Das sexuelle Leben der Catherine M.
mich nimmt. Nun, ganz bestimmt nicht! Ich verbrachte die Nacht bei einem anderen, wir vögelten, bevor ich ging, und ich habe noch Sahne in der Möse. Ich ersticke meine Heiterkeit im Kopfkissen, ich weiß, dass er ein wenig gekränkt ist.
Claude gab mir Die Geschichte der O; aus drei Gründen kann ich mich mit der Protagonistin identifizieren: Ich bin immer bereit, ich trage ganz sicherlich keinen Keuschheitsgürtel, und man hat mich von hinten genauso oft genommen wie von vorn, und außerdem hätte mir dieses zurückgezogene Leben in einem abgeschiedenen Haus sehr gefallen. Stattdessen war ich beruflich schon sehr aktiv. Doch durch die Geselligkeit im Künstlermilieu, durch die Leichtigkeit, mit der ich entgegen meinen Befürchtungen Beziehungen eingehen konnte, und durch die Tatsache, dass diese Beziehungen ganz natürlich einen körperlichen Aspekt bekommen konnten, betrachtete ich den Raum, in dem sich das alles abspielte, als eine geschlossene, undurchdringliche, sich selbst erneuernde Welt. Ich habe schon wiederholt das Wort »Familie« verwendet. Manchmal war es nur eine Metapher. Ich habe mich erst ziemlich spät mit Jugendlichen eingelassen, die sich im Familienkreis sexuell üben; ein Junge geht mit einem Mädchen oder ein Mädchen geht mit einem Jungen, dann macht sie oder er Schluss wegen einer Schwester, einem Bruder, dem Cousin oder der Cousine. Ich hatte sogar einmal mit zwei Brüdern und deren Onkel zu tun. Ich war mit dem Onkel befreundet, er lud oft seine Neffen ein, die ein wenig jünger waren als ich. Im Gegensatz zu den Abenden, wenn mich dieser Mann zu seinen Freunden mitnahm, lief es mit den beiden Brüdern ohne Umschweife, ohne Posen ab. Der Onkel bereitete mich vor, die beiden Brüder bumsten mich durch. Wenn ich mich ausruhte, führten sie Männergespräche – irgendeine Heimwerkersache oder etwas Neues im Computerbereich.
Mit vielen Männern, mit denen ich früher regelmäßig sexuellen Kontakt hatte, bin ich heute noch befreundet. Andere verlor ich einfach aus den Augen. An die meisten Treffen habe ich eine aufrichtig lustvolle Erinnerung. Mit einigen arbeitete ich zusammen und ich fand, die Vertrautheit, Zärtlichkeit, die immer noch da ist, erleichterte die Zusammenarbeit. (Nur einmal habe ich mich aus schwer wiegenden beruflichen Gründen geärgert.) Ich löse auch nie jemanden aus seinem Netz von Beziehungen, Freundschaften, Tätigkeitsbereichen heraus. Alexis lernte ich im vagen Umfeld einer Gruppe von jungen Kritikern und Journalisten kennen, die an Publikationen zu verschiedenen Kunstthemen arbeiteten. Ich vögelte mit zwei anderen aus diesem Kreis, und Alexis fragte mich gereizt, ob ich mir zum Ziel gesetzt hätte, »die gesamte junge französische Kritik zu vernaschen«. Die Arbeitsatmosphäre war ausgelassen wie in einer Schulklasse vor den Ferien. Meine beiden Kollegen und Liebhaber waren im Gegensatz zu Alexis etwas ungehobelt, auch wenn sie schon verheiratet waren.
Beide waren pickelig und insgesamt etwas ungepflegt. Von dem einen ließ ich mich rumkriegen, nachdem er mich unter dem Vorwand, eine Übersetzung durchzugehen, zu sich gelockt hatte (immer waren es diese kleinen Wohnungen in Saint-Germain-des-Prés). Er beschwerte sich, dass es wirklich unmöglich sei, wenn ich nicht auch mit ihm schliefe, wo ich doch schließlich mit jedem ins Bett ginge. Der andere versuchte sein Glück etwas selbstbewusster. Er verabredete sich mit mir in dem Verlag, der seine Bücher veröffentlichte. Die Empfangsdame avisierte mich und erklärte mit der Zuvorkommenheit, die den Frauen dieses Metiers eigen ist, dass die junge Frau, die in der Halle auf ihn warte, keinen BH unter der Bluse trage. Die sexuelle Beziehung zum Ersten ging schnell zu Ende, mit dem Zweiten hielt sie Jahre. Später stießen beide zu Art press und arbeiteten viele Jahre lang mit.
Ich hatte schon angedeutet, dass ich Eric über gemeinsame Freunde kennen lernte, die mir von ihm erzählt hatten. Darunter auch Robert. Robert lernte ich bei einer Reportage über Kunstgießereien kennen. Er nahm mich mit nach Creusot, wo er eine monumentale Skulptur goss. Auf der Rückfahrt kam Robert zu mir auf den Rücksitz und legte sich auf mich. Ich rührte mich nicht. Der Wagen war eng, ich saß schräg, Roberts Kopf auf meinem Bauch, mein Becken schief auf der Sitzbank, damit ich mich seinen Händen besser hingeben konnte. Immer wieder senkte ich den Kopf und küsste ihn, er knutschte mich. Mit einem Blick in den Rückspiegel
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