Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)
teilte den Raum. Ich sah Schatten dahinter, ob von Menschen oder Möbelstücken, konnte ich nicht erkennen.
Der Mann, der vor mir auf einem mit Holzschnitzereien verzierten Stuhl saß, war nicht der Papst. Er war kaum älter als ich, schlank und blond. Sein Gewand wirkte schlicht, aber ich sah, dass es aus Seide war. Eine scharlachrote, samtene Mozetta bedeckte seine Schultern, und er trug ein großes, goldenes Kreuz an einer ebenfalls goldenen Kette. Vor ihm stand eine gepolsterte knöchelhohe Bank. Dort knieten die Bittsteller wohl, wenn Innozenz sie persönlich empfing.
»Gib mir die Pergamentrolle«, sagte der Priester und streckte ungeduldig die Hand aus. Ringe funkelten an seinen Fingern. Die Steine, die in sie eingelassen waren, sahen aus, wie ich mir Edelsteine vorstellte.
Ich nahm allen Mut zusammen. »Ihr seid nicht der Papst.«
»Nein, das bin ich nicht.« Ärger huschte flüchtig über sein Gesicht. »Mein Name ist Maurizio Kardinal de Soveno, Berater und Vertrauter von Papst Innozenz dem Dritten. Entweder sprichst du mit mir oder mit niemandem.«
Die Zurechtweisung war hart und erschien mir unangebracht. Ich schluckte eine Entgegnung hinunter und reichte ihm das Perga ment.
Er rollte es auseinander. Sein Blick glitt darüber, er verzog die Lippen, dass sie einen schmalen Strich bildeten, und begann von vorn zu lesen.
»Du hast meine Erlaubnis zu knien, Weib«, sagte er nach e inem Moment.
Wortlos kniete ich auf der schmalen Bank nieder. Ich hörte, wie eine Tür im abgetrennten Teil des Raums geöffnet wurde und eine Stimme flüsterte. Durchzug bauschte den Vorhang auf und ließ ihn wieder in sich zusammenfallen, als die Tür geschlossen wurde.
Der Kardinal hob kurz den Blick, kehrte aber fast sofort wieder zu dem Pergament zurück.
»Weißt du eigentlich, was darin steht, Weib?«, fragte er nach einer Weile. »Hat man dir das Schriftstück vorgelesen?«
»Nein, Herr, der König sagte nur, es würde dafür sorgen, dass man mich zu Seiner Heiligkeit vorlässt. Ich wollte ihn bitten, das Kreuzfahrergelübde von uns allen zu nehmen.«
»Dafür gibt es keinen Grund.« Der Kardinal schüttelte den Kopf. »Euer Kreuzzug hat nie existiert.«
»Aber wir haben das Gelübde abgelegt.«
»Nur Seine Heiligkeit kann einen Kreuzzug ausrufen, nicht ein dahergelaufener Bauernlümmel. Wo kämen wir hin, wenn jeder durch die Welt stolzieren würde, wie es ihm gerade gefällt!« Der Ärger auf seinem Gesicht war nicht mehr zu übersehen. »Seine Heiligkeit verurteilt euer Vorhaben. Alle Klöster und Diözesen wurden angewiesen, euch keine Unterstützung zu gewähren. Ihr gehört auf das Feld, nicht ins Heilige Land.«
»Wir gehören an den Ort, an dem uns der Herr haben will.« Ich dachte an all das, was wir erlitten hatten, an das, was Konrad und Hugo vielleicht in diesem Augenblick durchmachten. »Ich hatte gehofft, der Engel würde uns zu diesem Ort führen, aber nun glaube ich, dass wir fehlgeleitet wurden. Deshalb bin ich hier und nicht, weil es mir gefiel, durch die Welt zu stolzieren, wie Ihr es nennt.«
Der Kardinal setzte zu einer erbosten Antwort an, aber ein Räuspern von der anderen Seite des Vorhangs kam ihm zuvor. Er stand auf, trat dicht an den Vorhang und lauschte einen Moment, dann hielt er das Pergament hoch, sodass ich seinen Mund nicht sehen konnte, und antwortete.
Ich versuchte einen Blick auf die Gestalt hinter dem Vorhang zu erhaschen, sah aber nur einen Schatten. Trotzdem nahm ich an, dass es der Papst selbst war, der dort stand. Ich war wohl zu unbedeutend für eine Audienz.
Schließlich nickte der Kardinal. »Zurück zu den Wünschen von König Friedrich«, sagte er, während er zu seinem Stuhl zurückkehrte und sich wieder setzte. »Er schreibt, Seine Heiligkeit möge euch eine Amnestie erteilen, euch also von all den Verbrechen freisprechen, die ihr vor und während eures Unterfangens begangen habt. Dazu gehören insbesondere ketzerische Taten wie das Studium der Bibel ohne einen Priester und das Abnehmen der Beichte durch Laien.« Er sah mich an. »Diese Verbrechen wiegen besonders schwer in den Augen Seiner Heiligkeit.«
Ich biss mir auf die Lippen. Ich hatte nicht einmal geahnt, dass wir etwas Verbotenes taten, als wir gemeinsam die Psalme sprachen, die Gottfried von den Mönchen gelernt hatte, und uns gegenseitig die Beichte abnahmen. Ungewöhnlich, ja, aber nicht verboten. Sonst hätte ich Friedrich nichts davon erzählt.
»Um der Kirche die Entscheidung zu erleichtern,
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