Das Siegel der Finsternis - Algarad 1
seinen Hals gerichtet war. Zwei schuppige, silbern glitzernde Pranken mit sechs Fingern hielten die Waffe.Sie gehörten zu einem gedrungenen Wesen, das knapp bis zu seiner Hüfte reichte. Es trug eine braune Hose aus geflochtenem Bast und eine ebensolche Jacke ohne Ärmel. Die Arme waren muskulös und von Schuppen und grauer Haut bedeckt. Aus dem breiten Gesicht der Kreatur glotzten ihn zwei gelbe, vorstehende Fischaugen feindselig an. Der wulstige Mund war nach unten gezogen und umrahmt von Barteln. Unter einer roten Kappe lugten strähnige grüne Haare hervor, die an Seetang erinnerten.
Die Gefährten waren umringt von zehn dieser seltsamen Gestalten.
»Bei Belgons Hammer«, flüsterte Harrid. »Hätte nie gedacht, dass ich mal einen Fisk-Hai sehen würde!«
»Und ich hätte nie gedacht, dass ein so fetter Fisch wie du durch den Trichter des Strudels passt«, gab der Anführer der Krötenwesen unwirsch zurück. Offenbar war er nicht gut auf sie zu sprechen. Er funkelte Eilenna böse an. »Ist es Mut oder Dummheit, die dich ein zweites Mal hierher führt, nachdem dir damals die Flucht gelungen ist? Es wird mir ein Vergnügen sein, euch vor Eglamar zu bringen! Er wird sich sicher gern mit euch unterhalten.« Er verzog die Wulstlippen zu einem gehässigen Grinsen. Eilenna wollte etwas erwidern, aber er wedelte ungeduldig mit dem Speer und wies auf eine offene Eisentür. »Vorwärts! Keine Zeit für Plaudereien!«
Die Fisk-Hai drängten die Gefährten aus der Höhle in einen breiten Gang hinein.
»Lauft hintereinander«, befahl der Anführer der Gruppe. »Und versucht keine Tricks! Wir haben den Befehl, jeden zu töten, der zu fliehen versucht.«
Er ging voran, während seine Krieger die Gefangenen vor sich her trieben. Tenan war ohnehin nicht nach einem Fluchtversuchzumute. Er war verwirrt und überwältigt von den sich überstürzenden Ereignissen und viel zu sehr daran interessiert, das Geheimnis dieses seltsamen Volks zu ergründen.
Die Wände des Gangs spiegelten ein goldenes Licht wider, dessen Herkunft nicht zu ergründen war. Es war, als ob die Luft aus eigener Kraft leuchtete. Fackeln waren überflüssig. Prunkvolle Mosaikbilder schmückten den Boden, aber die Fisk-Hai trieben die Gefangenen zu schnell voran, als dass diese die Darstellungen genauer betrachten konnten. An manchen Stellen wichen die Steinwände breiten Fenstern, die einen Blick hinaus ins Meer gewährten. Tenan konnte ein weitverzweigtes Netz von leuchtenden Gängen auf dem Meeresgrund sehen, die zu unterseeischen Kuppeln führten. Er war beeindruckt: Die Fisk-Hai hatten eine ganze Stadt unter Wasser erbaut.
Der Weg, den sie benutzten, führte direkt auf die gewaltigste der Kuppeln zu, die inmitten des riesigen Komplexes lag. Schließlich weitete sich der Gang zu einem Gewölbe aus, das vor einem großen Portal endete. Der Anführer der Fisk-Hai hantierte an einer Konsole, auf der Kristalle unterschiedlicher Größe und Farbe angebracht waren. Sie blitzten unter den flinken Bewegungen seiner sechs Finger auf. Geräuschlos schwangen die Torflügel nach außen. Ein wohltuend warmer Wind wehte den Freunden entgegen. Gefolgt von ihren Wächtern, traten sie auf eine Balustrade, die von einem reichverzierten, steinernen Geländer eingefasst war.
Tenan stockte der Atem.
Sie standen auf einer Empore am Rande der Hauptkuppel der Unterwasserstadt. Mächtige, nach innen gebogene Säulen und Streben stützten das gewaltige Kuppeldach in einem Kreis, dessen Radius nur zu erahnen war. Tenan konnte nicht erkennen,wodurch das Meer zurückgehalten wurde. Wahrscheinlich wirkte hier wie überall in den unterseeischen Hallen ein Zauber von großer Kraft.
Alles strahlte taghell und in prächtigem Farbenspiel. Die Luft schimmerte in einem goldenen Glanz, und wieder konnte Tenan nicht erkennen, woher das Licht stammte.
Die Gefährten schauten hinunter auf eine weite Fläche, die sich in nichts von einer Landschaft auf der Erdoberfläche unterschied. Vereinzelt schwebten Vögel, von einer sanften Brise getragen, in der schimmernden Luft über Feldern und Wiesen, die sich mit Waldstreifen und kleinen Baumgruppen abwechselten. Eine Vielzahl von Bächen und ein kleiner Fluss schlängelten sich durch die Landschaft. Über all dem lag ein stiller Friede, der Tenan unwillkürlich an die verschlafenen Sommernachmittage in Esgalin erinnerte.
»Das Reich von Atala«, flüsterte Harrid neben ihm. Der Kapitän schien ebenso überwältigt wie Tenan.
Doch ihnen blieb
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