Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das sechste Herz

Das sechste Herz

Titel: Das sechste Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
Vom Netzwerk:
Geroldsen jetzt wohl aussehen mochte. Ob man ihn wiedererkannte? Er nahm sich vor, auf dem Rückweg mit Agnes ein Schwätzchen über den Fall zu halten. Heute musste er nach der Therapiestunde nicht noch in seine Praxis und hatte so mehr Zeit. Falls ihnen nicht wieder Frieder Solomon dazwischenfunkte.
    »Das mag sich jetzt paranoid anhören …«, Mark machte eine entschuldigende Geste, ehe er weitersprach, »aber ist Geroldsen in seiner Zelle?«
    »Aber klar doch.« Agnes lächelte. »Er steht Tag und Nacht unter Beobachtung. Jetzt natürlich ganz besonders, nachdem draußen dieser neue Fall passiert ist. Die Kollegen haben Anweisung, ständig ein Auge auf ihn zu haben, ohne dass er es mitbekommt. Außerdem kümmert sich Frieder höchstselbst um die Überwachung. Er versucht ja schon seit fast zehn Jahren, zu Geroldsen vorzudringen.« Agnes kräuselte die Lippen. »Erreicht hat er meines Wissens nicht viel.«
    »Du könntest in Geroldsens Patientenakte nachsehen, was Doktor Solomon in den letzten Jahren dokumentiert hat.«
    »Glaube nicht, dass uns das viel bringt. Außerdem gehört sich das nicht. Zumal es gegen diverse Grundsätze und Richtlinien verstoßen würde, wenn ich ohne triftigen Grund einen Kollegen kontrolliere. Auch hier drin gilt die ärztliche Schweigepflicht. Aber dir zuliebe denke ich später noch einmal darüber nach.«
    »Danke, Agnes. Es ist ja nur der Form halber.« Es war nicht nur »der Form halber«, aber Mark hatte keine rationale Begründung für seine Bitte. Seit dem Gespräch mit Lara und Jo am Wochenende wurde er das ungute Gefühl nicht los, dass es eine Verbindung zu Magnus Geroldsen geben musste. Etwas, das sie noch nicht kannten. Vielleicht würde es sich herauskristallisieren, wenn er Näheres über die Behandlungsmethoden Frieder Solomons erfuhr. »Ich bin jedenfalls froh, dass Geroldsen unter Kontrolle ist. Gänzlich ausbruchssicher ist es hier ja nicht, wie man letzte Woche gesehen hat. Wurde eigentlich dieser entwichene Sexualstraftäter gefasst?«
    Er sah, wie Agnes den Kopf schüttelte, und fuhr fort. »Wie heißt er?«
    »Darf ich eigentlich auch nicht sagen. Aber da er entwichen ist und eine Fahndung nach ihm läuft, ist das wohl legitim. André Mann.«
    Mark hatte den Namen noch nie gehört. »Welche Delikte haben denn dazu geführt, dass er nach Obersprung eingewiesen wurde?«
    »Jetzt geht deine Wissbegierde echt zu weit, Mark. Eigentlich dürftest du mich nicht einmal fragen, ob er überhaupt von uns behandelt wird. Eine Offenbarungspflicht gäbe es, wenn ich Erkenntnisse über eine zukünftige Gefährdung anderer Personen hätte, aber dann auch nicht dir gegenüber. Du weißt doch, dass ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht strafbar ist und bis zum Berufsverbot führen kann.«
    »Du hast ja recht.« Mark verdrängte das Schuldbewusstsein, das in ihm aufgekeimt war. »Ich muss noch einmal auf Geroldsen zurückkommen.«
    »Magnus Geroldsen … Der scheint dich besonders zu faszinieren, was?«
    »Dich nicht?«
    »Doch natürlich. Aber ich habe so viele Fälle zu betreuen, dass ich keine Zeit finde, mich noch mit denen zu befassen, die mir nicht zugeordnet sind. Und das will ich aus den eben genannten Gründen auch gar nicht. Was willst du denn noch wissen?«
    »Nun, es geht mir eher darum, mit dir zu diskutieren. Du bist schließlich eine erfahrene forensische Psychologin.« Mark wartete einen Moment und ließ das Kompliment einsickern. »Ich hatte am Wochenende ein interessantes Gespräch über den Fall der in Leipzig gefundenen Herzen.«
    »Mit wem?« Im Licht der Mittagssonne funkelte Agnes’ Haar rotgolden. Sie erinnerte ihn ein klein wenig an Lara.
    »Zwei Freunden. Das tut aber nichts zur Sache. Dabei kamen auch zwei Varianten zur Sprache, die durchaus im Bereich des Möglichen liegen. Variante eins: Die Tat wurde von einem Nachahmer begangen. Variante zwei: Geroldsen könnte draußen einen Komplizen haben.«
    Agnes schüttelte den Kopf.
    »Warte, lehne die Idee nicht gleich ab. Lass uns darüber reden.«
    »Na gut.« Sie atmete aus. »Das mit dem Nachahmer erscheint mir noch am plausibelsten. Wenn die Fälle überhaupt etwas miteinander zu tun haben.«
    »Davon gehe ich aus. Beweise habe ich allerdings keine. Reine Arbeitshypothese.« Mark sah nach draußen. Die Sonne hatte sich durch die Wolken gekämpft und überzog den Sportplatz und die dahinter stehenden Häuserblöcke mit freundlicher gelber Tünche. »Für die Nachahmer-Version fehlt aber ein

Weitere Kostenlose Bücher