Das Sexprojekt: Wie ich (mich) auszog, die beste Liebhaberin der Welt zu werden (German Edition)
brennenden Hinterteil. Und wie ich so schlecht gelaunt auf dem Badezimmerboden liege, drängt sich mir noch ein Problem auf: Wie verliere ich bis morgen fünf Kilo? Meine Freundin Birgit empfiehlt mir, mich in Frischhaltefolie einzuwickeln. »Da schwitzt man drunter alles weg«, meint sie. Ich habe das überprüft, das stimmt nicht. Man schwitzt nur, von »weg« kann nicht die Rede sein.
Ich habe die fünf Kilo nicht rechtzeitig verloren. Sie stehen mit mir in dem Tanzraum eines Tanzstudios vor der Spiegelwand und bangen der Dinge, die da kommen. Gekommen sind dann sechs ganz normale Frauen. Das war die große Überraschung, die waren total normal! Nur eine von ihnen hatte ein Sonnenstudio und sah auch so aus. Ich hatte einen Haufen älterer Hausfrauen erwartet, die, in einem letzten Versuch, ihre Ehe zu retten, ein trauriges Häufchen formen. Oder sechs Sonnenstudiobetreiberinnen. Waren wir aber nicht. Wir waren:
Daniela, 37 Jahre, Bankberaterin
Monika, 30, Betreiberin eines Sonnenstudios
Kathrin, 24, Physiotherapeutin
Eva, 40, Bankerin, Fachbereich Beratung Firmenkunden
Miriam, 38, Marketingleiterin
Ramona, 29, SAP-Beraterin
Ich, 30, Werbefuzzi
Und der Meister. Zu meiner Erleichterung ist er nicht groß, nicht muskelbepackt und hat sein Hemd nicht bis zum Nabel offen. Er hat blitzblaue, freundliche Augen, ein sehr sauber gestutztes Ziegenbärtchen und stellt sich als Thomas vor. Es gibt ja so Berufsgruppen, die sehen ganz speziell aus. Tanzlehrer zum Beispiel. Und Turniertänzer. Die Zähne sind sehr weiß, die Haare sehr schwarz und die Haut eine Spur zu dunkel. Thomas ist ein kleines bisschen auch so. Aber nur ein bisschen.
Mit Freuden sehe ich dort, wo ein Sixpack sein sollte, ein bisschen Speck um die Mitte. Er ist das Monchichi unter den Chippendales. Das macht es leichter. Wenn ich mir vorstelle, ich stünde vor einem Brad-Pitt-Lehrer in meiner Snoopy-Unterwäsche, müsste ich sofort mit dem Migräneanfall anfangen.
Zunächst sind wir aber alle noch in Klamotten und machen einen Stuhlkreis. Es wird sich vorgestellt. Jede sagt ihren Namen und warum sie das hier macht. Eine möchte ihrem Freund zum Geburtstag etwas Besonderes schenken, die Nächste will ihren Verlobten in der Hochzeitsnacht überraschen. Eine ist Single und wollte etwas »für sich« machen, aber kein Jodeldiplom, ihre Freundin kommt aus Neugier mit. Und warum bin ich noch gleich hier? Damit L. aus den Latschen kippt. Weil er nie auf die Idee kommen würde, dass ich so etwas mache. Die Sonnenstudiobetreiberin hat den Kurs von ihrem Mann geschenkt bekommen. Unser Thomas erzählt uns Schwänke aus seinem Stripper-Leben, versucht uns aus der Anspannung herauszurudern und wir lachen alle etwas zu viel. Zum Glück kennt Thomas auch die klassische Schwipsmethode und hat eine übergroße Sektflasche bereitgestellt. Wir schütten den Alkohol in uns rein und ich frage, ob noch jemand einen Snoopy-Tanga dabei hat. Hat niemand. Ich gieße mir noch ein Glas ein. Thomas stellt sich einen Stuhl in die Mitte und sagt: »Jetzt kommt bitte einzeln auf mich zu.«
Kein Problem, denke ich, das kann ich. Kurz darauf erfahre ich, dass ich das nicht kann. Ich muss die Füße mehr in eine gerade Linie setzen, die Schulter diagonal dazu bewegen. Die Hände auf die Hüften legen. »Und jetzt kommt bitte auf mich zu, seht mich sexy an und macht euren momentanen Hüftschwung 54 , wenn ihr vor mir steht.« Und ich stehe als Erste in der Reihe. Das ist mein Moment der Wahrheit. Hier stehe ich vor meiner ganz persönlichen Hemmschwelle. Der Blick von sechs Frauen und einem Chippendale-Monchichi ruhen auf mir, ich möchte sterben. Und dann gehe ich los. Zu meinem Schutz habe ich noch ein ironisches Lächeln im Gesicht, das heißt, ich lasse nicht ganz die Hosen runter. Bildlich gesprochen. Allen anderen geht es genauso, es wird gekichert und gegrinst, nur die Sonnenstudiotante setzt ein Gesicht auf, als wenn sie gleich sagen würde: Ruf! Mich! An!
Wir lernen Drehungen und Schrittfolgen und welche Musik sich für einen Striptease eignet. Die Frage nach der Musik war auch die allererste Frage, die alle Freundinnen gestellt haben, denen ich vom Kurs erzählt habe: »Und? You can leave your hat on?« Nein. Unser Striptease wird zwei Lieder lang dauern, wir haben als erstes Lied Feeling Good von Michael Bubl é und anschließend Sexual Healing von Sarah Connor. 55
Fast ist es so, als hätten wir ganz normalen Tanzunterricht. Schrittfolgen, Drehungen, nur die parallel
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