Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
gut ein Dutzend junger Männer im Gras. Im ersten Moment wollte ich den Blick abwenden, weil ich dachte, sie wären nackt, doch dann erhoben sie sich, und ich sah, dass jeder von ihnen einen einfachen Lendenschurz trug.
    Ihre Haut war von der Sonne verbrannt. Lange, halb vernarbte Striemen zogen sich bei manchen über Brust und Oberschenkel. Die Köpfe aller waren kahl geschoren.
    »Seid willkommen, Fremde«, rief einer zuerst auf Deutsch, dann auf Italienisch. Ich sah, dass er eine Peitsche mit mehreren kurzen Lederriemen in der Hand hielt. »Wir teilen gern alles mit euch, was unser ist.«
    »Sieht so aus, als hätte man sie schon oft beim Wort genommen«, sagte Diego leise zu mir, dann zügelte er sein Pferd vor den Männern. »Wir …«, begann er, aber ein Mann trat vor den, der gesprochen hatte, und hob abwehrend die Hand.
    »Du nicht, Jude. Störe nicht den Frieden rechtschaffener Christen. Zieh deiner Wege.«
    Diego richtete sich im Sattel auf. »Wen nennst du hier Jude?« Dann, als wäre ihm die Brandwunde auf seiner Wange gerade erst bewusst geworden, setzte er sich wieder und sah mich an. »Habe ich nicht gesagt, dass es so sein würde, Weib? Dass man mich ausstoßen würde wegen dieses Gesindels?«
    Er stieß das letzte Wort hervor, legte all den Hass, den er für die Soldaten empfinden musste, hinein.
    Die Männer warfen sich kurze, verwirrte Blicke zu. Einer hob die Schultern.
    Diego atmete tief durch. »Mein Weib und ich wurden gestern überfallen. Zum Glück konnte sie entkommen, aber mich hielten die Räuber fest. Sie dachten, wir hätten Geld wegen der guten Kleidung meines Weibs. Dabei haben wir monatelang nur Mehlsuppe gegessen, um uns die teure Kleidung leisten zu können, damit sie sich bei der Priesterweihe unseres Sohns zwischen den ganzen feinen Frauen nicht schämen muss. Unser Herr hat uns sogar Pferde geliehen, aber das alles haben die Räuber nicht geglaubt. Und als sie kein Gold fanden, wurden sie so wütend, dass sie mir das angetan haben.« Er zeigte auf seine Wange. »Und nun nennt ihr mich Jude. Sehe ich etwa aus wie einer? Wirke ich verschlagen auf euch? Quillt mir das Gold aus den Taschen?«
    Verstohlen schob ich den halb vollen Geldbeutel unter meinen Gürtel.
    Diego riss an seinem Hemd. »Würde ein Jude sich so zeigen? Würde er sein Weib barfuß reiten lassen? Würde er zur Priesterweihe seines Sohns reisen?«
    Ich spürte, wie sich die Stimmung änderte. Einige Männer schüttelten den Kopf und sahen den an, der Diego des Lagers hatte verweisen wollen.
    »Das tut mir leid, Freund«, sagte er. »Der Herr hat eine schwere Prüfung für dich und dein Weib ersonnen. Wenn du dich ihr würdig erweist, wird dein Lohn groß sein.« Er winkte uns heran. »Kommt. Esst mit uns. Magnus wird sich um deine Wunden kümmern.«
    »Ich danke euch. Ihr seid wahre Christen.« Diego stieg von seinem Pferd. Er strauchelte kurz, dann hatte er sich wieder in der Gewalt.
    Ich sah die aufgescheuerte Haut an seinen Unterarmen und Knöcheln, dort, wo die Ketten gesessen hatten, und hoffte, dass sie den Männern nicht auffiel. Wenn sie seine Geschichte hinterfragten, würden sie seine List erkennen.
    Ich stieg ebenfalls ab. Nach dem langen Ritt war mein Rücken steif. Die Männer machten uns am Feuer Platz, holten Weinschläuche und dunkle Brote hervor. Derjenige, den der Anführer Magnus genannt hatte, betrachtete die Brandwunde und verschwand zwischen den Bäumen, um Kräuter zu holen.
    Einer der Männer teilte das Brot in gleich große Stücke. Es war so wenig, dass mich das schlechte Gewissen packte. Ich ging zurück zu meinem Pferd und zog den Käse aus der Tasche, den ich in der Nacht zuvor dort verstaut hatte.
    »Wie mein Ehemann schon sagte«, erklärte ich, als ich das halbe Rad neben das Brot legte, »konnte ich entkommen, zum Glück mit unserem Proviant. Nehmt, so viel ihr braucht.«
    Diego war nicht damit einverstanden, das konnte ich ihm ansehen, aber er nickte. »Für eure Gastfreundschaft.«
    Einige der Männer starrten den Käse an wie einen Schatz.
    »Wir danken euch«, sagte der Anführer, »im Namen all der Bedürftigen, mit denen wir ihn teilen werden.«
    Die letzten Worte betonte er, und die Männer, die den Käse angestarrt hatten, senkten den Blick. Einer nahm eine der Peitschen, die am Boden lagen, stand auf und zog sie sich mit einem kraftvollen Schlag über den Bauch. Ich zuckte zusammen.
    Die Männer waren Mönche, das erklärten sie uns, während sie ein klein wenig Brot und

Weitere Kostenlose Bücher