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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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jedes Mal nach Jakob und dem Kreuzzug, aber er erfuhr nie etwas. Da er kein Griechisch sprach, konnte er nicht wei terforschen, als das Schiff schließlich von einer kleinen Insel zur nächsten segelte. Ich war nicht nur enttäuscht, sondern auch aufs Äußerste besorgt, ließ es mir aber nicht anmerken. Spätestens an unserem Ziel würde ich erfahren, was aus meinen Söhnen und dem Rest des Kreuzzugs geworden war.
    Die Häfen, an denen wir anlegten, veränderten sich, je weiter wir nach Osten kamen. Ich sah Kirchen mit seltsamen Doppelkreuzen und erfuhr, dass es Christen gab, die sich nicht der Unfehlbarkeit des Papstes unterstellten. Nie zuvor hatte ich davon gehört.
    Irgendwann, nach mehr Tagen, als ich zählen konnte, legten wir an einer kleinen Insel an. Fischer hielten uns auf ausgestreckten Händen ihre Waren entgegen oder zeigten auf große Feuer, über denen der Fisch gegrillt wurde.
    Es war so heiß, dass ich an ihnen vorbei zu einem Stand mit Orangen ging. Diego blieb zurück und wartete, dass unser Fisch fertig gegrillt war. »Ich komme gleich nach«, rief er mir nach, als ich ging.
    Der Bauer, der die Orangen verkaufte, bemerkte mich nicht, als ich an seinen Stand trat. Er redete mit einer Gruppe Nonnen, die anscheinend um den Preis feilschten. Sie trugen schwarze lange Trachten und verbargen ihr Haar unter eng anliegenden Hauben. Der heiße Wind wehte ihnen die Schleier ins Gesicht. Vor ihrer Brust hingen einfache Holzkreuze, nicht so wie die der Griechen; es waren Nonnen der einzig wahren Kirche.
    Ich hockte mich in den Schatten eines Baums und wartete. Wie Krähen beugten sich die Nonnen über das Obst. Mal befühlten sie eine Orange, dann wieder mit eine andere. Sie wackelten mit den Köpfen und wedelten mit den Händen. Minderwertige Ware, sagten ihre Gesten. Viel zu teuer. Ich stützte das Kinn in die Hände und seufzte.
    »Madlen?«
    Die Stimme war vertraut. Ich hob den Kopf, sprang im nächsten Moment auf und umarmte die Nonne, die neben mich getreten war.
    »Lena!«
    Wir lachten oder weinten – ich bin mir nicht sicher, was von beidem – und hielten uns in den Armen. Fragen schossen mir durch den Kopf, schnell wie Pfeile, aber keine einzige konnte ich festhalten. Schließlich ließ ich Lena los und stellte die erste, die mir einfiel. »Wo sind meine Söhne?«
    Lena rückte ihre Haube zurecht und schob eine Haarsträhne, die herausgerutscht war, zurück. »Auf einem der Schiffe, nehme ich an, aber ich weiß es nicht sicher. Ich war so krank, dass ich mich an kaum etwas erinnern kann.«
    Eine der Nonnen am Stand rief etwas. Sie und alle anderen hielten eine Orange in der Hand. Der Bauer wirkte unzufrieden. Lena antwortete zögernd und langsam.
    »Mein Griechisch ist noch nicht sehr gut«, erklärte sie, als sich die Nonnen, die sie gerufen hatte, abwandten. »Ich glaube, ich habe ihnen gesagt, dass ich nachkomme.«
    Wir setzten uns in den Schatten. »Erzähl mir alles, Lena. Was machst du hier? Was ist geschehen?«
    Sie schüttelte den Kopf. Der Schleier fiel ihr ins Gesicht. Ärgerlich schob sie ihn zur Seite. Ich hatte den Eindruck, dass der Dienst am Herrn nicht ihre Erfüllung war.
    »Ich möchte mich zuerst bei dir entschuldigen«, begann sie. »Als du gesagt hast, du hättest jemanden getötet, war ich außer mir. Es war falsch, dich einfach stehen zu lassen. Ich habe jeden Tag darum gebetet, dass du noch lebst.« Sie lächelte. »Und das tust du.«
    Aus den Augenwinkeln erblickte ich Diego, in den Händen ein großes Blatt, auf dem zwei Fische lagen. Ich sah ihn an und schüttelte den Kopf. Irritiert blieb er stehen.
    Lena folgte meinem Blick. »Was macht er denn hier?« Es klang ablehnend. Ich wusste, dass sie Angst vor Diego hatte.
    »Er hilft mir bei der Suche nach Hugo und Konrad.«
    Lena musterte mich. Ich sah die Frage in ihrem Blick, aber mir war klar, dass sie ungestellt bleiben würde.
    »Also«, sagte ich, um davon abzulenken, »was machst du hier?«
    »Dem Herrn dienen.« Ihre Augen weiteten sich. »O Jesus, du weißt es ja noch gar nicht …«
    »Was?«
    Sie stand auf und ging los. »Ich zeige es dir.«
    Ich folgte ihr aus dem Schatten des Baums hinaus in die heiße Mittagssonne. Diego sah uns nach.
    »Du bist nicht als Einzige bei dem Sturm verschwunden«, sagte Lena. »Als er endlich aufhörte, konnten wir auch viele andere nicht mehr finden. Lukas war das egal. Er und die Brüder zogen einfach weiter, überließen es uns mitzukommen oder nicht. Sie nahmen auf niemanden

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