Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
kommt es zum Vokabelabfragen: Jack-Vance-Quiz ist angesagt!
Schnell hatten wir herausgefunden, dass wir beide extreme Jack-Vance-Fans sind, schon seit Teenagerzeiten (wir sind altersmäßig nur elf Monate auseinander) der Magie seiner Welten und seiner Sprache verfallen. Beide kennen wir das Werk unseres Lieblingsautors ziemlich gut. Einer nennt den Namen eines Protagonisten, der andere antwortet mit der dazugehörigen Geschichte; oder man führt einen Roman an und muss mit einer Figur daraus kontern. Claude Glystra – »Big Planet«, »The Dragon Masters« – Joaz Banbeck, Edwer Thissell – »The Moon Moth«. Szenen zuordnen ist meist noch relativ einfach; George ist fasziniert von »Hussade«, eine Art 3-D-Football über Wassertanks aus »Trullion Alastor 2262«, bei dem es keine Homeruns gibt, dafür aber eine junge Dame, die möglicherweise ihre Kleidung verliert.
Bei Zitaten, aus der Erinnerung hergesagt, wird es dann herb. »›Kill this man, here and now‹, he cried. ›No longer shall he breathe the air of my planet.‹« Wer war das noch mal? Wo war das noch mal? Wir sind im sechsstelligen Bereich von Wer wird Millionär angelangt. Vielleicht doch lieber wieder Grateful Dead …
Ein Quiz wie dieses funktioniert nur mit Jack Vance – für uns jedenfalls. Klar, bei den wichtigen Werken anderer Science-Fiction-Größen könnten wir auch den einen oder anderen Hauptdarsteller nennen – Hari Seldon, Gilbert Gosseyn, Michael Valentine Smith –, wir sind schließlich mit der Science Fiction sozialisiert worden, aber was die zweite Liga bei Asimov, van Vogt oder Heinlein angeht – Fehlanzeige. Und bei vielen anderen Autoren, die ich durchaus mit Begeisterung gelesen habe, fallen mir überhaupt keine Charaktere mehr ein.
Bei Vance ist das anders. Seine Namen sind komponiert, sind Musik, purer Swing: Ghyl Tarvoke, Hildemar Dasce, Sam Salazar, Hein Huss, Sklar Hast, Ayudor Bustamonte, Finisterle, der Erzveult Xexamedes, Liane the Wayfarer, Apollon Zamp, Rudel Neirmann, Gastel Etzwane … Und sie haben etwas Universelles, egal, ob man sie englisch oder deutsch ausspricht, sie klingen immer unheimlich gut. Mit seinen Planetennamen, Ortsbezeichnungen, ja seinem Instrumentarium insgesamt verhält es sich ebenso. Vances Beschreibungen graben sich in das Gedächtnis des Lesers ein und lassen seine Fantasie abheben. Bei ihm ist die Sprache Landschaft und Architektur, bei ihm ist die Sprache der eigentliche Held. Ihr ist das »Jack Vance Lexicon – From Ahulph to Zipangote« (1992) gewidmet, das über 1700 Wortneuschöpfungen auflistet, die Vances Werk entnommen sind. Manche seiner Kollegen – ich will keine Namen nennen – kommen in ihrem Gesamtwerk mit einem insgesamt geringeren Wortschatz aus …
John Holbrook Vance wurde am 28. August 1916 als mittleres von fünf Kindern in San Francisco geboren. Er wuchs auf der Ranch seiner Großeltern im San Joaquin Valley auf, da der Vater die Familie früh verließ. Vance galt in der Schule als Bücherwurm und las gerne das Magazin Weird Tales mit Autoren wie H. P. Lovecraft, Clark Ashton Smith und Robert E. Howard. Am liebsten aber war ihm C. L. Moore. Ansonsten wurde er vor allem von Lord Dunsany und P. G. Wodehouse beeinflusst. Ab 1937 studierte er an der University of California in Berkeley Bergbau und Physik, später Englisch, Geschichte und Journalismus, und fuhr während des Zweiten Weltkriegs als Matrose im Dienste der amerikanischen Handelsmarine kreuz und quer über den Pazifik.
Kurz nach dem Krieg heiratete er die elf Jahre jüngere Norma Ingold, die ihm – Jack hatte schon damals schlechte Augen und sich mit einer auswendig gelernten »Eye Chart« in die Handelsmarine gemogelt – beim Schreiben zur Hand ging. Auf ihren ausgedehnten Reisen war Jack immer mit Klemmbrett und Füller im Einsatz, während Norma später alles auf der Reiseschreibmaschine abtippte und korrigierte. Die beiden bereisten bis in die Neunzigerjahre fast die ganze Welt, und ein großer Teil von Vances Romanen und Storys entstand unterwegs in fremden Ländern und unter dem Einfluss anderer Kulturen. Das hat sicherlich die Exotik seiner Geschichten befeuert, in denen die sonderbaren Sitten und Gebräuche planetarer Gesellschaften oft eine zentrale Rolle spielen.
Andere wichtige Einflüsse waren seine Liebe zum traditionellen Jazz – schon vor dem Krieg hatte Vance als Jazz-Kolumnist für The Daily Californian gearbeitet – und sein Beruf als Zimmermann, den er bis Mitte der
Weitere Kostenlose Bücher