren und mit einigen anderen, die dort geblieben waren, eine provisorische Brücke zu errichten. Er hoffte, dass Ottos Soldaten seine Abwesenheit nicht bemerkten und den Brennerpass unbewacht ließen. So hatte ich den Plan zumindest verstanden.
    Ich wünschte ihm Glück.
    Die Stadtwache beschrieb mir den Weg zum Palast. Sie gestikulierten und wiederholten ihre Anweisungen so lange, bis ich sie schließlich verstand.
    Ich stieg vom Pferd und führte es durch die schmalen Gassen, vorbei an Häusern aus braunroten Ziegeln mit kleinen Fenstern und schmalen Türen. Ich fand einen Mietstall und stellte das Pferd dort unter. Der Mann, der ihn leitete, warf mir einen seltsamen Blick zu, sagte aber nichts. In Modena war es wohl ebenso unüblich, eine Frau allein zu sehen, wie in Bonn oder Bern.
    Ich dankte ihm mit ein paar holpernden Worten, dann betrat ich wieder die Gassen. Zu Fuß fiel ich weniger auf.
    Überall wurde geredet, gefeilscht, gehandelt. Über den Dächern sah ich die Spitze einer Kirche. Dorthin hatte mich die Stadt wache geschickt.
    Die Gasse endete in einem großen Platz, auf dem sich Marktstände aneinanderreihten. Hinter ihnen ragte, von Gerüsten umgeben, die halbfertige Kirche empor. Es war eine der schönsten, die ich je gesehen habe. Ihr heller Stein schien in der Sonne zu leuchten. Steinmetze, Schmiede und Schreiner arbeiteten in offenen Werkstätten neben ihrem Eingang, und Arbeiter liefen wie Katzen über die Gerüste.
    Ich wandte mich nach rechts, schob mich durch die Menge aus Marktschreiern, Gauklern und Stadtbewohnern. Zwei Männer in bunter Kleidung spielten auf einer Klampfe und sangen mit verstellten Stimmen ein Lied. Die Menge lachte bei jeder Strophe. Ich machte einen Bogen um sie. Eine Hand legte ich auf den Geldbeutel an meinem Gürtel, mit der anderen presste ich die Pergamentrolle gegen die Brust. Sergio hatte mich vor Dieben gewarnt.
    Der Palast war fast so groß wie die Kirche, aber nicht so hoch. Sein Eingang befand sich in einem von Soldaten bewachten Uhrenturm. Fahnen hingen von seinen Dächern, bewegten sich träge im Wind. Es war heiß.
    Einige Schritte vor dem Eingang stand ein großes steinernes Gebilde. Es erinnerte mich an ein Rednerpult, so wie man es in manchen Kirchen sieht. Eisenringe hingen daran. Zwei Männer wuschen es mit nassen Lappen ab. Das Wasser, das zu Boden tropfte, bildete rote Pfützen. Offenbar war es mit Blut vermischt.
    Was für ein merkwürdiger Pranger, dachte ich.
    Die Soldaten vor dem Eingang kreuzten ihre Lanzen, als ich auf sie zuging. Einer sagte etwas, das ich nicht verstand. Wortlos hielt ich ihnen die Pergamentrolle entgegen, zeigte auf das rote Wachssiegel. »Il Papa. Prego.«
    Einer der Soldaten warf einen kurzen Blick darauf, dann drehte er sich um und verschwand im Gang hinter der offenen Tür. Sein Kamerad blieb stehen und musterte mich aus dunklen Augen. Ich fühlte mich unwohl unter seinem Blick.
    Die Sonne brannte auf meinen Rücken, Schweiß stand mir auf der Stirn. Ich wusste nicht, ob ich mehr Angst davor hatte, weggeschickt oder eingelassen zu werden. Hinter mir beendeten die beiden Sänger ihr Lied. Die Menge johlte und applaudierte.
    Nur wenig später tauchte der Soldat wieder im Eingang auf. Ein Priester begleitete ihn, die Pergamentrolle in einer Hand, mit der er rhythmisch gegen seinen Oberschenkel schlug. Ich sah, dass das Siegel gebrochen war.
    »Bist du Madlen?«, fragte der Priester auf Deutsch.
    Ich nickte.
    »Du hast Glück. Die Audienzen für den Tag haben gerade erst begonnen.«
    Sein Gewand wehte hinter ihm her, als er mich durch im Halbdunkel liegende lange Gänge führte. Der Boden war aus Marmor, die Fenster verbargen sich hinter geschlossenen Kippläden. Vor jeder Tür stand ein Soldat.
    Zwei Treppen gingen wir hinauf, dann Gänge voller Wand teppiche und Porträts entlang, bis der Priester schließlich vor einer zweiflügligen Holztür stehen blieb. Ein Flügel stand offen. Dahinter lag ein weiterer Gang, von Sonnenstrahlen erhellt. An den Fenstern gab es keine Läden, die Wände waren kahl.
    Rund zwei Dutzend Menschen warteten dort. Die meisten saßen auf dem Steinboden, ein paar gingen auf und ab. Ein ungeheuer dicker, gut gekleideter Mann hatte sich einen Hocker mitgebracht, der unter seinem Gewicht

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