Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)
Hüften.
»Schöne Sauerei«, sagte er.
Ich blinzelte überrascht, ohne den Kopf zu heben. Das waren nicht die Worte, die ich erwartet hatte.
»Ich bin untröstlich, ehrwürdiger Vater. Wenn wir geahnt hätten, dass der Teufel nach seiner Seele rief, hätten wir ihn nicht in Euer Haus gebracht.« Vater Ignatius fuhr sich durch die Haare. Georg stand mit verkniffenem Mund neben ihm.
»Ja, ja.« Der Abt winkte ab. »Bruder Franziskus?«
Ein jüngerer, ebenfalls wohlgenährter Mönch trat vor und verneigte sich. »Ehrwürdiger Vater?«
»Was hältst du davon?«
Franziskus zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Er dachte einen Moment nach, dann sagte er: »Wenn die Benediktiner davon erfahren, werden sie es in der ganzen Stadt verbreiten. Wir müssen davon ausgehen, dass Graf von Berg mit seinem Gefolge dann vermutlich von weiteren Besuchen Abstand nimmt. Andere hohe Herren könnten seinem Beispiel folgen. Ein Kloster, in das der Teufel Einzug gehalten hat, ist kein Ort, an dem man sich willkommen fühlt.«
»So sehe ich das auch. Erst dieser Nicolaus und dann das. Wir sind wahrhaft verflucht.« Der Abt sah Vater Ignatius an. Der duckte sich unter seinem Blick wie unter einem Stockhieb. »Wer weiß davon?«
»Nur die, die hier stehen, ehrwürdiger Vater.«
»Und das bleibt auch so.« Er musterte uns nacheinander. Seine Augen waren blau und trüb. »Wenn nur ein Wort davon nach draußen dringt, sorge ich dafür, dass man euch exkommuniziert. Jeden von euch.«
Hildegard stieß einen kurzen, spitzen Schrei aus und bekreuzigte sich hastig. Sonst äußerte niemand etwas. Es war eine furchtbare Drohung, die er über uns ausgesprochen hatte. Der Ausschluss aus der heiligen Kirche, die ewige Trennung vom Licht Gottes, als wäre man ein Heide – und das alles nur, weil sich ein Mann, den wir noch nicht einmal kannten, in unserer Nähe umgebracht hatte. Das erschien mir … ich suchte einen Moment nach dem richtigen Wort … ungerecht.
»Ich sehe, ihr habt mich verstanden.« Der Abt wandte sich ab. »Bruder Georg«, sagte er, während er bereits den Innenhof verließ. »Schneide die Leiche ab und schaffe sie weg. Und dann begleite deine Freunde nach draußen. Sie sind hier nicht mehr willkommen.«
Die anderen Mönche schlossen sich ihm an. Nur Bruder Georg blieb zurück, die Arme vor der Brust verschränkt, die Lippen so zusammengepresst, dass sie weiß wurden. »Wenn ich das geahnt hätte …«
»Keiner hat es geahnt. Graf von Drachenfels selbst hat Ritter von Alen empfohlen.« Vater Ignatius wollte seinem Bruder die Hand auf die Schulter legen, doch der wich der Berührung aus.
»Hilf mir, ihn abzuschneiden.«
Wir anderen standen nach und nach auf. Ich half Hildegard auf die Beine. Die Angst vor der Hölle schien ihr die letzte Kraft geraubt zu haben.
Vater Ignatius und Bruder Georg mühten sich währenddessen mit der Leiche ab. Einer hielt die Beine fest, während der andere auf denselben Hocker stieg, von dem von Alen in den Tod getreten sein musste, und mit seinem stumpfen Messer versuchte, den Ledergürtel durchzuschneiden. Wilhelm gab Georg schließlich sein Messer. Nur zwei Schnitte später glitt die Leiche zu Boden.
Georg wollte dem Müller sein Messer zurückgeben, doch der winkte ab. »Behalte es.«
An seiner Stelle hätte ich es auch nicht mehr gewollt.
Ich sah zu der Leiche hinab. Vater Ignatius hatte sie auf den Rücken gedreht, damit wir ihr schreckliches Gesicht nicht mehr sehen mussten. Die Narbe zwischen den grauen Haaren wirkte größer als in der Nacht.
»Was passiert jetzt mit ihm?«, fragte ich.
Bruder Georg hob die Schultern. »Wir warten, bis es dunkel wird, dann fahren wir ihn mit einem Karren vor die Stadt und verscharren ihn.«
Ich dachte an den halben Pfennig in meinem Schuh. »Er hat mir Geld gegeben. Ich würde es gern spenden, damit er ein christliches Begräbnis erhält.«
Vater Ignatius und Bruder Georg warfen sich einen kurzen Blick zu. »Madlen«, sagte der Priester. »Er hat Gottes größtes Geschenk weggeworfen. Ihm steht keine Ruhestätte inmitten anständiger Christen zu. Das würde den Boden entweihen, in dem sie liegen.«
»Aber er war ein Kreuzritter. Er hat im Heiligen Land …«
»Er ist ein Selbstmörder«, unterbrach mich Georg mit deut licher Ungeduld. »Er gehört zu den Heiden, Mördern und Vergewaltigern. Das ist der Wille Gottes.«
Ich widersprach nicht, auch wenn es mir schwerfiel zu glauben, dass eine einzige Tat, begangen in Trunkenheit und
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