Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)
gesprochen und gesagt, Juden bedürften unserer besonderen Vergebung, da sie Jesus Christus getötet hatten. Ich beschloss, dem Stoffhändler in diesem Geist gegenüberzutreten.
»Kommt«, sagte Adalbert, nachdem er uns begrüßt hatte. Er führte uns zum Kopfende und bat Nicolaus, zu seiner Rechten Platz zu nehmen. Lukas setzte sich neben ihn, Diego nahm auf der linken Seite des Gastgebers Platz, so wie es erbeten wurde. Ich war dankbar, dass ich neben Diego sitzen durfte und es auf der anderen Seite nichts als das Ende des Tischs gab.
Dienstboten rückten laut unsere Stühle zurecht. Das Laub in meinen Schuhen knirschte, als ich an den anderen Gästen vorbei zu meinem Platz ging. Alle lächelten und grüßten freundlich, trotzdem fühlte ich mich unwohl.
Lukas schien es ähnlich zu gehen, denn er setzte sich steif auf seinen Platz und vermied es, jemanden anzusehen. Nicolaus wirkte unnahbar wie so oft, wenn er von Fremden umgeben war. Nur Diego schien sich wohlzufühlen. Noch bevor die Diener begonnen hatten, die Weinkelche zu füllen, scherzte er bereits mit der Frau des Gewürzhändlers.
Ihr Name war Elisabeth, der ihres Mannes Alfons. Sie waren die Ältesten am Tisch und wurden von den anderen mit Respekt behandelt.
Diener trugen Holzschalen mit Wasser auf und reichten uns Leinentücher, zuerst Adalbert, dann seinen Ehrengästen, wie er uns bezeichnete, und schließlich allen, die sonst noch am Tisch saßen.
Ich wusch mir erneut die Hände und wischte sie an einem Tuch ab. Die weiten Ärmel meines Kleids rutschten bis über die Ellenbogen, als ich die Arme hob. Ich bemerkte, dass Elisabeth mich beobachtete. Meine Hände waren braungebrannt und kräftig, ihre hell und schmal.
»Verzeiht«, sagte sie zu Diego, ohne den Blick von mir zu nehmen. »Ist das Eure Gemahlin?«
Ich wurde rot und senkte rasch den Kopf.
Diego lächelte. »Nein, Madlen ist nur eine Kreuzfahrerin, so wie ich. Kein anderes Band verbindet uns.«
»Dann entschuldigt meine Direktheit. Ich bin es nicht gewöhnt, Frauen ohne einen Gatten oder einen Verwandten am Banketttisch zu sehen.« Sie lachte zu schrill und zu laut. »Früher wäre das nicht möglich gewesen, aber heutzutage ist ja alles anders. Da kann man mal sehen, wie alt ich schon bin.« Die Männer am Tisch, vor allem Adalbert, versuchten ihr zu widersprechen, aber sie winkte ab. »Ich habe einen Spiegel, meine Herren, und ein Portrait aus meiner Jugend, also strengt euch nicht an.« Ihr scharfer Blick fand zu mir zurück. »Wollte Euch Euer Gatte nicht auf dem Gottesfeldzug begleiten?«
Ich legte die Hände in den Schoß. »Ich bin verwitwet. Mein Mann starb vor einigen Monaten. Er hatte einen Unfall.«
Diego sah mich kurz an.
Elisabeths Augen weiteten sich. »Wie taktlos von mir.« Sie schlug ihrem Mann leicht auf den Oberschenkel. »Alfons, wieso erlaubst du mir, so viel zu reden?«
»Ich …«, begann er, aber sie unterbrach ihn sofort wieder.
»Ein Unfall, wie furchtbar. Ist er vom Pferd gestürzt? So hat Gott meinen Vater zu sich geholt.«
Ihre Fragen erschienen mir unhöflich, aber ich wusste nicht, ob reiche Leute vielleicht immer so miteinander umgingen.
Alle anderen Unterhaltungen im Raum waren verstummt. Man hörte uns zu. Das machte mich nervös.
»Nein, er …« Ich stockte. Auf einmal wurde mir klar, was die Fragerei bedeutete, weshalb sie mich bei jeder Antwort musterte wie ein Stallmeister ein neues Reitpferd. Elisabeth versuchte meinen Stand herauszufinden. Meine braun gebrannte Haut, die schwieligen Hände und das blaue Kleid passten nicht zusammen.
»Ich denke, Madlen hat genug Fragen beantwortet«, sagte Diego. »Wollt Ihr nicht lieber Geschichten von unserer Reise hören?«
Adalbert griff den Vorschlag sofort auf. »Deshalb habe ich Euch doch eingeladen. Berichtet von Euren Abenteuern.« Er sah Nicolaus an. »Und von dem Engel, der zu Euch spricht.«
Ich hätte es dabei belassen können, doch etwas in mir, der Teil, der mich zu den Zimmern der Bediensteten über dem Tor hatte blicken lassen, der Teil, der sich Vater Ignatius widersetzt hatte, drängte mich zu einer Antwort.
»Er starb im Steinbruch«, sagte ich in die kurze Stille, die nach Adalberts Worten einsetzte. Elisabeth, die sich dem Krämer neben ihr zugewandt hatte, wandte den Kopf. »Er war ein Knecht in den Diensten des Grafen vom Drachenfels. Ich arbeitete auf der Burg als Magd.« Ich sah Elisabeth in die Augen. »Doch nun bin ich Kreuzfahrerin.«
Sie zögerte, als wisse sie nicht,
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