Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
die »Planet of Adventure«-Tetralogie (1968–1970) schildert die Odyssee eines notgelandeten Terraners auf der exotischen Welt Tschai mit ihren mannigfaltigen Kulturen; die »Durdane«- (1973–74) und die »Alastor«-Trilogien (1973–1975) umfassen farbenprächtige Planetenromane, bei denen die Beschreibung fremdartiger Kulturen gleichrangig neben der Romanhandlung steht; bei den »Cadwall-Chroniken«(1987–1992) schließlich handelt es sich um eine umfangreiche Trilogie, in der der Held Glawen Clattuc einen geheimnisvollen Mord aufklären, einen Aufstand niederschlagen, sich diverser Intrigen erwehren und der Cadwall Charta auf die Spur kommen muss, die den Planeten in ihrem Würgegriff hält.
Parallel dazu baute Vance aber auch seine Fantasy-Welten aus. 1966 erschien mit »The Eyes of the Overworld« eine lose Fortsetzung zu »The Dying Earth«. In diesem Subzyklus lässt er den schlitzohrigen Cugel, einen pikaresken Springinsfeld, verrückte Abenteuer erleben. Cugel ist der coolste aller Fantasy-Helden, der Archetyp für alle Diebe und Streuner des Fantasy-Rollenspiels. Langbeinig, mit spitzer Nase und albernem Hut, stakst er durch die Landschaft und versucht, alle und jeden übers Ohr zu hauen, zieht aber meist selbst den Kürzeren. Dabei schlagen er und seine Gegenspieler sich die unglaublichsten Sprüche um die Ohren. Ja, Cugel ist so cool, dass andere Autoren seine Abenteuer fortsetzten (etwa Michael Shea) oder sich stark von ihm beeinflusst zeigten (etwa David Alexander). Später folgten weitere Bände: »Cugel’s Saga« (1983) und »Rhialto the Marvellous«(1984) setzen in puncto bizarrer Vorkommnisse noch einen drauf.
Jack Vances zweiter großer Beitrag zur Fantasy ist die »Lyonesse«-Trilogie. Sie spielt in arthurischer Zeit auf einer mythischen Inselgruppe im Golf von Biscaya, um deren Herrschaft ein erbitterter Kampf ausgetragen wird. Beginnend mit »Suldrun’s Garden« (1983) bieten die voluminösen Bände viel Platz für Subplots mit Kämpfen, Diplomatie und Magie. Alles ist in Vances maniriert ironischem Stil gehalten, mit gestelzten Dialogen, altertümlichen Redewendungen und einer ornamental barocken Handlung, die den Leser in eine exotische Traumwelt versetzen. Diese Trilogie hebt sich wohltuend von der Massenware typischer Mehrbänder ab und kann mit Recht als Highlight moderner Fantasy bezeichnet werden.
Ab 1957 erschienen von Vance eine Reihe von Kriminalromanen, die durchaus erfolgreich waren. Diese wurden unter seinem richtigen Namen, John Holbrook Vance, wie auch unter den Pseudonymen Ellery Queen, Peter Held oder Alan Wade veröffentlicht. 1960 gewann »The Man in the Cage« den Edgar Allan Poe Award und wurde verfilmt. Ebenfalls verfilmt wurde »Bad Ronald« (1973). Neben diesen Titeln ragen die beiden Romane um Sheriff Joe Bain, »The Fox Valley Murders« (1966) und »The Pleasant Grove Murders« (1967), aus seinen insgesamt elf Krimis heraus. Dass Vance den Detektivgeschichten zugetan war, beweisen auch die vielen Kriminalfälle innerhalb seiner SF-Zyklen. Mit Magnus Ridolph und Miro Hetzel hat er auch zwei Detektive am Start, die in zwei Storybänden interstellare Finstermänner jagen.
Ab den Neunzigerjahren wandte sich Vance wieder verstärkt der Science Fiction zu. Seine letzten Romane »Night Lamp« (1995), »Ports of Call« (1997) und »Lurulu« (2004) han deln erneut von jugendlichen Protagonisten auf Identitätssuche in einem Kosmos voller Fremdartigkeiten.
Stilistisch ist Jack Vance einmalig. Schon nach ein paar Sätzen kann ihn das geübte Auge erkennen. Sein Wortreichtum ist unübertroffen, die Lektüre seiner Texte ein sinnliches Erlebnis. Er brennt ein Feuerwerk an detaillierten Beschreibungen ab, die alle Sinne des Lesers in Alarmbereitschaft versetzen.
Die typischen SF-Szenarien – Zukunftsmodelle, Zeitreisen, Raumschlachten, Roboter, Invasion der Erde usw. – interessierten ihn nicht. Raumschiffe dienen nur zum Transport von A nach B, und wenn, dann bevorzugt im Raumsegler oder – planetar – auf dem Luftfloß.
Vance war ein »Bio-Autor«, seine Stärke ist die Schilderung fremder Ökologien und Kulturen und deren bizarrer Sitten und Gebräuche, ein galakto-ethnischer Kosmos voll ungezügeltem Wildwuchs. Chromblitzende Technik hat hier nichts verloren. Die Faszination seiner Texte liegt in seinem Weltenbau, der Architektur seiner Landschaften, der internen Struktur von Fauna und Flora. Häufig bedient er sich der Fußnote als Stilmittel – so erscheint
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