Das Siegel der Finsternis - Algarad 1
Einflüsse abwehren zu können. Dazu kam, dass das surrende Schwert aus Dunkelheit im zunehmenden Halbdunkel nur schwer zu erkennen war. Immer wieder lösten sich durch die Erdstöße und donnernden Wassermassen Fackeln aus ihren Halterungen und trudelten in den Schacht. Der Schatten bewegte sich unstet vor ihm hin und her, seine Klinge tanzte einen tödlichen Reigen, während Tenans Paraden immer lahmer wurden. Er merkte, dass ihm auch das Schwerttraining Chasts nichts mehr helfen würde. Er stand einem Meister des Todes gegenüber, der sein Schicksal besiegeln würde.
Von irgendwoher außerhalb des Flammenkreises hörte Tenan das Rufen seiner Freunde. »Tenan, das ist es nicht wert! Gib ihm den Stein!« Es war Chasts Stimme. »Lass gut sein,Junge«, dröhnte Harrid, der sich auf Urisk stützte. »Gib ihm das verfluchte Ding endlich!«
Doch Tenan hatte das Gefühl, dass es dafür nun zu spät war. Er konnte nicht glauben, dass der Bash-Arak ihn nicht töten würde. Er würde nicht ruhen, bis er ihn vollkommen besiegt hatte. Ein Hieb traf ihn mit der flachen Seite der Klinge am Kopf, und eine strahlende Helligkeit funkte auf. Bunte Sterne blitzten vor seinen Augen. Dann krachte er zu Boden. Die hohe Silhouette des Herrn der Schatten ragte turmhoch über ihm. Siegesgewiss, triumphierend.
»Welche Verschwendung deines Talents«, knurrte er. »Die Nacht möge sich tief in deine Seele senken, wenn du das Schwert der Dunkelheit spürst.«
Seine Klinge sauste herab. Tenan riss seine Waffe nach oben, um den Schlag abzublocken. Im selben Augenblick stoppte der Angreifer den Hieb, zog seine Klinge zurück, und Tenans Blockade zischte ins Leere. Der Bash-Arak drehte sich um die eigene Achse, sein Schwert beschrieb einen weiten Bogen durch die Luft, verlor sich im Dunkel. Es geschah so schnell, dass Tenan keine Chance hatte zu reagieren. Er spürte nur den plötzlichen Schmerz, der wie ein Blitz durch seinen Körper zuckte und ihm den Atem raubte, als das Schwert sich in seinen linken Oberarm bohrte. Er schrie auf, doch mehr vor Überraschung und Wut als vor Schmerz. Der Meledos entglitt seiner kraftlosen Hand und rollte auf den Rand der Plattform zu, wo er rot glühend liegen blieb.
Tenan starrte auf seinen linken Arm, in den sich die schwarze Klinge gebohrt hatte. Mit einem Ruck zog sie der Bash-Arak zurück. Tenan war wie gelähmt, unfähig, etwas zu tun. Mit einer lässigen Bewegung schlug ihm der Schatten das Schwert aus der rechten Hand. Sirrend blitzte es durch die Luft undklirrte außer Reichweite zu Boden. Torokka! , hallte es durch Tenans Geist. Die Ermüdung des Gegners!
»Du hättest auf mich hören sollen«, flüsterte der Bash-Arak und schwebte näher. Tenan nahm all seine verbliebenen Kräfte zusammen und trat mit dem Stiefel gegen ihn, doch statt auf den erwarteten Widerstand eines Körpers traf er auf – nichts!
Der Schatten lachte. »Ich besitze keinen wirklichen Körper, du Narr. Nicht umsonst bin ich ein Schatten. Meine äußere Hülle wird nur manifest, wenn ich es will. Nur magische Schwerter können mich verletzen – wie das deine, das nun unerreichbar für dich ist.«
Tenan lag schutzlos vor dem Schatten. Machtlos. Geschlagen. Aber er würde nicht aufgeben. Wenn er getötet würde, dann mit dem Kristall in der Hand und einem Fluch auf den Lippen.
Er drehte sich zur Seite, verdrängte den wilden Schmerz in seinem Arm und streckte die andere Hand aus, um nach dem Meledos zu tasten, der oberhalb seines Kopfes lag. Da fiel sein Blick auf die Überreste der Brücke, über die sie gekommen waren und die noch bis zur Mitte über den Abgrund ragte. Eine Gestalt stand an deren Ende und beobachtete den Kampf. Das schwarze Haar glänzte im Licht, ebenso wie die schwarze Lederrüstung, die sich über der dunklen Haut spannte.
Es war Thut Thul Kanen! Er war ihnen in den Strudel nachgesprungen und hatte den Sturz in den Mahlstrom auf die gleiche Weise überlebt wie sie selbst!
Auch der Bash-Arak hatte ihn bemerkt. »Es scheint, ich bin nicht der Einzige, der euch unbemerkt nach Atala und ins Labyrinth gefolgt ist«, sagte er, und eine Spur von Anerkennung schwang in seiner Stimme.
Der Blick des Shon-Kriegers verweilte nur kurz bei den beiden Kämpfenden, als er hinter dem Feuerring Eilenna erblickte.Unfähig, über den breiten Spalt zu springen, war er am Ende der Brücke gefangen wie ein wildes Tier.
»Warum fliehst du vor mir, Eilenna?«, rief er. »Ich will dir nichts Böses!«
Eilenna starrte ihn
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