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Das Siegel der Finsternis - Algarad 1

Das Siegel der Finsternis - Algarad 1

Titel: Das Siegel der Finsternis - Algarad 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
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Wassertrichter hatte sich gebildet, der stetig an Breite und Tiefe gewann.
    Von Bord der Verfolger waren entsetzte Rufe zu hören, als die Strömung auch ihr Schiff erfasste. Die Ruderer legten sich mit vereinten Kräften in die Riemen und bewegten das Schiff mühsam, aber stetig aus der Gefahrenzone. Sie überließen das flüchtende Boot seinem Schicksal. Tres stand nun am Heck des Schiffes und beobachtete, wie seine Beute sich beständig entfernte. Erskryn würde nicht zufrieden sein.
    Der alte Kahn setzte seine rasante Fahrt mit zunehmenderGeschwindigkeit fort, während das Tosen des Arnom Gath immer lauter wurde. Das Wasser wogte und brandete um die Gefährten. Unaufhaltsam wurden sie in einer großen Kreisbahn zum Zentrum der wirbelnden Wassermassen gezogen. Sie schienen nun fast über das Wasser zu fliegen.
    Urisk verfolgte das Geschehen wimmernd und mit schreckensstarr geweiteten Augen. Tenan empfand Mitleid mit dem armen Fairin. Aber auch er hatte Angst und fühlte Bedauern. So hatte er sich das Ende seiner Reise wahrhaftig nicht vorgestellt, auch wenn sein eigentlicher Auftrag ohnehin längst gescheitert war. Der Sog in den Strudel würde nicht nur das Leben der Gefährten beenden, sondern auch die Hoffnung der freien Welt zerstören, vor der Bedrohung durch Achest gerettet zu werden.
    Harrid umklammerte die Ruderpinne so fest, dass die Knöchel seiner Finger weiß hervortraten, obwohl er den Kurs des Bootes nicht mehr beeinflussen konnte. Chast starrte dem näher rückenden Abgrund wortlos und mit blassem Gesicht entgegen. Von seinem Galgenhumor war nichts mehr zu spüren.
    Eilenna schien als Einzige der Gefährten keine Angst zu haben. Sie blickte neugierig und gespannt über den Bootsrand hinunter in die tosenden Wassermassen.
    Tenan runzelte die Stirn. Sie kam ihm viel zu sorglos vor. Er wunderte sich über ihre Gelassenheit und Todesverachtung.
    Bald würde das Boot ins Zentrum des Trichters hineinfallen, dessen Fluten in die bodenlosen Tiefen des Erdinnern stürzten. Der Strudel würde das Letzte sein, was sie alle zu Gesicht bekamen.
    »Lebt wohl, Freunde!«, hob Harrid an. »Es war mir eine Ehre, mit euch zu segeln.« Er hatte sich mit seinem Ende bereits abgefunden.
    »Habt keine Angst!«, rief Eilenna zu Tenans Erstaunen. »Wir werden nicht sterben.«
    Kaum hatte sie den Satz beendet, als das Boot mit dem Bug voran über den Rand fiel. Die Gefährten klammerten sich an der Bootswand oder am Mast fest. Im freien Fall stürzten sie in den Trichter. Alle, auch Eilenna, schrien auf. Einen kurzen Augenblick erwartete Tenan, ins Wasser zu tauchen und zu ertrinken, doch nichts dergleichen geschah. Das Gefühl des Fallens hörte wieder auf, und das Boot raste längsseits an einer gigantischen, glatten Wasserwand entlang, deren Fluten sich mit irrsinniger Geschwindigkeit drehten. Die Fliehkräfte der Drehung hielten das Boot an der Oberfläche, sodass es nur allmählich tiefer sank. Es war nur ein Stück nach unten gerutscht und wirbelte nun in ruckartigen Bewegungen an der Wasserwand entlang. Mit jeder Umdrehung näherten sie sich dem tosenden Chaos am Grund des Strudels. Das gewaltige Rauschen und Dröhnen hatte noch zugenommen.
    Sie lebten! Die Erkenntnis traf sie unerwartet und erfüllte sie mit neuer Zuversicht, auch wenn der Zeitpunkt ihres Todes vielleicht nur ein wenig hinausgezögert worden war. Tenan fasste Mut, beugte sich über die Bordwand und spähte hinunter in die brodelnde Tiefe, in den unermesslichen Abgrund. Doch feiner weißer Nebel verhinderte die Sicht auf jenen fernen Punkt, wo die gigantischen Wassermassen zusammenschlugen.
    »Gleich geht es los!«, rief Eilenna plötzlich. »Haltet euch fest!«
    »Was meinst du damit?«, fragte Tenan scharf. »Was geht los?« Sie schaffte es, ihn mit ihren seltsamen Andeutungen noch in den letzten Momenten seines Lebens aufzuregen.
    Eilenna blieb keine Zeit zu antworten. Das Rauschen undBrausen steigerte sich zu einem ohrenbetäubenden Lärm. Tenan klammerte sich verzweifelt an die Bordwand. Gischt peitschte in sein Gesicht.
    Plötzlich machte das Boot einen großen Satz. Diesmal blieb ihnen nicht einmal die Zeit zu schreien. Eine unsichtbare Kraft riss den Kahn direkt in die glatte, wirbelnde Wasserwand.
    Donnernd schlugen die Fluten über ihnen zusammen. Tenan spürte einen harten Schlag auf dem Kopf und verlor das Bewusstsein. Was blieb, war schwarze Nacht.

Drittes Buch

1
    Als Tenan zu sich kam, lag er auf einer harten, glatten Oberfläche. Ein

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