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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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schienen gehorchen zu wollen, doch dann warfen sie einen Blick auf Nicolaus, der sich nicht rührte, und blieben ebenfalls stehen, nervös, aber aufrecht.
    Hugo Ripelinus wartete einen Moment. Als immer noch nichts geschah, nickte er den Soldaten neben sich zu. Vier von ihnen lösten sich aus der Gruppe, trieben ihre Pferde mit kurzen Zungenschnalzern auf uns zu. Ich dachte, sie würden anhalten, aber sie ritten mitten in die Männer hinein, rammten sie mit ihren Pferden, traten nach ihnen und schlugen sie mit den stumpfen Enden der Lanzen.
    Hufe rissen den weichen Boden auf, Dreck spritzte empor. Männer gingen schreiend vor Überraschung und Angst zu Boden, versuchten sich vor den Tritten und Schlägen mit erhobenen Armen zu schützen.
    Ich sprang auf, wollte zu Hugo laufen, doch Diego war bereits da und stieß ihn zur Seite, weg von den Pferden und Soldaten. Hugo schrie etwas, er klang wütend. Diego beachtete es nicht, zog ihn nur tiefer in den Wald, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte.
    Ich sah zurück zu den Soldaten. Fast alle Männer und Jungen, die Nicolaus umringt hatten, waren zu Boden gegangen, sogar unsere eigenen Soldaten. Nicolaus selbst stand noch, geschützt von Lukas, der sich vor ihn gestellt hatte. Die Soldaten auf den Pferden mieden ihn.
    »Seht doch nur«, sagte eine Frau, die sich hinter einem viel zu schmalen Baumstamm versteckte. »Der Herr hält seine Hand über ihn.«
    Es wirkte tatsächlich so.
    Ripelinus ließ seine Soldaten gewähren, befahl ihnen nicht, auch Nicolaus niederzureiten, der zwischen all den stöhnenden Männern und Jungen stand wie ein Baum zwischen vom Sturm geknickten Ähren auf dem Feld.
    Mit einem Pfiff rief Ripelinus die Soldaten zurück. Die Reihe hinter ihm schloss sich wieder. »Der Erste, der aufsteht, bekommt einen Pfeil in den Kopf«, sagte er so beiläufig, als würde er über das Wetter reden.
    Ott, der sich bereits hatte aufrichten wollen, sank zurück in den Dreck. Auch alle anderen blieben liegen.
    Ripelinus trieb sein Pferd langsam auf Nicolaus zu. Lukas beachtete er nicht. »Wenn man keinen Respekt bekommt, muss man ihn sich verschaffen.«
    Nicolaus wich nicht zurück. »Wir respektieren Euch, aber wir knien nur vor Gott dem Herrn und seinem Stellvertreter auf Erden. Dieses Recht steht uns als Kreuzfahrern zu.«
    »Ihr seid keine verdammten Kreuzfahrer!«, schrie Ripelinus.
    Sein Pferd stieg erschrocken auf. Er wäre beinahe gestürzt, klammerte sich aber im letzten Moment am Hals des Tieres fest. Sogar seine eigenen Soldaten bekreuzigten sich. Das konnte kein Zufall sein. Gott zeigte dem Ratsherrn sein Missfallen.
    Ripelinus rückte seinen Hut zurecht. Er wirkte verstört, fast schon ängstlich. »Ihr habt zwei Stunden, um von hier zu verschwinden. Jeden Tagelöhner, Viehdieb und Schafhirten«, er sah Nicolaus an, »der nach dieser Frist noch in der Nähe meiner Stadt angetroffen wird, lasse ich wegen Ketzerei anklagen.«
    »Ketzerei?« Gleich mehrere stießen das Wort hervor.
    »Das könnt Ihr nicht.« Die Ruhe, die Nicolaus scheinbar mühelos beibehalten hatte, schwand. »Ein Engel des Herrn hat uns diese Reise befohlen.«
    »Nur der Papst darf sie befehlen.« Ripelinus schüttelte den Kopf. Wassertropfen lösten sich von seinem Hut und fielen ihm auf die Schultern. »Glaubt ihr, jeder Dahergelaufene kann sich so einfach zum Kreuzfahrer aufschwingen, nur weil er im Suff Stimmen hört? Ihr würdet euch in der ganzen Welt umhertreiben und Unfug stiften, wäre das so einfach. Der Papst befiehlt einen Kreuzzug, und solange ich nicht von ihm erfahre, dass er das getan hat, seid ihr für mich Gesindel, das sich vor der Arbeit drücken will.« Er wendete sein Pferd, sah aber noch einmal zurück zu Nicolaus. Sein Gesicht war noch mehr gerötet als zuvor, seine Unterlippe zitterte vor Wut. »Du bist wie eine Pest über das Land gekommen. Ich werde nicht zulassen, dass du auch meine Stadt vergiftest.«
    Mit einem Schrei trieb er sein Pferd an, jagte es zwischen den Reihen der Soldaten hindurch, die ihm auswichen und dann ebenfalls hastig wendeten. Erst als ich sie auf der anderen Seite des Flusses sah, wagte ich es, mein Versteck zu verlassen.
    Ott setzte sich auf und spuckte in den Schlamm. »Arschloch.«
    Niemand lachte, niemand sagte etwas. Die Jungen und Männer um ihn herum standen auf, nur einige blieben stöhnend, einer sogar reglos liegen. Es war Peters jüngster Sohn, Sven.
    Ich kniete mich neben ihn. Ein Pferdehuf hatte ihn an der Stirn getroffen. Man

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