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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Sonnenaufgang, als sich das erste Grau des Tages am Himmel vor meinem Fenster zeigte, stand ich auf. Die beiden anderen Frauen schliefen noch, während ich meine Sachen packte und das Zimmer verließ. Die Holzbohlen knarrten unter meinen nackten Füßen.
    Ich lauschte an Diegos Tür und hörte leise Stimmen. Er war also auch schon wach.
    Unten in der Schankstube bereiteten sich die Wirtsleute auf den Tag vor. Kochgeschirr klapperte, jemand lachte, dann klopfte es laut an der Eingangstür.
    Ich blieb stehen. Vor mir führte eine schmale, steile Treppe nach unten. Durch das Geländer konnte ich zwar in den Schankraum sehen, aber nicht bis zur Tür.
    Der Wirt ging an der Theke vorbei und verschwand aus meinem Blickfeld. Quietschend wurde die Tür geöffnet, dann polterten Schritte. Jemand sagte etwas auf Italienisch. Es klang befehlend. Der Wirt antwortete, wich dabei so weit zurück, dass ich ihn wieder sehen konnte. Metall klirrte, dann sah ich Stiefelspitzen und im nächsten Moment einen Soldaten. Er trug eine Brustplatte, auf der das Wappen des Papstes glänzte. Ein zweiter Soldat betrat hinter ihm den Schankraum, dann ein dritter.
    Ich wandte mich ab, lief durch den kurzen Gang zurück und riss die Tür zum Zimmer der Männer auf. Einer stand nur mit einem Lendenschurz bekleidet vor mir, und als er mich sah, griff er nach seinem Umhang und hielt ihn sich vor den Körper. Der andere fuhr von seinem Strohlager hoch. Diego hockte am Boden neben seinen Satteltaschen. Überrascht sah er auf.
    »Soldaten«, stieß ich hervor.
    Er biss sich auf die Lippen. Einen Atemzug lang blieb er am Boden hocken, dann sprang er auf, warf sich die Satteltasche über die Schulter, lief zum Fenster und sah hinaus. »Hier lang!«
    Der Mann im Lendenschurz fluchte, als ich ihn zur Seite stieß. Der andere sah uns nur verwirrt zu.
    Diego stieg aus dem Fenster, zögerte einen Moment und sprang.
    Vor der Zimmertür polterte es. Ich raffte meine Röcke und schwang ein Bein über das Fensterbrett. Zwischen mir und dem Dach, auf dem Diego stand, lag mehr als eine Mannlänge.
    »Komm schon!«, rief Diego.
    Ich hörte laute Schritte auf der Treppe und warf meine Tasche nach unten. Mein anderes Bein schien den Boden nicht verlassen zu wollen. Drei Anläufe brauchte ich, bis ich endlich im Fenster hockte. Meine Hände krallten sich in das Holz. Die Schritte kamen näher. Der halb nackte Mann schien die Situation zu begreifen, denn mit einem Mal rief er laut nach den Soldaten. Dann ließ er seinen Umhang fallen und griff nach mir.
    Ich stieß mich ab.
    Diego fing mich auf, und gemeinsam gingen wir zu Boden. Das Dach unter uns knirschte, Staub wallte auf. Ich kam auf die Beine und sah zurück zum Fenster. Der Kopf eines Soldaten tauchte dort auf und verschwand wieder. Diego ergriff meine Hand, hatte sich beide Satteltaschen über den Arm geschlungen.
    Wir liefen über das Dach. Unter uns rief jemand etwas. Die Häuser lagen so dicht nebeneinander, dass wir von Dach zu Dach springen konnten, bis wir schließlich das nächste höhere Gebäude erreichten. Diego blieb am Dachrand stehen und sah nach unten.
    So früh am Morgen war in der Stadt noch wenig los. Einige Bettler lagen in den Hauseingängen, ansonsten war die Gasse unter uns leer.
    »Hast du jemandem gesagt, dass wir auf ein Schiff warten?«, fragte Diego schwer atmend.
    Ich schüttelte den Kopf. »Du?«
    »Nein, aber der Wirt könnte es wissen. Dann müssen die Soldaten nur zur Anlegestelle gehen und auf uns warten.«
    »Wir müssen es trotzdem versuchen. Wir haben nicht genug Geld, um eine zweite Überfahrt zu bezahlen.«
    Ich wartete Diegos Antwort nicht ab, sondern ging in die Knie und sprang in die Gasse. Ein blinder Bettler hob erschrocken den Kopf und tastete den Boden um sich herum ab. Diego landete neben mir.
    »Wir gehen hin, dann sehen wir weiter«, bestimmte er.
    Zweimal mussten wir im Wirrwarr der Gassen nach dem Weg fragen, dann sah ich endlich das Meer zwischen den Gebäuden hindurchschimmern. Auf der anderen Seite, über den Bergen mit ihren Kirchen und Palästen, wurde der Himmel heller. Die Sonne ging auf.
    »Wir müssen uns beeilen«, drängte ich und lief vor.
    Je näher wir dem Hafen kamen, desto mehr erwachte die Stadt zum Leben. Als wir schließlich an der Mauer ankamen, waren die Straßen bereits belebt. Wir achteten darauf, zwischen Karren und Warenträgern zu bleiben, während wir auf das Schiff zuliefen.
    Diego hielt mich auf, als ich zu rennen begann. »Wir dürfen

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