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Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)

Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)

Titel: Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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zeitweiliges Refugium finden; Realitätsflucht par excellence .
    George ist das, was man in der Literatur gemeinhin einen »Antihelden« nennt: niemand, von dem man das aktive Ankämpfen gegen Probleme erwartet, sondern eine fast schon kafkaeske Gestalt – stumm verstrickt in ein technokratisches »System«, welches Individuen keinen Wert zuerkennt. Gerade seine Arbeit als Dolmetscher – dem Nachsprechen von Worten, die andere sagen – illustriert und vergrößert seine eigene Stummheit und Passivität. Wir haben hier also ein wunderbares Beispiel dafür, wie wichtig – weil symbolhaft – die vom Autor getroffene Berufswahl eines Protagonisten ist (stellen Sie sich vor, Kafkas Josef K. wäre Musiker oder Pferdejockey gewesen, nicht auszudenken).
    Obwohl es sich um den Erstlingsroman von Chris Beckett handelt (er trat bisher als – auch preisgekrönter – Kurzgeschichtenschreiber auf), hat er genau das richtige Gespür dafür, wann es an der Zeit ist, die lähmende Passivität aufzubrechen und seinen Antihelden George vor zwei Probleme gleichzeitig zu stellen: Zuerst entgeht er bei einer Dienstreise knapp einem Anschlag (und lernt dabei die reale Welt außerhalb der sicheren Mauern Illyrias kennen), und anschließend vertieft sich seine jungenhaft-vorsichtige Zuneigung in eine Syntec-Frau auf verhängnisvolle Weise. Hiermit wären wir beim eingangs angesprochene Thema, denn denken wir Phänomene wie »Traveller Pussies« weiter, wird unsere Gesellschaft in ein oder zwei Jahrzehnten künstliche Ganzkörpersklavinnen erschaffen – Syntecs eben, die jeden noch so perversen Wunsch ihrer Freier stumm und dankbar erfüllen.
    Lucy – jene Syntec, in die George sich trotz aller Rationalität verliebt – geschieht nun das, was in Science-Fiction-Romanen über künstliche Wesen leider allzu oft passiert: Sie entwickelt ein Bewusstsein. Schlauerweise nicht durch einen Blitzschlag oder einen Computervirus, sondern durch das regelmäßige Lesen der Bibel. Was man dem Autor als Konservativität auslegen könnte, greift jedoch tiefer und ist weitaus vielschichtiger: Nichts weniger unternimmt er auf den nun folgenden – durchaus actiongeladenen – Seiten als einen philosophischen Abgleich der verschiedenen Glaubenspotenziale von »Religion« und »Wissenschaft«. Wer wäre dazu besser geeignet als ein kindlich erwachender Geist, der naiv und unvoreingenommen die Welt zu verstehen beginnt?
    Freilich scheint Beckett zu wissen, dass er sich bei diesem Thema mit den ganz Großen misst – allen voran Isaac Asimov und seinen Robotergeschichten. Vielleicht vermeidet er es darum, jene Fragen in letzter Konsequenz zu durchdenken – denn bevor es zu philosophisch wird, verlangt die Handlung nach spannungsgeladenen Ortswechseln (George und Lucy flüchten aus Illyria) und gefährlichen Situationen: Eine Sexsklavin ist, auch wenn sie sich als Mensch verkleidet, im öffentlichen Raum sofort das Objekt der Begierde aller Männer – zumal wenn diese in einer scheinbar tief religiösen, aber heuchlerischen Gesellschaft leben, die in Wahrheit nur zurück zu ihren patriarchalischen Wurzeln strebt. Sehr dicht und gekonnt entwickelt Beckett hier mehrschichtige Bedrohungsszenarien, wenn sich etwa in einer Kneipe aus einem unverfänglichen Gespräch mit anderen Männern Wort um Wort ein verbales Umkreisen der Beute (nämlich Lucy) entwickelt und George in seiner Ängstlichkeit genau jene passive Unfähigkeit demonstriert, mit der »feminisierte« westliche Kulturen dem Machismo-Verhalten osteuropäischer oder arabischer Gesellschaften gegenübertreten. Sehr gewagt, aber köstlich ist es, wenn der Autor diese ständige, schwebende Unsicherheit noch übersteigert und plötzlich humoristische Registerbrüche zieht, indem Lucy (innerlich immer noch halb Sexmaschine) »unerwartete« Kommentare in herkömmliche Dialoge einflicht, indem sie ihrem Gegenüber etwa einen »Blow Job« in Aussicht stellt oder naiv-programmiert fragt, ob sie ihm ihren Körper anbieten könne. Das Timing dieser »Oneliner« ist dabei so perfekt, dass die Szenen wie gehobener Slapstick statt wie geschmacklose Herrenwitze wirken. Gerade in diesem Nebeneinander von Tragödie und Komödie offenbart sich das große Talent dieses Autors.
    Würde er jedoch auf dieser Ebene verharren, wäre »Messias-Maschine« nicht viel mehr als eine weitere, an A.I. – Artificial Intelligence oder Matrix gemahnende Robotergeschichte. Dann jedoch setzt Beckett literarisch noch eins drauf,

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