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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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seinen Gürtel und sah mich an. »Ich muss noch Lukas’ Sachen zusammenpacken.«
    Ich hielt ihn nicht auf, als er zu seinen Freunden lief und sich ihnen anschloss. Einer klopfte ihm auf die Schulter. Es sah aus wie ein Lob.

Kapitel 13
    »Madlen?«
    Ich war so müde, dass ich Diegos Stimme erst nach einem Moment wahrnahm. Zwei Tage waren seit Svens Tod vergangen und zwei Nächte voller Albträume.
    Diego zügelte sein Pferd und stieg aus dem Sattel. Lena, die neben mir ging, wich zur Seite, als wolle sie nichts mit ihm zu tun haben. Ihre Augen glänzten fiebrig. So wie viele hatte sie die schlechte Luft in den Sümpfen nicht vertragen. Über ein Dutzend litten bereits an hohem Fieber und Schüttelfrost. Einigen von ihnen ging es so schlecht, dass sie auf den Karren mitfahren mussten.
    Ich hob den Kopf, unterdrückte mühsam ein Gähnen. »Was ist?«
    Diego sah sich um. Es schien ihm nicht zu behagen, dass wir von so vielen Menschen umgeben waren. Die meisten starrten gedankenverloren vor sich hin, aber ich ahnte, dass sie uns zuhörten und auf eine gedankenlose Geste oder ein unkeusches Wort hofften, das sie abends am Feuer weitertratschen konnten. Der Kreuzzug lebte mittlerweile von Gerüchten und Skandalen, nichts anderes vertrieb die Langeweile besser.
    »Es geht um das, was Hugo vor ein paar Tagen zu mir gesagt hat«, begann Diego. Mir war klar, was er meinte. »Ich würde gern mit ihm reden und die Sache aus der Welt schaffen.«
    Ich fragte mich, wieso ihn die Meinung eines Kindes kümmerte, sprach es aber nicht aus. »Ich habe nichts dagegen.«
    »Es wäre …« Er zögerte einen Moment, suchte nach dem richtigen Wort. »… hilfreich, wenn du ihn um dieses Gespräch bitten würdest. Ich möchte nicht noch mehr zur Unterhaltung beitragen.«
    »Das werde ich.«
    Diego nickte. Er wirkte so ernst, als hätte er um eine Audienz bei einem hohen Herrn gebeten. Das erschien mir seltsam, doch vielleicht war es in dem Land, aus dem er stammte, üblich.
    Nebeneinander gingen wir die breite Straße entlang. Lena blieb eine Weile in meiner Nähe, dann, als ihr klar wurde, dass Diego in nächster Zeit nicht wieder auf sein Pferd steigen würde, ließ sie sich nach einem kurzen, vorwurfsvollen Blick zurück fallen. Es war Männern und Frauen zwar nicht verboten, nebeneinander zu gehen, doch gern gesehen wurde es nicht. Vor allem Lukas erinnerte uns häufig daran, dass Keuschheit unsere einzige Waffe gegen den Teufel war.
    Dabei gab es außer der Keuschheit längst andere Waffen im Kreuzzug. Seit wir Straßburg hinter uns gelassen hatten, sah ich abends am Feuer immer mehr Kinder, die Äste zu Speeren spitzten oder aus ihnen Steinschleudern schnitzten. Fast in jedem Gürtel steckte ein Knüppel. Die Stimmung war grimmig und entschlossen, unter den Kindern mehr als unter den Erwachsenen. Wir lassen uns nicht aufhalten, schienen ihre Gesichter sagen zu wollen, weder vom Teufel noch von der Herrschaft.
    Aus den Augenwinkeln betrachtete ich Diego. Seit Beginn unserer Reise hatten die meisten zugenommen – zwei volle Mahlzeiten am Tag sorgten dafür –, doch er wirkte dünner als bei unserer ersten Begegnung. Seine Kieferknochen standen deutlich hervor, sein Gesicht war schmal. Er bemerkte nicht, dass ich ihn beobachtete, sah nur starr geradeaus, über den Kreuzzug hinweg auf die bewaldeten Berge im hellen Sonnenlicht. Die Schatten weißer Wolken glitten über sie hinweg, verdunkelten sie einen Moment und gaben sie wieder frei. Es sah aus, als würde die Hand Gottes sie streicheln.
    »Sind das die Alpen?«, fragte ich, als mir das Schweigen unangenehm wurde.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, das ist der Schwarzwald. Die Alpen sind so hoch, dass sie die Wolken berühren.«
    »Die Wolken berühren?« Ich lachte. »Nichts kann so hoch sein.«
    Ein Junge, der vor mir ging, drehte sich um.
    Diego lächelte. »Du wirst sie bald mit eigenen Augen sehen. Dann kannst du dich bei mir ent…«
    »Wie bald?«, unterbrach ihn der Junge. Er gehörte zu Hugos Freunden, aber ich kannte seinen Namen nicht. »Wie bald?«, wiederholte er, als er keine Antwort erhielt. Sein Tonfall erschien mir dreist.
    »Zwei oder drei Wochen. Es ist nicht mehr weit.«
    Der Junge wandte sich ohne ein Wort des Dankes ab. Etwas blitzte in Diegos Augen auf, nicht Ärger, so wie ich es erwartet hätte, sondern Besorgnis. Er wickelte die Zügel seines Pferdes um eine Hand und schwang sich in den Sattel.
    »Sprich mit deinem Sohn«, sagte er, dann ritt er davon.
    Erst

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