Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
den Sieg davontragen.
F: Etliche der Anhänger des Dämons, die sich in das Darknet locken lassen, sind begeisterte Online-Rollenspieler. Kann die Begeisterung, ja der Fanatismus, so weit gehen, dass sie ihre Rollen im wirklichen Leben einfach weiterspielen?
A: Nun, das Darknet ist für sie ja kein Spiel mehr, nicht wahr? Gerade jungen Leuten mit großem Ehrgeiz und sehr begrenzten Karrierechancen hat der Dämon einiges zu bieten. Wenn sie die ihnen gestellten Aufgaben erfüllen, macht sich das unmittelbar in ihrem Geldbeutel bemerkbar. So fängt es an. Haben sie dann ein höheres Level erreicht, sind sie selbst es, die zu Auftraggebern für andere werden. Das würde ich nicht als fanatisch bezeichnen. Von Fanatismus müsste man sprechen, wenn sie den Dämon wie einen Gott verehren würden – und genau das tun sie nicht. Gäbe es vom Dämon keine Belohnungen mehr, würden sie sofort aus dem Spiel aussteigen.
F: Die Parallelgesellschaft, die sich unter Anleitung des Dämons entwickelt, hat durchaus auch ihre Vorzüge. Etwa eine alternative, lokal-basierte Wirtschaft, die vielen Hoffnungslosen eine Zukunft ermöglicht. Das Darknet – eine Utopie?
A: Man kann sich das Wirken des Dämons wie einen Parasitenbefall vorstellen. Am Anfang ist es hochgradig ansteckend, aber dann wird es zu einem Teil des Organismus. Es gibt sowohl gute als auch schlechte Seiten, die ganz subjektiv wahrgenommen werden – es kommt eben darauf an, mit welchem Teil des Dämonen-Netzwerks und seiner Anhängerschaft man es zu tun hat. Wenn man Kontakt zum Darknet aufnimmt und dabei niemals Loki begegnet, könnte man es durchaus für ein kleines Paradies halten. Aber wehe, wenn einem Lokis Razorbacks gegenüberstehen. Dann ist es mit der Utopie vorbei.
F: Ein wichtiges Element in der Parallelwirtschaft des Darknets ist der Einsatz von 3D-Druckern. Mittlerweile sind diese Drucker tatsächlich erschwinglich geworden, ja es hat sich sogar eine »Maker«-Bewegung etabliert. Wird das unser Wirtschaftssystem nachhaltig verändern?
A: Das hängt davon ab, wie sich die normale Wirtschaft in den nächsten Jahren entwickelt. Kommt es zu einer neuen weltweiten Krise, wie wir sie 2008 erlebt haben, glaube ich durchaus, dass diese Bewegung und kleine lokale Ökonomien mit eigener digitaler Währung an Einfluss gewinnen werden. Bleiben größere Krisen aus, werden nur wenige Menschen bereit sein, sich aus dem traditionellen Wirtschaftskreislauf auszuklinken und der Trend hin zu Mikrofabriken und Ähnlichem dürfte sich wieder verlangsamen. Außerdem gibt es noch jede Menge ungeklärte rechtliche Fragen, was die Arbeit mit 3D-Druckern betrifft.
F: Auch in »Kill Decision« greifen Sie eine aktuelle Debatte auf. Es geht um den weltweiten Einsatz von Kampfdrohnen, genauer gesagt darum, wer eigentlich die Entscheidung zum Töten trifft – ein Mensch oder eine Maschine.
A: Ja, die Kampfdrohnentechnologie hat sich in den USA so rasant entwickelt, dass die Gesetzeslage damit nicht Schritt gehalten hat. Immerhin bringen mehr und mehr Politiker, Journalisten und NGOs ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck. Die Forderungen nach mehr Transparenz in den Entscheidungen und nach rechtlichen Beschränkungen nehmen zu. Übrigens sollte es im Interesse der USA liegen, beim Drohneneinsatz mehr mit anderen Ländern zu kooperieren, denn die basteln ja gerade an ihren eigenen Drohnen. Aber es wird Sie überraschen, dass ich nicht kategorisch dagegen bin, bewaffnete Drohnen einzusetzen. Natürlich bin ich gegen autonome Kampfdrohnen, bei denen ein Computerprogramm darüber entscheidet, ob Menschen ihr Leben verlieren – es sollte immer jemand die Verantwortung dafür tragen, wenn getötet wird. Soweit wir wissen, ist das beim bisherigen Drohneneinsatz noch der Fall. Auch muss die Befehlskette transparent und nachvollziehbar sein, es muss Kontrollmechanismen in der militärischen Kommandostruktur und der zivilen Überwachung geben. Für den Einsatz tödlicher Waffen existieren seit jeher zahlreiche Regularien – für Kampfdrohnen muss dasselbe gelten. Außerdem sollten diese Drohnen nur auf einem Kriegsschauplatz eingesetzt werden und nicht dazu dienen, Menschen weit außerhalb davon zu töten. Und noch eine Anmerkung: Der Nutzen ferngesteuerter Drohnen auf einem modernen Schlachtfeld hat seine Grenzen, nämlich dann, wenn die Steuerungssignale gestört werden. Sie sind nicht die ultimative Waffe.
F: Es gibt immer mehr Anzeichen dafür, dass das nächste Schlachtfeld
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