Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)
legten wir Holz auf das Feuer und rückten das Stroh unter dem Vordach zurecht. Die Frauen legten sich auf die eine, die Männer auf die andere Seite. Die Bäuerin, ihr Name war Hildegard, fragte Vater Ignatius, ob es wirklich gestattet sei, Männer und Frauen unter dem gleichen Dach schlafen zu lassen, aber er erinnerte sie daran, dass wir uns in einem Kloster befanden. Das schien ihr die Bedenken zu nehmen, trotzdem legte sie sich an den äußersten Rand des Vordachs.
Ich setzte mich neben sie, löste die Lederriemen um die Stofffetzen, die ich als Schuhe trug, legte den halben Pfennig in den linken, dann zog ich ihn wieder an. In den rechten stopfte ich Stroh und legte ihn als Kissen unter meinen Kopf. Das Feuer war so warm, dass man barfuß schlafen konnte.
»Du willst deine Söhne besuchen?«, fragte Hildegard leise neben mir.
»Ja. Hugo und Konrad. Sie haben vor zwei Jahren ihre Lehre bei einem Schreiner angetreten. Seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen.«
Sie wandte mir das Gesicht zu. »Zwei Söhne in die Lehre? Das muss euch viel gekostet haben.«
»Es war nicht leicht.« Ich dachte an die Schweine und Schafe, die Paul, der Schreiner, uns mit den Kindern genommen hatte. Ohne Klara und ihren Mann hätten wir den Winter danach nicht überstanden.
Hildegard legte ihre Hand auf die meine. »Sie werden es euch bestimmt einmal danken. Ihr habt ihnen einen großen Dienst erwiesen.«
Sie drehte sich auf die Seite.
Ich schloss die Augen, riss sie aber im nächsten Moment wieder auf, als etwas laut schepperte. Einige Frauen schrien überrascht auf. Stroh raschelte.
Ich hob den Kopf und sah einen Messingkelch, der im Licht des Feuers über den Hof rollte. Von Alen stolperte hinterher. Er griff zweimal daneben, dann nahm er den Kelch wieder in die Hand.
»Verdammte Scheiße«, fluchte er. »Das war ein scheißguter Wein.«
Schwankend ging er zu dem Fass, das neben seiner Decke unter dem zweiten Vordach stand, ging in die Knie und füllte sich den Kelch mit Wein. Dann sah er auf, schien erst in diesem Moment zu bemerken, dass wir alle ihn von der anderen Seite des Hofs anstarrten. Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, schloss ihn wieder und schüttelte den Kopf. Sein Kettenhemd klirrte, als er sich schwer gegen die Wand lehnte.
»Ihr wisst nichts«, sagte er. Seine Stimme war erstaunlich klar. »Gar nichts wisst ihr. Ihr lebt euer beschissenes kleines Leben in eurem beschissenen kleinen Dorf und scheißt euch schon an, wenn ihr euch mal einen Steinwurf davon wegbewegen müsst. Armseliges, beschissenes …«
»Es ist schon spät«, unterbrach ihn Wilhelm. Er hatte sich aufgesetzt, Stroh hing in seinen Haaren. »Warum legt Ihr Euch nicht ein wenig hin? Morgen geht es Euch bestimmt besser.«
»Besser?«, schrie von Alen. Er warf den Kelch nach Wilhelm, verfehlte ihn aber. Wein spritzte zischend ins Feuer. »Mir wird es nie wieder besser gehen, nie wieder!«
Ich fragte mich, was er damit meinte. Von Alen stand auf, ging schwerfällig und schwankend auf uns zu.
Nun erhob sich auch endlich Vater Ignatius und streckte die Arme aus, wollte den Ritter beruhigen, doch der ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Ihr liegt hier und starrt mich an«, schrie er, »als wüsstet ihr, wer ich bin. Nichts wisst ihr!« Er kniff die Augen zusammen und zeigte auf mich. »Du, Bauerngöre! Bring mir Wein.«
Ich sprang auf. Der halbe Pfennig stach in meine Ferse. »Ja, Herr.«
Der Kelch, den von Alen weggeworfen hatte, lag neben dem Feuer. Ich hob ihn auf, machte einen großen Bogen um den Ritter und ging zu dem Fass. Sein Schwert lehnte daneben an der Wand.
»Ihr denkt, ich sei ein versoffener alter Ritter!« Ich sah kurz zurück. Von Alen wandte mir den Rücken zu. »Eine Schande für meinen Stand!« Er schrie Wilhelm und Vater Ignatius abwechselnd an. Einige Mönche tauchten, geweckt von dem Lärm, in den Gängen auf, zogen sich aber sofort wieder zurück, als sie von Alen sahen. »Aber ich habe das Kreuz auf meiner Brust getragen!« Ich stieß das Schwert rasch zur Seite und zog die Decke des Ritters darüber, dann füllte ich Wein in den Kelch. »Was, bei allen Heiligen, habt ihr getan, als ich den Staub des Morgenlandes geschluckt hab?«
Er nahm mir den Kelch aus der Hand. Ich wollte mich um drehen, aber er hielt meinen Arm fest und zog mich zu sich heran. »Hast du je einen Sarazenen gesehen?«
Seine Augen waren eine Handbreit von meinen entfernt. Sie glänzten fiebrig. Schweiß perlte über seine Stirn. Seine
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