Das siebte Tor
zu bedenken. Während er die Runen sprach, rieb er sich über das Mal an seiner
Stirn.
Marit, halb bewußtlos auf dem Rücken des Drachen
liegend, stöhnte auf. Sie schwebten über Glückshafen. Alfred wartete ab, was
Xar vorhatte. Er war auf alles gefaßt, nur nicht auf das plötzliche
Verschwinden des Fürsten.
Ein Täuschungsmanöver? Oder wollte Xar
Verstärkung holen?
Nichts geschah. Niemand ließ sich blicken.
»Alfred«, sagte Marit schwach, »du solltest
besser landen. Ich… ich glaube nicht, daß ich mich noch lange halten kann.«
»Bring sie in die Salfag-Grotten«, riet Haplo.
»Sie liegen da vorn, gar nicht weit entfernt. Der Hund kennt den Weg.«
Prompt tauchte der Vierbeiner aus seinem
Versteck auf, bellte auffordernd und trabte zielstrebig die Straße hinunter.
Der Drache flog hinter dem Hund her, in einem
Bogen über Glückshafen hinweg und dann einer Straße an der Küste des
Magmaozeans folgend, bis sie plötzlich zu Ende war. Der Hund suchte sich einen
Weg zwischen gigantischen Felsbrocken und Geröll, und sie näherten sich dem
Eingang zu den Grotten. Der Drache erkannte die Umgebung und hielt nach einem
Platz Ausschau, an dem er landen konnte.
Dicht über dem Boden dahinstreichend, glaubte
Alfred eine Bewegung wahrzunehmen – einen Schatten, der sich von einem Verhau
aus Steinen und abgestorbenen Bäumen löste, über eine freie Stelle huschte und
mit anderen Schatten verschmolz. Er versuchte, Genaueres zu erkennen, aber
nichts regte sich mehr. Als er einen ebenen Fleck zwischen Felstrümmern
entdeckte, ließ der Drache sich zu Boden sinken und landete.
Marit glitt von seinem Rücken zu Boden und blieb
regungslos liegen. Angstvoll beugte sich Alfred, wieder in menschlicher
Gestalt, über sie.
Ihre heilenden Kräfte hatten sie am Leben
erhalten, aber nicht viel mehr. Immer noch kreiste das Gift durch ihre Adern.
Sie glühte vor Fieber und rang um jeden Atemzug. Wie von Schmerzen gepeinigt,
preßte sie die Hand gegen die Stirn.
Alfred strich ihr das Haar zurück. Xars Sigel
auf der bleichen Haut verströmte ein fahles Glimmen.
»Kein Wunder, daß Xar sich nicht viel Mühe
gegeben hat, uns aufzuhalten«, sagte er bedrückt. »Wohin wir auch gehen, er
weiß es.«
»Du mußt sie heilen«, meinte Haplo. »Aber nicht
hier. In den Grotten. Sie muß schlafen.«
»Ja, du hast recht.«
Alfred bückte sich, um Marit aufzuheben,
mißtrauisch beäugt von dem Hund, der – eingedenk seiner Erfahrungen mit dem
Sartan – offensichtlich jeden Moment damit rechnete, beide vor einem Sturz in
den Magmastrom bewahren zu müssen.
Leise begann Alfred die Runen zu singen, als
wollte er ein Kind mit einem Wiegenlied in den Schlaf lullen. Marits
verkrampfte Glieder lösten sich, und sie begann, tief und ruhig zu atmen. Ihr
Kopf sank an seine Schulter. Mühelos, ohne einmal zu stolpern, trug Alfred sie
zum Eingang der Höhle.
Unter der bogenförmigen Öffnung blieb der Hund
stehen, hob den Kopf und witterte. Sein Nackenfell sträubte sich, als er
warnend knurrte.
»Da ist etwas«, sagte Haplo. »Im Schatten verborgen.
Rechts von dir.«
Alfred blinzelte, nach der düsteren Glut der
Feuersee mußten sich seine Augen erst an die Dunkelheit gewöhnen. »Es ist… es
ist doch nicht der Lazar…« Seine Stimme zitterte.
»Nein.«
Geduckt, leise knurrend, schob der Hund sich
näher an die Stelle heran.
»Dieser Jemand lebt. Ich glaube…« Haplo
unterbrach sich. »Erinnerst du dich an Baltasar? Den Nekromanten, den wir bei
unserer Flucht zurückgelassen haben?«
»Baltasar!« Alfred nickte. »Aber er muß tot
sein, wie alle Sartan, die bei ihm waren. Wie sollten sie den Lazaren
entkommen sein?«
»Offenbar ist es ihnen gelungen. Ich nehme an,
dies ist der Ort, an dem sie sich versteckt halten. Auch damals sind wir hier
auf sie gestoßen.«
»Baltasar!« wiederholte Alfred ungläubig. Er
spähte in die Schwärze unter dem Felsenbogen. »Bitte, ich brauche Hilfe«, rief
er. »Ich war schon einmal hier, erinnert ihr euch an mich? Mein Name ist…«
»Alfred«, sagte eine tonlose, brüchige Stimme,
und ein Sartan, gekleidet in zerschlissene, fadenscheinige schwarze Gewänder,
löste sich aus dem Schatten. »Ja, ich erinnere mich an Euch.«
Der Hund hatte sich schützend vor Alfred
gestellt, und sein Gebell drückte unmißverständlich aus, daß es besser war,
Abstand zu wahren.
»Keine Angst. Ihr habt von mir nichts zu
befürchten. Mir fehlt die
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