Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)

Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)

Titel: Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
ausgerechnet Julian Assange erweist. Tatsächlich verbinden sich bald kommerzielle mit unguten politischen Machtinteressen, denen sich Rosen zunächst bedingungslos unterwirft: »Wenn wir etwas verbergen, liegt es im Interesse aller. Kein Staat der Welt hat das jemals anders gehalten.« Die audiovisuellen Daten aller, die das UniCom implantiert haben, werden auf einem zentralen Rechner gespeichert, und das Unternehmen, dem Ed sein hochprivilegiertes neues Leben verdankt, beginnt, seine Informationen mit Regierungseinrichtungen zu teilen. Nicht nur geht von nun an keine einzige Erinnerung mehr verloren – jede Erinnerung steht darüber hinaus als die Wahrnehmungsimpulse einer gezielten Rückkoppelung bzw. Aufzeichnung wiederholendes »Replay« zur ständigen Verfügung. Nicht selten führt der Replay-Modus zum Zustand des »Driftens«, dessen Intensität »umso stärker, die Illusion echten Erlebens umso authentischer war, je stärker die Emotionen gewesen waren, die die ursprüngliche Erfahrung hervorgerufen hatte.« Dieser Zustand des Sich-Verlierens in digitalen Wirklichkeiten bedeutet nicht nur »eine neue Dimension des erotischen Erlebens«, sondern auch Kontrolltyrannei und diktatorische Unterwerfung: »Mit jeder Meldung über ein Verbrechen, das dank der Corporation aufgeklärt werden konnte, kamen die Anonymen mehr in Verdacht, sich der UniCom-Bürgerschaft nur deswegen zu verweigern, weil sie etwas zu verbergen hatten, das wir unweigerlich aufdecken würden, trügen sie, wie jeder anständige Bürger, ein Implantat.« Eds Persönlichkeit beginnt sich im Dauerloop der Replay-Versatzstücke aufzulösen, durch die ihn die sowohl der griechischen Ursprungsmythologie als auch einem Film Guillermo del Toros entsprungene Figur des Hirten-, Wald- und Naturgottes Pan verfolgt – vielleicht, um ihn aus dem als Netzwerk-Idylle getarnten locus terribilis ins wahre Arkadien zurückzuführen. Im Kern ist der Roman »Replay« also eine Digital-Dystopie. Doch nicht nur als Informationstechnologe weiß Autor Benjamin Stein sehr genau, wovon er schreibt bzw. von der drohenden Gefahr, ein solches Sujet für fortschrittsfeindlichen Kulturpessimismus oder gegenwartsdebattenanschlussfähigen Gratismeinungskäse zu verschleudern. Das Beeindruckende an »Replay« ist, wie auf von jeder Kraftmeierei freie – dafür spricht schon die Kürze des Textes – und nüchtern-kühle, sich im Zweifelsfall immer lieber dem Weglassen als dem Auslabern hingebende Art und Weise die vielen Themen, Ideen, Topoi und Referenzen zu einer ihre Zusammenhänge nie bemüht zur Schau tragenden literarischen Einheit verwoben werden. Hebräische Kalligrafie, Macht- und Körperdiskurse, bildende Kunst, Teufelspakt, empirische Gegenwart, Schachspiel, Jazz, Fußfetischismus, jüdische und griechische Mythologie, George Orwell, Aldous Huxley, Pans Labyrinth – aus alldem und einigem mehr konstruiert Stein eine Zukunft, deren Ambiguität, stimulierende Diffusität und klug-unaufdringliche futurologische Geschmackssicherheit das Buch in die Nähe von Jörg-Uwe Albigs »Berlin Palace« und Christian Krachts »Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten« rücken lassen.
    Sven-Eric Wehmeyer

ANETT STEINER/SUSANNE HABERLAND und andere
    RUF DER STERNE
    Anthologie   ·  Twilight-Line, Wasungen 2012  ·  156 Seiten  ·  € 9,99

    Dass auch die zunehmende Anzahl von Eigenverlag-Produktionen im Internet (in diesem Fall bei Amazon Distribution) durchaus Lesenswertes hervorbringen kann, zeigt diese im Rahmen einer Schreibwerkstatt produzierte Anthologie. Man darf sich hierbei freilich keine ausgefeilte oder besonders originelle Literatur erwarten (durchwegs werden altbekannte Topoi der SF aufgegriffen und adaptiert), aber die Autorinnen und Autoren bieten dann doch immer wieder kleine Juwelen an Ideen und Formulierungen.
    In der Kurzgeschichte »Alfie« macht uns Susanne Haberland auf einfühlsame Weise mit den Nöten und Ängsten eines Kindes bekannt, das so gar nicht in unsere Gesellschaft passen will. Mit seinem seltsamen Wissen über »die Rotverschiebung«, mit der man »die Entfernung eines weißen Zwerges wie Sirius B« exakt messen könnte, macht sich Alfie daheim und in der Schule zum Außenseiter, und der Leser leidet mit ihm, bis es am Ende natürlich eine ganz und gar nicht irdische Erklärung für seine Besonderheiten gibt.
    Mit »PON – Planet ohne Namen« dreht Anett Steiner in durchaus gutem Schreibstil die Perspektive des

Weitere Kostenlose Bücher