Das Siegel der Finsternis - Algarad 1
wütend über die Flammen hinweg an. »Ich bin nicht deine Sklavin!«, kam ihre Antwort. »Ich bin vor allem nicht irgendein Schmuckstück, das du zwischen deine anderen Reichtümer reihen kannst! Ich werde dir nie nach Süden folgen, niemals!«
»Du kannst deiner Bestimmung nicht entkommen«, erwiderte Thut Thul Kanen. »Schon als ich dich zum ersten Mal sah, wusste ich, dass du zu mir gehörst.«
»Der Zwist der Sterblichen«, sagte der Bash-Arak voller Verachtung. »Dauernd müht ihr euch um Nichtigkeiten und seht nicht die wahre Macht, die vor euch liegt.«
Er beugte sich hinunter, um den Meledos an sich zu nehmen. Auch Tenan reckte sich, seine Fingerspitzen berührten bereits den Kristall. Nur ein klein wenig näher, und er könnte ihn umfassen.
Ein neuerliches Beben erschütterte die Höhle, als eine weitere mächtige Welle eindringenden Wassers in die Gänge schoss. Die Plattform erzitterte, dann sackte sie ruckartig ein Stück nach unten und neigte sich in Schieflage. Der Meledos rutschte zur Kante. Tenan zog sich voller Schmerzen ein Stück näher zu ihm, doch zu spät ... der Stein fiel über den Rand. Tenans Finger griffen ins Leere.
Thut Thul Kanen sah es und reagierte sofort. Er spannte seinen muskulösen Körper wie ein Batak-Löwe, der in den Südländern heimisch war, und sprang dem fallenden Meledos-Kristall hinterher.
»Das war nicht das letzte Mal, dass wir uns gesehen haben«,wisperte der Bash-Arak nahe an Tenans Ohr. Er spreizte seine Schwingen und flog hinaus über den Abgrund. Wie ein schwarzer Pfeil schoss er in die Tiefe. Kaum war er verschwunden, da verlosch auch die Feuerwand, die Tenan von den anderen trennte.
Besorgt rannten sie auf ihn zu.
»Alles in Ordnung, Kleiner?«, fragte Chast und beugte sich über ihn.
Tenan stöhnte. »Der Kristall ...« Er zog sich mühsam mit dem unverletzten Arm zum Rand der Plattform, Chast und Eilenna halfen ihm.
Sie blickten nach unten.
Das rote Schimmern des Meledos war deutlich zu erkennen. Es erhellte das Meerwasser in gespenstischer Weise und verlieh ihm die Farbe von frischem Blut.
Dort unten rangen eng umschlungen zwei Körper. Der Bash-Arak hatte sich ganz materialisiert, um mit Thut Thul Kanen kämpfen zu können. Im Wirbeln des Wassers bewegten sich die Gegner langsam, liefen ständig Gefahr, vom einströmenden Wasser unter die Oberfläche gedrückt zu werden. Keiner der beiden ließ den anderen los, und es sah aus, als verschmölzen sie zu einem einzigen Wesen, das gegen sich selbst kämpfte. Dann verschwanden ihre Silhouetten, als weitere Wassermassen über ihren Köpfen zusammenschlugen und sie nach unten drückten. Das Glühen des Meledos wurde schwächer, erstarb schließlich ganz.
Tenan starrte fassungslos auf die dunkle, schäumende Flut, als müsse er sich erst klarmachen, was soeben passiert war. Dann ließ er erschöpft die Stirn auf den kalten Steinboden sinken.
»Es ist aus«, flüsterte er. »Ich habe versagt.«
Eilenna fasste ihn an den Schultern. »Du hättest nichts anderes tun können«, sagte sie sanft. »Du hast voller Mut bis zuletzt gekämpft, und der Schatten war zu mächtig.«
»Ich habe mich überschätzt. Ich dachte, ich könnte ihn besiegen, wie es mir schon einmal mit einem Schatten auf Gondun gelungen ist.«
»Selbstanklagen bringen uns nicht weiter«, sagte Chast. Er untersuchte Tenans Verletzung. »Die Wunde ist nicht tief, aber sie sollte schleunigst von einem Heiler versorgt werden.«
»Wir müssen zusehen, dass wir von hier verschwinden«, drängte Harrid. »Das Wasser wird uns bald erreichen.«
Er schaute fragend zu Dex, der neben ihnen stand und den Mund nach unten verzog. Seine Froschaugen starrten trübe, und die Barteln hingen mutlos nach unten.
»Ich konnte das Tor nicht öffnen«, sagte er mit einem hilflosen Schulterzucken. »Dieser Dämon hat es tatsächlich geschafft, den Mechanismus zu zerstören.«
»Was sollen wir jetzt tun?« Eilennas Frage hing verstörend in der Luft. Noch immer hatten sie keine Fluchtmöglichkeit entdeckt. Der Rückweg über die abgebrochene Brücke war abgeschnitten. Selbst wenn sie wieder hinüber auf die andere Seite gelangt wären, hätten sie dem nachströmenden Meer nicht entkommen können.
Tenan versuchte, den wild bohrenden Schmerz in seinem Arm zu ignorieren. Es war zum Verzweifeln. Aber Chast hatte recht: Er durfte jetzt nicht aufgeben, sich nicht dem Selbstmitleid hingeben!
Ihre einzige Chance lag darin, höher hinauf zu gelangen.
Tenan blickte
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